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Heiße Themen, kalte Füße

22. Mai 2004

Die Arabische Liga versucht, ihren Ende März überraschend abgesagten Gipfel in Tunis nachzuholen. Doch wieder schwebt bis zur letzten Minute die Möglichkeit einer Absage über dem Treffen.

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Gemeinsames Nachdenken: Delegierte beim Treffen 2003 in KairoBild: AP
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Diesmal wollte die arabische Liga nicht riskieren, sich wie im März zu blamieren: Die Außenminister der 22 Mitgliedstaaten saßen schon vor Beginn des für zwei Tage angesetzten Gipfeltreffens (22./23.5.) tagelang hinter verschlossenen Türen und diskutierten über Details der Abschlusserklärung, die politische Reformen in der Region, die Lage im Irak und einen Friedensplan mit Israel beinhalten soll. Die tunesischen Gastgeber und mehrere Golfstaaten wollen nach Angaben aus Delegationskreisen sicherstellen, dass die Staatschefs nichts in das Dokument einfließen lassen, was Washington verärgern könnte. "Wir werden einen fruchtbaren Gipfel haben", zitiert die ägyptische Presse am Mittwoch Außenminister Ahmed Maher.

Absage wegen demokratischer Reformen

Mehrere Staatschefs und Monarchen haben ihre Teilnahme allerdings schon wieder abgesagt und lassen sich von ihren Ministerpräsidenten und Außenministern vertreten. Dem Vernehmen nach wollen vor allem die Herrscher der konservativen Golf-Monarchien nicht nach Tunis kommen, weil sich die arabischen Staaten in der bereits vorab formulierten Abschlusserklärung, wenn auch nur sehr generell, zu demokratischen Reformen und mehr Rechten für die Frau bekennen sollen.

Auch auf die entscheidende Frage, wie sehr sich die arabischen Staaten den Plänen der US-Regierung für ihre Region beugen sollen, hat jeder arabische Staat seine eigene Antwort. Während etwa Syrien eine klare Verurteilung der Besetzung des Irak durch die USA wünscht, wollen andere, dass in der Abschlusserklärung des Gipfels die für Ende Juni 2004 geplante formelle Machtübergabe an die Iraker gelobt wird. Für weitere Nervosität unter den Staatschefs sorgt der Druck der eigenen Landsleute, die von ihnen eine klare Ablehnung der US-Nahostpolitik erwarten, vor allem nachdem US-Präsident George W. Bush kürzlich das Rückkehrrecht für die palästinensischen Flüchtlinge von 1948 und den Abbau aller jüdischen Siedlungen im besetzten Westjordanland für unrealistisch erklärt hatte.

Schwieriges Friedensangebot

Nach Angaben aus Delegationskreisen könnte es für die Gipfelteilnehmer wegen Israels jüngster Offensive im Gazastreifen schwierig werden, ihr Friedensangebot an Israel - wie von den Außenministern vereinbart - zu erneuern. Dieses 2001 von der Liga verabschiedete Angebot sieht vor, dass die arabischen Staaten Israel anerkennen, sobald sich Israel auf die Grenzen von 1967 (vor dem Sechs-Tage-Krieg) zurückzieht. Die Arabische Liga sprach diese Woche von einem israelischen "Massaker" an der palästinensischen Bevölkerung.

Amre Moussa
Amre MoussaBild: AP

Eine gehörige Portion Realismus empfiehlt daher der Generalsekretär der Arabischen Liga, Amre Mussa, für den die Absage des Gipfeltreffens Ende März auch eine persönliche Niederlage war. "Wir bewegen uns in stürmischer See und müssen das arabische Schiff - und es ist ein eher kleines Schiff - vorsichtig steuern, um nicht in Seenot zu geraten", gibt er zu bedenken.

Arabische Diplomaten schließen auch nicht aus, dass die Tunesier auch diesmal wieder kalte Füße bekommen und den Gipfel mit Hinweis auf unüberbrückbare Meinungsunterschiede der Mitgliedstaaten noch einmal in letzter Minute absagen. Doch selbst wenn das Treffen wie geplant über die Bühne geht, wird es keine historischen Entscheidungen geben, sondern nur ein vages Bekenntnis zu demokratischen Reformen und eine Verurteilung der israelischen Militäraktionen im Gazastreifen. Jemens Präsident Ali Abdullah Salih und der bahrainische König Hamad bin Issa el Chalifa haben schon angekündigt, dass sie nicht nach Tunis kommen werden. Amre Mussa wäre schon zufrieden, wenn sich 15 von insgesamt 22 Staatschefs zum Gipfeltreffen bequemen würden. (sams)