Herbe Schlappe für Berlusconi
13. Juni 2011Wieder eine Klatsche für Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi. Nach der Niederlage seines Mitte-Rechts-Bündnisses bei den Regionalwahlen im vergangenen Monat beteiligten sich die Wähler jetzt in überraschend hoher Zahl an einem Referendum, bei dem es unter anderem über den von Berlusconi angestrebten Wiedereinstieg in die Atomenergie ging.
Trotz eines Boykottaufrufs mehrerer Minister nahmen rund 57 Prozent der Wahlberechtigten an der Abstimmung teil, wie das Innenministerium am Montag (13.06.2011) mitteilte. Damit wurde erstmals seit 1995 bei einem Referendum die erforderliche Mindestbeteiligung von 50 Prozent übertroffen. Allein schon das stellt ein weiteres Desaster für Berlusconi und seine Mitte-Rechts-Regierung dar.
Auch Berlusconis Immunität stand zur Abstimmung
Bei dem von der Opposition angestrengten Referendum sollten die Italiener darüber entscheiden, ob Berlusconis auf Eis liegende Pläne für den Wiedereinstieg in die Atomenergie dauerhaft blockiert werden. Außerdem ging es um die Privatisierung der Wasserversorgung und ein umstrittenes "Amnestiegesetz" für den Ministerpräsidenten und sein Kabinett. Dieses würde es Berlusconi ermöglichen, bei "legitimer Verhinderung" seinen gegenwärtig vier Prozessen fernzubleiben.
Nach Auszählung der Stimmen ergab sich ein klares Votum gegen neue Atommeiler. Mit jeweils etwa 95 Prozent wandten sich die Italiener ebenso deutlich gegen eine Wasserversorgung durch private Unternehmen und die Sonderbehandlung der Spitzenpolitiker durch die Justiz.
Niederlage anerkannt
Noch vor Schließung der Wahllokale gestand Berlusconi seine Niederlage ein. Italien müsse sich nun wahrscheinlich von der Atomenergie "verabschieden" und stattdessen auf erneuerbare Energien konzentrieren, sagte der konservative Politiker. Ebenso wie eine Reihe seiner Minister hatte er zuvor mitgeteilt, selbstverständlich nicht abstimmen zu gehen.
Die Entscheidung über die Atomkraft stand bei dem Referendum klar im Mittelpunkt. Die Italiener hatten sich 1987 nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl schon einmal in einer Volksbefragung für den Ausstieg aus der Kernenergie entschieden. Vor zwei Jahren kündigte Berlusconi dann jedoch an, wieder in die Kernkraft investieren zu wollen.
Fukushima sorgte für Sinneswandel
Unter dem Eindruck der Atomkatastrophe von Fukushima in Japan legte seine Regierung das Vorhaben dann auf Eis. Damit wollte sie nicht zuletzt auch das Referendum der Opposition und der Atomgegner hinfällig machen. Die Gerichte ließen die Abstimmung aber dennoch zu.
Die zweite Abstimmung betraf das Gesetz zur "rechtmäßigen Verhinderung" von Berlusconi und seinen Ministern bei Gerichtsterminen, das bereits im Januar vom Verfassungsgericht teilweise aufgehoben worden war. Derzeit müssen die Richter von Fall zu Fall entscheiden, ob der Regierungschef vor Gericht erscheinen muss.
Gegen den 74-Jährigen laufen mehrere Prozesse, darunter der sogenannte Ruby-Prozess wegen Prostitution Minderjähriger und Amtsmissbrauchs. Am Montag wurde ein Prozess um seinen Medienkonzern Mediaset in Abwesenheit Berlusconis fortgesetzt, weil er an einem italienisch-israelischen Gipfeltreffen mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilnahm.
Autorin: Eleonore Uhlich (afp,dpa,rtr)
Redaktion: Reinhard Kleber/Thomas Grimmer