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Germanistik in Kamerun

Aya Bach27. Januar 2013

Germanistik ist in Kamerun ein beliebtes Studium mit besten Berufschancen. Doch in Deutschland hat die afrikanische Forschung einen schweren Stand, klagt David Simo, Kameruns bekanntester Germanist.

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Bildinhalt: Der Germanist Prof. David Simo, Leiter der Deutschabteilung an der Universität Yaoundé 1 und Direktor des Deutsch-Afrikanischen Wissenschaftszentrums in Yaoundé Foto: Aya Bach
Germanistik in KamerunBild: DW/Aya Bach

Deutsche Welle: Herr Professor Simo, warum haben Sie sich als junger Mensch für ein Germanistik-Studium entschieden?

David Simo: Man muss wissen, dass es in einem armen Land wie Kamerun sehr schwer ist, einen Lebensplan zu entwerfen. Man verfährt nach dem Möglichkeitsprinzip. Doch ich habe diesen Entschluss nie bereut, im Gegenteil. Ich glaube, dass ich in diesem Bereich einiges geleistet und gezeigt habe, was es bedeutet, sich von Afrika aus mit der deutschen Kultur auseinanderzusetzen. Denn darum geht es: Leute heranzubilden, die sich kompetent mit Deutschland befassen können.

Ist die Beschäftigung mit der deutschen Kultur denn für junge Kameruner ein Beweggrund für ein Germanistik-Studium?

Die wenigsten Abiturienten kommen zu uns mit einer klaren Analyse dessen, was sie werden wollen. Sie sagen sich, ich habe in der Schule Deutsch gelernt, ich war nicht schlecht, dann gehe ich dahin, wo ich denke, gute Erfolgschancen zu haben. Aber was man an der Uni macht, ist etwas ganz Anderes. Sie sind dann manchmal sehr frustriert. Die Erfolgsquote ist sehr niedrig, viele fallen durch.

Das Deutsch-Afrikanische Wissenschaftszentrum in Yaoundé Foto: Aya Bach
Das Deutsch-Afrikanische Wissenschaftszentrum (DAW) in YaoundéBild: DW/Aya Bach

Sind die Germanistik-Professoren zu streng mit den Studenten?

(Lacht) Die Deutsch-Abteilung hat den Ruf, dass die Professoren dort streng sind. Natürlich verknüpfen die Studenten das mit den Vorurteilen gegenüber den Deutschen: Das hätten wir von ihnen, zu streng und zu rigoros zu sein. Diesen Ruf haben die Deutschen hier (lacht), aber das ist positiv gemeint, zu positiv! Wir haben hier großen Zulauf.

Wir haben jetzt etwa 800 Studenten. Vor zehn Jahren waren es rund 300. Das war für uns angenehmer. Aber einer der Gründe, warum ein Fach gewählt wird, ist die Aussicht auf Arbeit. Und - das hat auch mit der Politik unserer Abteilung zu tun – wir haben keine arbeitslosen Germanisten auf dem Markt. Im Gegensatz zu anderen Fächern, wo es Hunderte, Tausende von Arbeitslosen gibt.

Was machen denn die kamerunischen Germanisten beruflich?

Sie haben beispielsweise die Möglichkeit, Deutschlehrer zu werden. Die werden gesucht, weil so viele Schulen Deutsch anbieten. Übrigens nicht nur staatliche Schulen. Es gibt mehr Kameruner, die an privaten Schulen sind als an öffentlichen! Darüber hinaus gibt es in den letzten Jahren sehr viele Kameruner, die in Deutschland studieren wollen. Vorher müssen sie Deutschkenntnisse in Kamerun erwerben. Das Goethe-Institut kann nicht alle aufnehmen. So haben viele unserer Absolventen ihre eigenen Schulen eröffnet. Fast jedes Jahr entsteht eine neue.

Gehen denn auch viele in die germanistische Forschung?

Wie überall kommt nur ein kleiner Prozentsatz so weit. In diesem Jahr habe ich zwei Leute hier, die ihre Doktorarbeit in Deutschland abgeschlossen haben. Und es gibt weitere, die ihren Abschluss in Deutschland gemacht haben und dort geblieben sind oder sich nach Amerika abgesetzt haben. In der globalisierten Welt sind meine Studenten überall. Besonders stolz bin ich auf einen, der jetzt Professor in Amerika ist und zugleich einer unserer großen Schriftsteller: Alain Patrice Nganang. Sein erstes großes Buch, das ihm viele Preise in Frankreich eingebracht hat, wurde auch ins Deutsche übersetzt: "Hundezeiten".

Wie ist denn das Verhältnis zwischen der kamerunischen und deutschen Germanistik: Wird die Forschung Ihres Landes in Deutschland genügend wahrgenommen?

Junge Wissenschaftler an Computern (Foto: Aya Bach)
Junge Wissenschaftler am DAWBild: DW/Aya Bach

Die deutsche Germanistik ist eine Heimat-Germanistik. Ihre Vertreter sind so sehr in ihren eigenen Grenzen eingeschlossen und so mit sich selbst beschäftigt, dass sie große Schwierigkeiten haben, über ihre Grenzen hinwegzuschauen. Ich erinnere mich, dass deutsche Institutionen schon darauf aufmerksam gemacht haben, dass sie provinziell werden, wenn sie nicht schauen, was in der weiten Welt läuft.

Welche Beiträge zur Germanistik müssten denn aus Ihrer Sicht in Deutschland mehr Beachtung finden?

Es entwickelt sich am Rande der offiziellen und akademischen Germanistik eine Betrachtungsweise, wo die deutsche Literatur in Verbindung gebracht wird mit anderen Literaturen. Oder mit Themen, die heute zentral sind, aber von der deutschen Germanistik nicht unbedingt als zentral betrachtet werden – sprich: Migration, Globalisierung, interkulturelle Kommunikation. Einige junge Leute tun etwas dazu. Aber das wird in eine Nische gebracht, die man Kulturwissenschaft nennt und dadurch vom harten Kern der Germanistik ausklammert.

Das sind Strategien. In der Wissenschaft geht es genau wie in der Politik um Macht. Natürlich haben wir Kontakt zu einigen deutschen Germanisten, mit denen wir weiterhin gute Beziehungen pflegen. Aber das sind Leute, die auch in der Zunft nicht zentral sind und eher marginalisiert werden. Das ist hart zu sagen, aber es ist so.

Prof. David Simo ist einer der profiliertesten Germanisten Afrikas. Er ist Leiter der Deutschabteilung an der Universität Yaoundé 1 und Direktor des Deutsch-Afrikanischen Wissenschaftszentrums in Yaoundé.