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Politik

Abschiebung nach Afghanistan

Naomi Conrad | Heiner Kiesel
15. Dezember 2016

Es war die erste Sammel-Rückführung in das Bürgerkriegsland. Die Opposition wettert, aber de Maizière hat ein Argument, das viele Bürger überzeugen dürfte.

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Afghanistan Sammelabschiebung Flüchtlnge Ankunft in Kabul
Ankunft in Kabul - abgeschobene Afghanen stehen vor einer unsicheren ZukunftBild: Reuters/O. Sobhani

Die erste Sammelabschiebung von abgelehnten Asylbewerbern nach Afghanistan ist also tatsächlich durchgeführt worden. Über die Ticker laufen die Korrespondentenberichte aus Kabul über die 34 Afghanen, die da im Morgengrauen auf dem Flugplatz ausgestiegen sind und wenig enthusiastisch auf die Abfertigungsgebäude zulaufen. Sie werden empfangen von Vertretern des afghanischen Flüchtlingsministeriums, der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und einer Nichtregierungsorganisation, die sich auf psychosoziale Betreuung spezialisiert hat.

Die Reisenden sind von den deutschen Behörden gezwungen worden, in ihr Heimatland zurückzukehren. In Berlin tritt Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor die Mikrofone, um die umstrittene Abschiebung zu verteidigen. "Solche Rückführungsaktionen sind richtig und notwendig, um unser Asylsystem funktionsfähig zu halten", sagt der Minister.

Deutschland PK Thomas de Maizière
Bundesinnenminister Thomas de MaizièreBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Seit Bekanntwerden des aktuellen Rückführungsvorhabens hat es Kritik gehagelt. Die Opposition nannte es unfassbar, dass man es fertig bringe, Menschen in das von Gewalt gezeichnete Land zu schaffen. Selbst einige Bundestagsabgeordnete, die einer der Regierungsparteien angehörten, äußerten ein mulmiges Gefühl. Die Zahlen getöteter Zivilisten in Afghanistan sind kontinuierlich gestiegen.

Ihnen allen versichert Minister de Maizière, dass die Sicherheitslage nicht überall gleichermaßen schlecht sei. Wo denn die sicheren Gebiete seien, wird er gefragt. "Die Gebiete will ich jetzt nicht im Einzelnen nennen," wehrt er ab und verweist auf Karten "in der internationalen Völkergemeinschaft mit grün-gelb-rot". Der Anfrage der DW, welche Karten das genau seien, wurde im Bundesinnenministerium (BMI) nachgegangen. Es scheint sie zu geben, aber leider nur als Verschlusssache - nur für den Dienstgebrauch (VS-NfD).

Aus deutschen Gefängnissen zurück ins Heimatland

Für alle Kritiker hat de Maizière ein wirkungsvolles Argument: Etwa ein Drittel der Abgeschobenen seien Straftäter gewesen, sagt er. Zehn Personen waren es. Es seien Menschen gewesen, "verurteilt unter anderem wegen, Diebstahl, Raub, Betäubungsmitteldelikten, ja sogar Vergewaltigung und Totschlag". Nach dem Mord an einer jungen Frau in Freiburg, der mutmaßlich von einem jungen Afghanen begangen wurde, könnte das die Zustimmung für die Abschiebe-Aktion erhöhen. Alle Straftäter haben ihre Haft abgesessen und sind in Kabul als freie Menschen gelandet.

Die Rückführung soll auch dazu dienen, den Druck auf die Afghanen zu erhöhen, die sich derzeit um einen Asylstatus in Deutschland bemühen. Sie sollen ermutigt werden, an den Programmen zur freiwilligen Rückführung teilzunehmen. 3400 hätten das bisher getan, im kommenden Jahr solle es weitere finanzielle Anreize geben, heißt es im Innenministerium. So sollen alle, die ihren Asylantrag zurückziehen, 1200 Euro erhalten. Diejenigen, die nicht gegen eine Ablehnung ihres Antrages gerichtlich vorgehen, sollen 800 Euro bekommen.

16 Abschiebungen weniger als geplant

Am heutigen Tag ist der Minister aber nicht gänzlich zufrieden. Eigentlich sollten 50 Personen abgeschoben werden - allerdings wurden perEilverfahren durch Gerichte einige Abschiebungen im letzten Moment gestoppt. Außerdem konnten einige Personen nicht aufgefunden werden. "Das ist ärgerlich", sagt Thomas de Maizière.

Demo gegen geplante Abschiebung am Frankfurter Flughafen
Gegner der Abschiebeaktion demonstrierten am Frankfurter Flughafen - von dort startete der RücktransportBild: picture-alliance/dpa/S. Prautsch

Das Innenministerium geht derzeit von etwa 12.500 ausreisepflichtigen Afghanen aus, wobei unklar ist, wie viele von ihnen aufgrund humanitärer oder gesundheitlicher Gründe tatsächlich abgeschoben werden können.

Die Zahl wird sich nach Angaben aus dem Stab für Rückführungen im BMI in den kommenden Monaten deutlich erhöhen, da bei vielen Afghanen, die 2015 nach Deutschland gekommen sind, das Asylverfahren noch läuft. In den kommenden Monaten würden vor allem junge, alleinstehende Männer ausgewiesen. Das schließe aber nicht aus, dass in Zukunft vielleicht auch Minderjährige und Familien abgeschoben werden könnten.

Teurer Trip zurück ins Bürgerkriegsland

Die Kosten für den Flug, die von der europäischen Grenzschutzbehörde Frontex getragen werden, beziffern sich laut Bundesinnenministerium auf etwa 350.000 Euro. Theoretisch haben die Afghanen die Kosten zu tragen. Es ist allerdings recht unwahrscheinlich, dass Behörden die Gelder tatsächlich eintreiben können.