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Games-Branche: Kleine Spiele - großes Geld

Anja Steinbuch
27. April 2017

Um mit Neuentwicklungen auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähig zu sein, benötigen Games-Firmen viel Kapital. Für Investoren erscheint vor allem das Mobil-Segment lukrativ.

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Gamescom Kölnmesse Zurück in die Zukunft
Bild: Philip Kretschmer

Tim ist mutiger Abenteurer, der sich den Gefahren der Welt stellt - jedenfalls virtuell. Der 16-Jährige verbringt seine Freizeit am liebsten mit Online-Rollenspielen. Sein Favorit ist "Shakes & Fidget", neben "Forge of Empires" und "Farmerama" ein Klassiker unter den Browsergames. Entwickelt wurde das mehrfach ausgezeichnete Spiel von zwei Hamburgern: Jan Beuck und Martin Jässing, Gründer der Firma Playa Games, haben mit "Shakes & Fidget" vor acht Jahren einen Volltreffer gelandet. Mehr als 50 Millionen Fans rund um den Globus haben sich für das Webspiel registriert, kämpfen mit selbstgewählten Charakteren, als Zwerg, Elfe oder Dämon in Arenen miteinander und gegeneinander.

Computer- und Handygames spielen ihren Entwicklern und Verlegern Milliarden-Umsätze ein. In der Branche hierzulande, zu der laut Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU) 521 Entwicklungsfirmen und Publisher gehören, gibt es einige "Perlen", die das Interesse von Investoren geweckt haben.

Weniger Jobs

2016 war für die Computer- und Videospiel-Branche in Deutschland kein leichtes Jahr. Die Zahl der Beschäftigten sank um 13 Prozent auf rund 11.200. Nach Angaben des BIU wurde mit Soft- und Hardware ein Umsatz von 2,9 Milliarden Euro in Deutschland erzielt.

International Games Week Berlin 2017
Mittendrin und voll dabei: International Games Week Berlin 2017Bild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Jahrelang waren deutsche Studios vor allem im eigenen Land äußerst erfolgreich, sie wuchsen und wuchsen. Der internationale Markt versprach noch mehr - vor allem in Amerika und Asien. Doch gleichzeitig stieg die Zahl der internationalen Wettbewerber.

Robustes Wachstum

Aktuell beträgt das Wachstum der Branche weltweit rund sieben Prozent pro Jahr, bis Ende 2018 soll das Volumen gut 100 Milliarden Euro erreichen. Mit einem durchschnittlichen jährlichen Plus von zwölf Prozent legt das Geschäft mit Mobile Games am kräftigsten zu. Immer mehr Fans des Genres spielen auf ihrem Smartphone.

Diesen Trend haben einige deutsche Anbieter verschlafen. Einer der prominentesten unter ihnen ist der einstige Branchenriese Bigpoint. Als Folge des Geschäftseinbruchs sank der Unternehmenswert der Company von Gründer Heiko Hubertz von über 400 Millionen Euro auf 80 Millionen Euro. Für diese Summe ging das Hamburger Unternehmen vor einigen Monaten an den chinesischen Software-Konzern Youzu Interactive. Mit aktuell 450 Mitarbeitern (2011: 800) gehört Bigpoint allerdings weiterhin zu den größten Games-Companies in Deutschland.

Schieflage durch Vorfinanzierung

Mehr Mitarbeiter hat nur Goodgames Sudios: In den vergangenen Monaten hat aber auch die ebenfalls in Deutschlands Games-Metropole Hamburg beheimatete Firma Hunderte ihrer einst 1.200 Mitarbeiter entlassen. Insider sprechen von fast 600. Die Begründung der Unternehmensführung für die Kündigungswelle: Man habe viel Geld in Neuentwicklungen investiert, die aber nicht "an den Erfolg der Bestandstitel anknüpfen" konnten. Das Schicksal, durch hohe Vorfinanzierungen in Schieflage zu geraten, teilt Goodgames mit anderen Spiele-Anbietern wie Wooga in Berlin oder Crytek in Frankfurt.

Weil der Kapitalhunger der Entwickler aufwendiger Games wächst, schauen sich selbst erfolgreiche Studios nach zahlungskräftigen Investoren um. So hat sich der Frankfurter Spiele-Entwickler Crytek (390 Mitarbeiter) 2015 von Amazon eine Finanzspritze von schätzungsweise 50 bis 70 Millionen Euro geben lassen. Damit konnten die Hessen die nächste Generation ihres Grafik-Grundgerüsts CryEngine entwickeln, mit dem Virtual Reality-Inhalte erschaffen werden können.

Erfolge mit Freiberuflern

Zuletzt frisches Kapital hat Innogames erhalten: Für 91 Millionen Euro wurden dem schwedischen Entertainment-Unternehmen MTG 35 Prozent der Company (400 Mitarbeiter) überlassen - obwohl dieser zuletzt nur einen Jahresumsatz von 125 Millionen Euro machte. Ähnlich positiv könnte die Bewertung von Playa Games sein. Die Macher von "Shakes & Fidget" haben ungewöhnlich niedrige Fixkosten, weil sie nur zehn feste Mitarbeiter beschäftigen. Für Neuentwicklungen wie das Strategiespiel, das Ende 2017 an den Erfolg von "Shakes & Fidget" anknüpfen soll, nutzen die Hanseaten ein weit verzweigtes Netzwerk von Freiberuflern und externen Teams.

"So sind wir flexibel und schnell", sagt Jan Beuck. Sieben Jahre in Folge hat Playa Games hohe Millionenumsätze und "sehr gute" Gewinne gemacht, so Beuck. Das ist für Finanzinvestoren interessant. Strategische Kapitalgeber aus dem Ausland haben das Studio im Visier, weil sie hoffen, über via Playa Games Zugang zum europäischen Markt zu erhalten.

International Games Week in Berlin

Über anstehende Deals, neue Geschäftsmodelle, Trends und die Rahmenbedingen der Games-Branche in Deutschland diskutieren seit Montag die Köpfe der Branche auf der International Games Week Berlin. Mit mehreren Events wollen die Veranstalter sowohl Videospielexperten und Branchenkenner als auch Games-Enthusiasten und Familien ansprechen. Bis Sonntag werden rund 15.000 Besucher erwartet. "Wir brauchen dringend eine moderne Medienförderung, die über den traditionellen Film hinaus auch die Produktion neuer audiovisueller Medien wie Games unterstützt", fordert BIU-Geschäftsführer Felix Falk. Nur so hätten Deutschlands Games-Firmen die Chance, "global wettbewerbsfähig zu sein".