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Friedrich: Ein glückloser Minister

Marcel Fürstenau14. Februar 2014

Der CSU-Politiker Hans-Peter Friedrich wird als Mensch parteiübergreifend geschätzt. Als Minister hatte er mitunter wenig Fortüne - und auch nicht immer die Unterstützung aus den eigenen Reihen.

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Hans-Peter Friedrich verlässt nach seiner Rücktrittserklärung das Rednerpult (Foto: Getty Images/Sean Gallup)
Bild: Getty Images/Sean Gallup

Er kehrt jetzt dorthin zurück, wo er sich wahrscheinlich immer ganz gut gefühlt hat: auf den Stuhl eines einfachen Abgeordneten. Denn sein direkt gewonnenes Bundestagsmandat bleibt dem am Freitag (14.02.2014) zurückgetretenen Hans-Peter Friedrich ja erhalten. Und als Parlamentarier ist der Franke ein alter Fuchs, seit 1998 ist er MdB (Mitglied des Bundestages). Sein Wechsel auf die Regierungsbank im März 2011 war keinesfalls geplant, sondern Ergebnis einer Kabinettsumbildung.

So, wie jetzt jemand von seinem Rücktritt profitieren wird, profitierte Friedrich damals von der Kabinettsumbildung infolge des gestürzten Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg. Beide gehören der Christlich-Sozialen Union (CSU) an. Dass Friedrich unbedingt Minister werden wollte, diesen Eindruck vermittelte er anfangs nicht. Eher wirkte er wie einer, der aus Loyalität gegenüber der Partei einen zugegebenermaßen attraktiven Posten antritt.

Gegen die FDP konnte er sich nicht immer durchsetzen

Also übernahm Friedrich vor knapp drei Jahren das Innenressort von Thomas de Mazière (CDU), der Nachfolger zu Guttenbergs wurde. Der hatte sich seinen Doktor-Titel mit einem Plagiat erschlichen. Als Innenminister bewies der Neue im Amt zunächst Entschlussfreudigkeit, indem er die von seinem Vorgänger geplante Verschmelzung der Bundespolizei mit dem Bundeskriminalamt (BKA) zu den Akten legte. Erfolglos blieb der CSU-Mann allerdings mit seinem Versuch, das auf einer Richtlinie der Europäischen Union (EU) basierende Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung wiedereinzuführen.

Der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (r.) und die damalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser- Schnarrenberger im Jahr 2013 (Foto: picture-alliance/dpa)
Waren selten einer Meinung: Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (l.) und Hans-Peter FriedrichBild: picture-alliance/dpa

Schon vor Friedrichs Dienstantritt hatte das Bundesverfassungsgericht das Gesetz für rechtswidrig erklärt und außer Kraft gesetzt. In der Koalition mit den Freien Demokraten konnte sich Friedrich nicht gegen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) durchsetzen. Erfolgreicher war der bald 57-Jährige, als es um andere Maßnahmen im Anti-Terrorkampf ging. Die von den Liberalen abgelehnten erweiterten Befugnisse für die Geheimdienste wurden kurz nach Friedrichs Dienstantritt bis 2015 verlängert.

Plötzlich stand der Rechtsextremismus im Vordergrund

Zur größten Herausforderung seiner Zeit als Innenminister wurde die im November 2011 aufgeflogene Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU). Der Gruppe werden zehn rassistisch motivierte Morde zur Last gelegt. Schnell wurde klar, wie stümperhaft Polizei und Verfassungsschutz agiert und damit die mutmaßlichen Täter begünstigt hatten. Auf Friedrichs Drängen entstand noch im Dezember 2011 das von Bund und Ländern gemeinsam betriebene "Gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus" (GAR), dem im Januar 2012 die zentrale Verbunddatei mit Informationen über gewalttätige Rechtsextreme folgte.

Einen herben Rückschlag in seinem Geschäftsbereich musste Friedrich im Sommer 2012 hinnehmen. Damals kam heraus, dass im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) noch nach der Selbstenttarnung des NSU Akten zur rechten Szene vernichtet worden waren. Die Verantwortung dafür übernahm der langjährige BfV-Chef Heinz Fromm, er gab sein Amt auf. Friedrich blieb trotz Rücktrittsforderungen der Opposition Innenminister und eröffnete im November 2012 das "Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum" (GETZ). Dessen Aufgabe ist die Beobachtung extremistischer Bestrebungen im gesamten linken wie rechten Milieu.

Keine klare Linie zum Thema NPD-Verbot

Widersprüchlich verhielt sich Friedrich in der Debatte um ein Verbotsverfahren gegen die rechtextreme NPD. Als Teilnehmer der Innenministerkonferenz unterstützte er den von seinen Länderkollegen beim Bundesverfassungsgericht eingereichten Antrag. Gleichzeitig betonte er stets seine Zweifel an einem erfolgreichen Ausgang des Verfahrens. Letztlich lehnte es die Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ab, sich dem Verbotsantrag anzuschließen.

Der damalige Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich beantwortet Fragen zur NSA-Affäre (Foto: picture-alliance/dpa)
Mit seiner anfänglichen Haltung zur NSA-Affäre geriet Friedrich als Innenminister in BedrängnisBild: picture-alliance/dpa

Friedrichs letztes spektakuläres Thema als Innenminister waren die im Sommer 2013 durch den Whistleblower Edward Snowden enthüllten Spionage-Aktivitäten des US-Geheimdienstes National Security Agency (NSA). Anfangs witterte Friedrich Anti-Amerikanismus hinter der Kritik von Bürgerrechtlern und der parlamentarischen Opposition. Noch kurz vor der Bundestagswahl im September 2013 erklärte er die NSA-Affäre gemeinsam mit Kanzleramtschef und Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla (CDU) für beendet. Als wenige Wochen später herauskam, dass auch die Bundeskanzlerin von der NSA abgehört worden war, musste Friedrich zurückrudern. Plötzlich verlangte er sogar eine Entschuldigung von den USA.

In der Islam-Frage widersprach Friedrich dem Staatsoberhaupt

Gesellschaftspolitisch machte Friedrich insbesondere durch Äußerungen zur Ausländer-, Integrations- und Flüchtlingspolitik von sich reden. Muslime seien zwar Teil der deutschen Gesellschaft, es ließe sich allerdings historisch "nirgends belegen", dass der Islam an sich zu Deutschland gehöre, sagte Friedrich als frisch ernannter Innenminister 2011. Damit widersprach er dem damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff. Nachdrücklich setzte sich Friedrich schließlich in seinen letzten Wochen als Innenminister dafür ein, mehr Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien aufzunehmen.

Kurz vor Weihnachten wechselte Friedrich dann ins Landwirtschaftsministerium. Von diesem Ministeramt trat er nun nach knapp zwei Monaten zurück. Auslöser waren die Kinderpornografie-Vorwürfe gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy. Darüber hatte Friedrich - noch als Innenminister - den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel informiert. Dieses Vorgehen halte er nach wie vor "politisch und rechtlich" für richtig, betonte er. Der zurückgetretene Minister sagte aber auch, es habe die notwendige politische Unterstützung gefehlt, um das Amt weiter ausüben zu können. Wen er damit meinte, ließ Friedrich offen. Es war ein bitter klingendes Abschiedswort eines Mannes, der jetzt nur noch einfacher Abgeordneter ist. Und sich in dieser Rolle - trotz aller Enttäuschung - vielleicht wirklich wohler fühlt.