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Gewalt in Syrien ebbt nicht ab

11. Juni 2011

Immer mehr Menschen fliehen aus Syrien, die Armee geht weiter brutal gegen Gegner von Präsident Assad vor. Der Machthaber brüskierte abermals die internationale Gemeinschaft: Er lehnte ein Telefonat mit UN-Chef Ban ab.

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Syrische Truppen auf Militärfahrzeugen (Foto: AP)
Syrische Truppen kämpfen weiter gegen RegimegegnerBild: dapd
Syrische Flüchtlinge in einem Lager in der Türkei (Foto: AP)
Ungewisse Zukunft: Flüchtlinge aus Syrien in der TürkeiBild: AP

In Syrien geht die Armee weiter mit großer Härte gegen Gegner des Regimes von Präsident Baschar al-Assad vor. Nach Angaben von Menschenrechtsaktivisten setzten Regierungstruppen am Samstag (11.06.2011) ihre Militäroffensive gegen Dschisr al-Schogur im Nordwesten Syriens fort. Die Stadt ist ein Zentrum der Auseinandersetzungen zwischen Regime und Opposition. Oppositionelle meldeten, dass Militärhubschrauber über Dschisr al-Schogur kreisten und dass schwarze Rauchwolken über einem Wohnviertel aufgestiegen seien.

Tausende Soldaten haben mit Panzern die fast vollständig von Bewohnern verlassene Stadt abgeriegelt. Auf ihrem Vormarsch sollen sie von Scharfschützen beschossen worden sein, meldeten Regierungsstellen. Soldaten sollen zuvor von Hubschraubern aus auf Demonstranten gefeuert haben.

Immer mehr Syrer auf der Flucht

Flüchtlingslager in der Türkei (Foto: AP)
Der Türkische Rote Halbmond versorgt die syrischen FlüchtlingeBild: AP

Die Zahl der syrischen Flüchtlinge in der Türkei sei auf rund 4600 gestiegen, sagte ein hoher türkischer Diplomat. 10.000 weitere Menschen harren noch an der Grenze aus, wie Regimegegner berichteten. Hilforganisationen haben mit dem Bau von Flüchtlingslagern für weitere 4000 bis 5000 Flüchtlinge begonnen. Seit Monaten macht Präsident Assad Ausländer und Terroristen für die Massenproteste gegen sein autoritäres Regime verantwortlich und geht gewaltsam gegen Regimeregner vor. Erst am Freitag waren bei neuen Demonstrationen nach Angaben von Oppositionellen landesweit mindestens 36 Menschen getötet worden.

Viele Flüchtlinge berichteten, dass Soldaten ihre Häuser zerstörten, Felder niederbrannten oder Olivenbäume ausrissen, um der Zivilbevölkerung jegliche Lebensgrundlage zu nehmen - als Vergeltungsmaßnahme gegen die Kritik an Assads Politik. Da das Regime keine unabhängigen Medien im Land zulässt, können weder Augenzeugenberichte noch Aussagen des Regimes überprüft werden.

Assad lässt UN-Chef abblitzen

Angesichts der nicht endenden Gewalt gegen die eigene Bevölkerung und der prekären humanitären Situation in Syrien versuchen auch die Vereinten Nationen seit Tagen zu vermitteln - die syrische Führung lehnt jedoch jegliche Einmischung ab. Assad verweigerte am Freitagabend sogar ein Telefonat mit UN-Generalsekretär Ban Ki Moon. Eine UN-Sprecherin teilte mit, dass Assad "nicht verfügbar" gewesen sei. Der UN-Chef hatte den Einsatz militärischer Gewalt gegen die Bevölkerung erneut kritisiert. Dies sei "nicht hinnehmbar", sagte Ban, er erwarte wirkliche Reformen des syrischen Regimes.

Anhänger von Syriens Präsident Baschar al-Assad tragen ein großes Plakat von ihm durch die Straßen von Damaskus (Foto: AP)
Neben aller Kritik genießt Assad auch noch großen Rückhalt in SyrienBild: AP

Der UN-Sicherheitsrat debattiert über einen Resolutionsentwurf, der von Frankreich, Großbritannien, Deutschland und Portugal eingebracht wurde. In dem Dokument verlangen die Staaten ein sofortiges Ende der Gewalt und verurteilen das Vorgehen des Assad-Regimes. Die USA haben nun angekündigt, die Resolution zu unterstützen. Diplomaten zufolge hat das Dokument damit die nötige Stimmenanzahl, um angenommen zu werden. Allerdings stellen sich die ständigen Sicherheitsratsmitglieder Russland und China dagegen. Mit ihrem Veto könnte die Resolution zu Fall gebracht werden.

Auch der Vatikan meldete sich nun zu Wort. Die Lage in Syrien sei "im Vergleich zu anderen Staaten der arabischen Welt besonders beunruhigend", sagte Sprecher Federico Lombardi, weil sie "Züge einer Gewalt ohne Ausweg" trügen. Etwa zehn Prozent der syrischen Bevölkerung sind Christen. Für sie sei die nationale Einheit überlebenswichtig, meinte Lombardi.

Autor: Nicole Scherschun (dpa, afp, rtr, kna)
Redaktion: Hartmut Lüning/Ursula Kissel