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Politik

Migranten für Mexiko eine "hohe Belastung"

Eva Usi
8. Juli 2019

Der Regierungswechsel in Mexiko hat viele Mittelamerikaner ermutigt, gen Norden zu ziehen. Das hat die Situation dort verschärft. Inzwischen treten manche den Heimweg an - freiwillig, sagt Christopher Gascon von der IOM.

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Mexiko Migranten an der Grenze zu den USA
Bild: picture-alliance/AP Photo/C. Chavez

Die Rhetorik von Mexikos neuem Präsidenten Andrés Manuel López Obrador hat offenbar schon im Wahlkampf Hoffnungen geschürt, Migranten würden in Mexiko bald willkommener sein als zuvor. Spätestens seit sich "AMLO" dem Druck von seinem US-Amtskollegen Donald Trump gebeugt hat, ist klar, dass dies ein Trugschluss war. Mit den "Migrations Protection Protocols" (MPP) etwa hat Mexiko zugestimmt, dass US-Behörden Immigranten, die ohne reguläre Dokumente aufgegriffen werden, in mexikanische Lager abschieben können, bis ihr Fall entschieden ist.

Christopher Gascon leitet die Internationale Organisation für Migration (IOM) der Vereinten Nationen in Mexiko. Diese unterstützt seit 2018 Migranten auf dem Weg zurück in ihre Heimat.

DW: Vor einer Woche, am 2. Juli, verließ ein Bus mit 69 mittelamerikanischen Migranten die Grenzstadt Ciudad Juárez, im Norden Mexikos, in Richtung der Grenze zu Guatemala. Diese Menschen waren Teil des "Freiwilligen Rückkehrprogramms", das von der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mit Unterstützung des nationalen mexikanischen Instituts für Migration (INM) organisiert wird. Worum geht es bei diesem Programm?

Christopher Gascon, Leiter des IOM-Büros in Mexiko
Christopher Gascon, Leiter des IOM-Büros in MexikoBild: OIM Mexico

Christopher Gascon: Dieses Programm bieten wir seit Oktober letzten Jahres an. Damals begannen die sogenannten Karawanen mittelamerikanischer Migranten in Mexiko anzukommen. Auf verschiedenen Etappen des langen Weges beschlossen einige der Migranten nach Hause zurückzukehren. Die IOM bietet ihnen dabei Hilfe an. Nun bieten wir diese Hilfe auch Menschen an der US-Grenze. Viele von ihnen sind in die Vereinigten Staaten eingereist und wurden im Rahmen des US-amerikanischen Migrantensprogramms MPP nach Mexiko zurückgeführt, um auf eine Vorladung vor ein US-Gericht zu warten. Es ist sehr wichtig klarzustellen, dass es sich bei unserem Programm nicht um Abschiebungen handelt. Es geht um eine freiwillige Rückkehr von Menschen, die über ihre Situation aufgeklärt wurden und unsere Unterstützung suchen.

Im Fall der Personen, die nun mit ihrer Hilfe Ciudad Juarez verließen, waren die Verfahren also abgeschlossen?

Nein, sie wurden im Rahmen des MPP-Programms zurückgeführt. Sie hatten keinen anderen Grund in die USA einzureisen, als Arbeit zu suchen. Alle 69 Personen haben uns gesagt, dass sie nie daran gedacht haben, in den Vereinigten Staaten Asyl zu beantragen. Sie wollten dort arbeiten, sich mit Familienmitgliedern zusammenfinden, und haben sich zu keinem Zeitpunkt in einem Asylverfahren befunden.

Die Zahl 69 ist klein, wenn man bedenkt, wie viele Mittelamerikaner an der Grenze zu den USA gestrandet sind. Wie vielen Menschen soll dabei geholfen werden, in ihre Heimatländer zurückzukehren?

Das wissen wir noch nicht. Dies war die erste organisierte Rückkehr hier von der Nordgrenze. Viele der Migranten sind verstreut. Diejenigen die eine Rückkehr wünschen, werden sich an verschiedene Partnerorganisationen wenden und dann weitergeleitet. Dieser erste Transfer wurde innerhalb von zwei Tagen organisiert, und seitdem haben sich mehr Menschen mit Interesse an einer Heimkehr gemeldet. Mit zunehmender Bekanntheit des Programms dürfte die Zahl der Interessenten zunehmen.

"Viele Familien setzen sich auf der Reise nach Norden einer hohen Gefahr aus"
Gascon: "Viele Familien setzen sich auf der Reise nach Norden einer erhöhten Gefahr aus"Bild: picture-alliance/AP Photo/C. Chavez

Wie würden Sie die Situation beschreiben, in der sich Mexiko aufgrund des enormen Drucks durch die mittelamerikanische Migration befindet?

Mexiko ist nach wie vor ein sehr wichtiger Migrationskorridor. Die Zahl der Migranten sank 2017 und begann 2018 wieder zu steigen. Falsche Informationen haben dabei eine wichtige Rolle gespielt. Viele Migranten dachten, es wäre nun einfacher, über Mexiko in die USA einzureisen. Dabei ist eher das Gegenteil der Fall. Momentan ist unter den Migranten die Vorstellung verbreitet, man habe mit Kindern bessere Aussichten bei einem Asylantrag. Dies ist aber nicht wahr, und viele Familien setzen sich auf der Reise nun einer erhöhten Gefahr aus. Auf völlig leichtsinnige Weise durchqueren Menschen ganze Länder, um an der Grenze mit Entscheidungen konfrontiert zu werden, mit denen sie nicht gerechnet haben.

Für Mexiko bedeutet diese Situation aber auch eine enorme finanzielle Belastung, während sich ein wohlhabendes Land wie die Vereinigten Staaten des Problems entledigt.

Für Mexiko ist es eine hohe Belastung. Die Bewältigung beansprucht viele Ressourcen und erfordert viel Koordination. Die mexikanische Regierung versucht auf diese Herausforderung zu reagieren, die sowohl die Bundesstaaten im Norden, als auch die Region an der Südgrenze betrifft, wo die Möglichkeiten begrenzter sind. Mexikos neue Einwanderungspolitik ist viel entgegenkommender bei der Unterstützung der Migranten, aber es sind viel mehr gekommen als erwartet.

Was ist in diesem Szenario die größte Herausforderung für Mexiko?

Es ist die außerordentlich hohe Zahl an Migranten in diesem Jahr. An die Schaffung von Beschäftigungsmöglichkeiten zu denken ist verfrüht, weil die Mega-Projekte im Süden des Landes, wo die Menschen aus Mittelamerika Arbeit finden könnten, noch nicht begonnen wurden. Stattdessen sieht sich Mexiko mit einer großen Zahl an Migranten konfrontiert, die das Land durchqueren wollen, um in die USA einzuwandern. In diesem Ausmaß ist dies für Mexiko etwas völlig Unerwartetes.