Gläubiger sollen Argentinien helfen
20. Februar 2020Beim IWF herrscht Skepsis, ob Argentinien aus eigener Kraft aus der Krise entkommt. Der Fonds hält die Verbindlichkeiten des südamerikanischen Landes für nicht mehr tragbar und empfiehlt daher Zugeständnisse von den Geldgebern. Es brauche einen "bedeutenden Beitrag von privaten Gläubigern", um Argentiniens Verschuldung mit hoher Wahrscheinlichkeit langfristig vertretbar zu machen, teilte der IWF in Washington mit.
Die Schulden Argentiniens seien inzwischen angesichts eines fallenden Wechselkurses und einer steigender Zinslast auf fast 90 Prozent der Wirtschaftsleistung angewachsen, erklärte der IWF. Um die Finanzsituation zu stabilisieren, müsste die Regierung die Ausgaben so drastisch zurückfahren, dass dies "weder wirtschaftlich noch politisch" möglich erscheine, hieß es weiter.
Die Landeswährung Peso hatte zuletzt deutlich an Wert verloren. Die Regierung hat dem IWF zufolge bereits Kapitalverkehrskontrollen eingeführt, die Rückzahlung ausstehender Schulden verzögert und das laufende Haushaltsdefizit durch die Zentralbank finanzieren lassen. Seit 2018 steckt Argentinien in einer Rezession, die Inflationsrate lag im vergangenen Jahr bei 54 Prozent. Das Land leidet unter einem aufgeblähten Staatsapparat, geringer Produktivität der Industrie und einer großen Schattenwirtschaft, die dem Staat viele Steuereinnahmen entzieht.
Krise 2001
Argentinien hat bereits Erfahrung mit einem Schuldenschnitt. Nach der bisher schwersten Wirtschaftskrise des Landes 2001/2002 hatten die meisten privaten Schuldner in den Folgejahren auf bis zu 70 Prozent ihrer Forderungen verzichtet.
Wie das Prozedere dieses Mal vonstatten gegen soll, ist jedoch unklar. IWF-Chefin Kristalina Georgiewa werde die Situation am Wochenende auf dem G-20 Finanzministertreffen in Saudi-Arabien mit dem argentinischen Ressortchef Martin Guzmán besprechen, hieß es dazu.
Argentinien steht allein bei privaten Gläubigern mit rund 113 Milliarden US-Dollar in der Kreide. Der IWF selbst hat dem Land den größten Kredit seiner Geschichte über 57 Milliarden Dollar gewährt. Die argentinische Regierung will mit dem IWF und anderen Gläubigern nun über die Rückzahlung von Verbindlichkeiten im Volumen von 100 Milliarden Dollar neu verhandeln. Der Vorgänger von Präsident Alberto Fernandez, Mauricio Macri, hatte bereits im August angekündigt, die Laufzeit bestimmter Anleihen verlängern und die Tilgung des 57 Milliarden Dollar schweren IWF-Kredits neu regeln zu wollen.
Angespanntes Verhältnis
Erst vor wenigen Tagen forderte die argentinische Vizepräsidentin Cristina Fernandez de Kirchner, der IWF solle dem Land einen Teil der Schulden erlassen. Das ist allerdings schon allein wegen der Statuten des Fonds nicht möglich. Vizepräsidentin Kirchner pflegt ein angespanntes Verhältnis zum IWF.
Viele Argentinier machen den Fonds für die Staatspleite Anfang der 2000er Jahre verantwortlich. Kirchners Ehemann, der frühere Staatschef Néstor Kirchner (2003-2007), hatte während seiner Amtszeit die Beziehungen zu dem Fonds zunächst abgebrochen und den Schuldendienst eingestellt. Später ließ er allerdings alle IWF-Schulden zurückzahlen.
cgn/kle (dpa, rtr)