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Internationaler Bosnien-Beauftragter forciert Polizeireform

3. Februar 2005

Die Innenministerien in Bosnien und Herzegowina wurden zu einem Ministerium auf Staatsebene zusammengelegt. Ferner überschneiden die neu eingeteilten Polizeibezirke die Grenzen der beiden Entitäten, was auf Kritik stößt.

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Paddy Ashdown hat umstrittene PläneBild: AP


Am Montag (31. Januar) stellte der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft für Bosnien und Herzegowina, Paddy Ashdown, in Sarajevo ein Konzept für die umfassende Umstrukturierung der Polizeibehörden des Landes vor. Mit der geplanten Struktur durchbricht Ashdown die Teilung von Bosnien und Herzegowina in zwei Entitäten: die Föderation von Bosnien und Herzegowina und die Republika Srpska, sowie in dem kleinen selbstständigen Distrikt Brcko.

Zentralstaat durch Reform gestärkt

Die Polizeibehörden sollen in Zukunft in neun regionale Bereiche gegliedert werden, die die Grenzen der Entitäten überschreiten. Damit wird gleichzeitig den Regierungen der Entitäten die Gewalt über die Polizeibehörden entzogen und der Zentralstaat gestärkt. Das Parlament und die Regierung der Republika Srpska hatte sich im vergangenen Jahr vehement gegen die von Ashdown betriebene Reform gewehrt und einen ähnlichen Plan abgelehnt, da dieser den Entitäten die Zuständigkeit für die Polizeiarbeit entzogen hätte. Somit war 2004 die Arbeit einer gemeinsamen Polizeireformkommission gescheitert, in der neben Vertretern der Entitäten auch Vertreter der internationalen Gemeinschaft saßen. Nach der Bekanntgabe überwiegt in Banja Luka, der Hauptstadt der Republika Srpska, neben Unglauben an die Umsetzbarkeit von Ashdowns Vorhaben vor allem die Ablehnung des Plans.

Kritische Stimmen

Erste Reaktionen in der Republika Srpska lauten, dass die ganze Frage der Polizeireform noch nicht ausgestanden sei und die Einführung der zehn Polizeibezirke den Anfang der Abschaffung der Entitäten darstelle, da diese die Grenzen der Entitäten überschritten. Das Innenministerium der Republika Srpska veröffentlichte eine Stellungnahme, die besagt, dass eine Neuorganisation der Polizei auf der Ebene der Zentralregierung nicht mit den Kernabsichten der Polizeireform-Kommission übereinstimme und der Plan nicht Grundlage weiterer Verhandlungen sein könne. Im Klartext lehnt also die Regierung der Republika Srpska Ashdowns Plan ab, und es gilt als sicher, dass auch das Parlament sich dieser Position anschließen wird.

Der Vorsitzende des Verhandlungsteams des Parlaments in der Reformkommission, Velimir Sakan, glaubt, dass alle Veränderungen in der Polizei in Übereinstimmung mit der Verfassung von Bosnien und Herzegowina, den Verfassungen der Entitäten und dem Daytoner Friedensabkommen zustande kommen müssen und sich das Parlament schleunigst damit beschäftigen muss. Der Generalsekretär der Partei der Unabhängigen Sozialdemokraten (SNSD), Igor Radojicic, denkt, die Aufteilung der Zuständigkeiten der Polizei auf zehn Bezirke sei noch keine ausgemachte Sache und müsse noch eine Gesetzgebungsprozedur durchlaufen. Er sagte, „keine Struktur, die so tief die Verfassung der Republika Srpska und die Verfassung von Bosnien und Herzegowina berührt, wäre akzeptabel.“ Auch Jurist Miroslav Mikes aus Banja Luka sieht das ähnlich: „Ich glaube, dass es für die Polizeibehörden keinen Vorteil darstellt, aber auch keinen wirklichen Einfluss auf ihre Effizienz hat. Hingegen scheint mir das politisch motiviert zu sein. Die Entitätsgrenzen sollen auf eine Art zerschlagen werden und dadurch die Voraussetzungen für die schrittweise Auflösung der Entitäten geschaffen werden.“

Aus 14 mach eins

Nach dem Beschluss des Hohen Repräsentanten sollen die Zentralen der zukünftigen Polizeibehörden in Banja Luka, Tuzla, Foca, Doboj, Bihac, Livno, Mostar, Zenica, und Travnik liegen. Der Polizeibezirk Sarajevo beinhaltet sowohl Gebiete der Föderation von Bosnien und Herzegowina als auch Teile der Republika Srpska, die vor dem Krieg die Stadt Sarajevo ausmachten. Die Basis für die Bildung der Polizeibezirke ist nach Ashdown die ethnische Bevölkerungsstruktur nach der Volkszählung von 1991 und Kriterien der Polizeiarbeit. Der gesamtstaatliche Sicherheitsminister, Barisa Colak betonte, „nach der neuen Struktur gäbe es nicht mehr 14 Innenministerien, sondern nur noch ein Ministerium auf gesamtstaatlichem Niveau. Alle Gesetze zur Polizeiarbeit könnten nur noch auf Staatsebene zustande kommen, und der Etat würde vom Gesamtstaat übernommen."

Stanko Smoljanovic, Banja Luka

DW-RADIO/Bosnisch, 1.2.2005, Fokus Ost-Südost