Fußball-Europa zwischen Profit und Pleite
1. Oktober 2003"Wichtig ist auf'm Platz." Die Worte, die Fußball-Legende Sepp Herberger seinen Spielern predigte, als Fernsehfußball noch schwarzweiß war, könnte auch in einer Aktienanalyse über die Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA stehen:
Mit dem hehren Ziel, eine "Wachstums-Aktie" zu schaffen, die "klares Steigerungspotenzial" besitzt, durfte sich der Anleger für 11 Euro ein kleines Stück Fußballverein zulegen. Das war im Oktober 2000. Drei Jahre später sieht die Bilanz ernüchternd aus: Die Aktie des sechsfachen Deutschen Meisters ist abgetaucht, notiert gerade noch bei gut 3 Euro.
Misserfolg schlecht für die Bilanz
Dabei sind die Sportler den Managern in die Parade gegrätscht. Der letzte Kurssturz geschah, als sich das Team von Matthias Sammer mit einer Niederlage gegen den FC Brügge aus der Qualifikation für die Champions League verabschiedet hatte.
Nicht überall jedoch ist es sportlicher Misserfolg, der die Vereinsfinanzen ins Wanken bringt. In Italien wurde durch jahrelanges Missmanagement bei den Erstligaclubs einen Schuldenberg von 500 Millionen angehäuft. 450 Millionen Euro schulden die deutschen Bundesligaclubs ihren Gläubigern. In Spanien stand in diesem Jahr sogar der Saisonauftakt auf dem Spiel, weil die Vereine die Spielergehälter nicht mehr zahlen konnten.
Barcelona hoch verschuldet
Einen gehörigen Teil der 1,6 Milliarden Euro schweren Schuldenlast, die die Teams der ersten und zweiten spanischen Liga tragen müssen, steuert der FC Barcelona bei. 218 Millionen Euro müsste der Verein aufbringen, um endlich schuldenfrei dazustehen. "Ein normales Unternehmen wäre bei solchen Zahlen pleite", kommentierte eine spanische Zeitung die Veröffentlichung der Jahresbilanz.
Für 190 Millionen Euro hatte der im Februar zurückgetretene Clubchef Joan Gaspart in den letzten drei Jahren neue Spieler gekauft. Jetzt müssen die Verantwortlichen mit alten Traditionen brechen, um den katalonischen Traditionsclub zu retten. Erstmals tragen die "Barça"-Spieler in dieser Saison Werbung auf ihren Trikots. Auch bei den Spielergehältern musste man Abstriche machen: Konsolidierungsmaßnahmen im Unternehmen Fußballverein.
Dass es auch anders geht, zeigt Real Madrid. Durch den Verkauf ihres Sportparks an die Stadt Madrid haben sie sich von ihren Schulden befreit. 140 Millionen Euro Reserven lagern auf den Kontos der "Königlichen", in dieser Saison will man knapp 60 Millionen hinzuverdienen.
Manchester United auf Expansionskurs
Stadiontickets und Spielertransfers sind dabei längst nicht mehr die wichtigsten Einnahmequellen. Mit Fanartikeln, Werbeverträgen und Fernsehrechten wird heute weit mehr Geld verdient. Das zeigt das Beispiel Manchester United. 55 Millionen Euro Gewinn konnte der Verein im vergangenen Geschäftsjahr verbuchen.
Durch eine Partnerschaft mit dem amerikanischen Baseball-Team New York Yankees haben sie zudem auch die USA im Visier, in denen Fußball bislang gegen Football, Baseball und Basketball chancenlos war. Immerhin füllten sie zuletzt bei einem Freundschaftsspiel in New York ein Stadion mit fast 80.000 Zuschauern.
US-Teams weiter vorn
An die Gewinne amerikanischer Mannschaften reichen die europäischen Vereine allerdings nicht heran. Die Tampa Bay Buccaneers, diesjähriger Super Bowl-Sieger, verdienten zuletzt mehr als 150 Millionen Euro. Die Baseball-Meister Anaheim Angels konnten immerhin über 120 Millionen Euro Gewinn verbuchen.
Wahrlich, "wichtig ist auf'm Platz" – doch schaffen es in den USA auch die kleineren, weniger erfolgreichen Vereine, profitabel zu wirtschaften. In Europa wird dies nur langsam zum Credo. Der VfB Stuttgart zum Beispiel hat jetzt den ehemaligen IBM-Chef Erwin Staudt als ersten hauptamtlichen Präsidenten der Vereinsgeschichte eingestellt. So spricht man nun auch in bundesdeutschen Fußball-Chefetagen von "Business-Modellen" und "Kapitalanlegern". Bei Stuttgart könnte das funktionieren. Dort klappt es ja auch "auf'm Platz".