ASEM-Gipfel mit Merkel
23. Oktober 2008Drei China-Besuche in drei Jahren. Bundeskanzlerin Angela Merkel ist am Donnerstag (23.10.2008) in Peking eingetroffen, sie nimmt dort am Asien-Europa-Treffen ASEM teil. Gerade in Zeiten der Rezessionsgefahr im Westen sucht Merkel einen gemeinsamen Weg im Osten, der aus der Finanzkrise - und der drohenden Wirtschaftskrise - führt.
Deutschland und Europa brauchen dafür starke Partner. Trotz kontroverser Diskussionen über - und mit China - bleiben die europäisch-chinesischen und die deutsch-chinesischen Beziehungen eng, so Eberhard Sandschneider, Forschungsdirektor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik: "Tatsache ist, dass trotz aller politischen Irritationen und Debatten in den letzten Monaten um den Dalai Lama und Olympia die Bedeutung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und China oder Europa und China von niemandem in Abrede gestellt worden ist." Auch die deutsche Bundeskanzlerin habe immer wieder betont, wie wichtig die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen und die deutsch-chinesischen Beziehungen überhaupt seien, so Sandschneider weiter.
Gute Wirtschaftsbeziehungen
Die Finanzkrise überschattet jedoch die guten bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. Asiaten und Europäer müssten gemeinsam ein Konzept ausarbeiten, um der Krise energisch entgegenzusteuern, so Goh Chok Tong, ehemaliger Premierminister von Singapur und einer der Mitbegründer des ASEM-Forums: "Ich glaube, dass sich das Treffen auf die Probleme der Finanzkrise konzentrieren wird. Man muss zuerst die Ursachen finden, die Probleme an sich, um dann an einer gemeinsamen Lösung zu arbeiten, was gemacht werden muss."
Nach Einschätzung von Merkel müssen die asiatischen Schwellenländer wie China dringend in die Schaffung einer neuen Finanzarchitektur eingebunden werden. Dieser Verantwortung müssen sich alle stellen, die ihre Stärke global ins Spiel bringen wollen, nicht zuletzt China. Schließlich seien alle betroffen, so Sandschneider: "Die Befürchtung Chinas ist natürlich, dass die wesentlichen Absatzmärkte, die in der realen Wirtschaft immer mehr betroffen zu sein scheinen, für China wegbrechen und damit das chinesische Wirtschaftswachstum, das schon vorsichtig nach unten korrigiert wird, in Mitleidenschaft gezogen wird. Insofern sei aus chinesischer Sicht jede Beteiligung an der Überwindung dieser Krise kein Thema bilateraler Beziehungen mit irgendeinem Land, sondern eine Frage globaler Verantwortung, meinst China-Experte Sandschneider weiter.
Kommunisten retten Kapitalisten
Zurzeit gehen viele Experten reichlich optimistisch davon aus, dass sich die globalen Finanzmärkte schon bald normalisieren werden. Nicht zuletzt aufgrund der Kooperation Chinas, das zurzeit diverse Maßnahmen einleitet, um sein Wirtschaftswachstum zu stabilisieren, von dem auch die Konjunktur von Handelspartnern wie den USA und der EU abhängen.
China werde so zur unsichtbaren Hand bei der Bewältigung der globalen Krise, so China-Experte Sandschneider: "Man wird dann mit Blick auf die veränderten Strukturen der Weltpolitik feststellen, dass es tektonische Verschiebungen gegeben hat, Verschiebungen, die auch damit zu tun haben, dass Länder wie beispielsweise China durch ihre Politik ganze erheblich dazu beitragen haben, dass die Finanzkrise überwunden wurde. Wenn man es etwas härter formuliert, muss man sagen, das kommunistische China leistet Beiträge dazu, den kapitalistischen Westen zu stützen."
Streitpunkt Menschenrechte
Dennoch läuft zwischen der EU und China nicht alles reibungslos. Die Menschenrechtssituation in China ist für die Europäische Union nach wie vor kritikwürdig. Bundeskanzlerin Merkel wird diesmal für die Nutzung der vorhandenen Instrumente wie den Menschenrechtsdialog und den Rechtsstaatdialog werben. "Die Thematik als solche darf auch nicht beiseite gelassen werden", sagt Sandschneider. Noch ist die Menschenrechtslage in China alles andere als erfreulich genug, um auf dieses Thema zu verzichten. Menschenrechte müssen auch in Zukunft Kernbestandteil des politischen Dialogs mit China bleiben."
Schließlich bleibt noch ein - aus chinesischer Sicht - ärgerliches Dauerthema: Nach der blutigen Niederschlagung der Studentenbewegung 1989 hatte die EU ein Waffenembargo gegen China verhängt, dessen Aufhebung wegen unterschiedlicher Standpunkte innerhalb der EU nicht in Sicht ist.