Grenzkontrollen doch kein Milliardengrab?
28. Februar 2016Das Bundeswirtschaftsministerium rechnet laut einem Medienbericht auch im Falle dauerhafter Grenzkontrollen nicht mit einer massiven Steigerung der Kosten für die Wirtschaft. Die ökonomischen Auswirkungen dürften insgesamt überschaubar bleiben, zitiert die "Welt am Sonntag" vorab aus einem internen Papier der Behörde. Es sei vom 22. Februar datiert und trage den Titel "Wirtschaftliche Folgen einer Wiedereinführung von systematischen Grenzkontrollen für Deutschland".
Wirtschaftsministerium: "Keine belastbaren Informationen"
Zwar könnte es "Warteschlangen vor Grenzübergängen" und "Auswirkungen auf die Lieferketten" von Unternehmen geben, heißt es darin. Dennoch halte das Ressort von Vizekanzler Sigmar Gabriel Befürchtungen aus der Wirtschaft für unbegründet, dass ein stockender Warenverkehr Kosten in Milliardenhöhe verursachen würde. "Belastbare Informationen" darüber lägen nicht vor.
Warnungen aus der Wirtschaft
Wirtschaftsverbände warnen dagegen vor dauerhaften Grenzkontrollen. So befürchtet der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK), dass der Wirtschaft Kosten in Höhe von zehn Milliarden Euro pro Jahr entstehen könnten. Auch der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Ulrich Grillo, mahnte, die Kontrollen dürften kein Dauerzustand werden.
Anders äußerte sich der Präsident des Mittelstandsverbands Mario Ohoven. "Wir sind unter allen Umständen dafür, dass Deutschland Kriegsflüchtlinge aufnimmt, nicht aber Wirtschaftsflüchtlinge", sagte Ohoven der Deutschen Presse-Agentur. "Wir brauchen Grenzkontrollen."
Studie rechnet mit Wachstumsverlusten
Auch eine vergangene Woche veröffentlichte Studie der Prognos AG, die im Auftrag der Bertelsmann Stiftung durchgeführt wurde, rechnet bei der dauerhaften Rückkehr zu innereuropäischen Grenzkontrollen mit Wachstumsverlusten zwischen 77 und 235 Milliarden Euro allein für Deutschland bis 2025. Grenzkontrollen würden zu massiven Kosten und Preissteigerungen führen, heißt es darin. Schon in einem optimistischen Szenario summierten sich die Einbußen für die EU insgesamt beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) innerhalb von zehn Jahren auf rund 470 Milliarden Euro.
Grenzkontrollen bis Mitte Mai
Die Nachfrage aus EU-Ländern, die nicht zum Euroraum gehören, hatte nach Daten des Statistischen Bundesamtes zum Jahresende bereits nachgelassen - ein Grund könnten die vorübergehend Grenzkontrollen sein. Diese hatte die Bundesregierung am 13. September 2015 eingeführt und sie seitdem mehrfach verlängert. Den Schwerpunkt bildet dabei die deutsch-österreichische Grenze. Die Kontrollen sind bis zum 13. Mai dieses Jahres befristet und müssten dann erneut verlängert werden.
cw/sti (dpa, rtr)