Festival der starken Frauen
1. März 2017Es ist eine eindrucksvolle Reise vom Senegal bis in die nigerianische Hafenmetropole Lagos, die der Film "Frontières" (deutsch: "Grenzen") der burkinischen Filmemacherin Apolline Traoré erzählt. Eher unfreiwillig schließen sich vier Frauen aus verschiedenen westafrikanischen Ländern zusammen, die sich während der langen und nervenaufreibenden Fahrt kennenlernen. Eine von ihnen ist die bissige Emma aus der Elfenbeinküste. Sie schmuggelt farbenfrohe Stoffe und finanziert somit das Studium ihrer Kinder.
Verkörpert wird Emma von der ivorischen Schauspielerin Naky Sy Savané. Sie ist begeistert, dass mit "Frontières" zum ersten Mal ein Film unter weiblicher Regie das weltbekannte Festival eröffnet: "Ich fühle mich sehr geehrt. Es ist eine Anerkennung für alle afrikanischen Frauen, die sonst immer im Schatten stehen."
Alltägliche Themen auf der großen Leinwand
Nicht nur der westafrikanischen Roadmovie - einer der Favoriten auf den Filmpreis "Étalon de Yennanga", der am Samstag (4. März) verliehen wird - stellt starke Frauen in den Mittelpunkt: Auf dem seit 1969 in Burkina Fasos Hauptstadt Ouagadougou stattfindendem Fespaco (Festival Panafricain du Cinéma et de la Télévision de Ouagadougou) waren weibliche Hauptfiguren nie so präsent wie heute. In den neun Sälen laufen Filme wie "Aisha" von Chande Omar aus Tansania oder "Félicité" vom franko-senegalesischen Regisseur Alain Gomis. Sie sind düster und der Ausgang ist nur bedingt glücklich. Gleichzeitig zwingen sie die Zuschauer dazu, sich mit Fragen wie Massenvergewaltigung und wirtschaftlicher Not alleinerziehender Frauen zu befassen.
Doch nicht alle Streifen sind so trist. Die junge Senegalesin Fatou Touré Ndiaye etwa widmet sich dem Thema Polygamie mit einem Augenzwinkern: "In unserer Gesellschaft ist es häufig und alltäglich." Eine gesellschaftliche Debatte gebe es darüber jedoch nicht. Ob ihr Kurzfilm "La Promesse" (deutsch: "Das Versprechen") diese auslösen kann, ist sich die Filmemacherin nicht sicher. Ohnehin sei es ihr wichtiger, zu zeigen, wie junge Frauen heutzutage mit dem Thema Polygamie umgingen: "Meine eigene Erfahrung hat es mir erst ermöglicht, den Film zu drehen."
"Frauen haben den Mut, Zäune einzureißen"
Allgegenwärtig sind in diesem Jahr jedoch nicht nur die Frauenfilme, sondern auch die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen rund um die Veranstaltungsorte. In der Nacht von Montag zu Dienstag gab es im Norden des Landes, in der Nähe der Stadt Djibou, zwei Anschlägen auf Polizeistationen. Seit einem Jahr kommt es vermehrt zu islamistischer Gewalt in Burkina Faso, betroffen sind vor allem die Grenzregionen im Norden.
Anders als bei dem Fespaco vor vier Jahren ist das Thema Terrorismus filmisch jedoch nur bedingt umgesetzt worden. Das gilt auch für das Thema Flucht nach Europa. Weitaus üblicher ist jedoch auch die Migration innerhalb der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS. Für Filmemacherin Apolline Traoré war auch das eine Motivation, "Frontières" zu drehen.
Wie kompliziert die Reisen sind, hat während des Drehs auch Schauspielerin Naky Sy Savané erlebt. An jeder Grenze werde nach Geld gefragt, was aufgrund der Reisefreiheit innerhalb der ECOWAS jedoch unzulässig ist: "Es gibt ja Gesetze, doch die werden nicht angewandt", resümiert die Schauspielerin deshalb. Umso wichtiger sei die weibliche Perspektive des Films - es seien schließlich oft die Frauen, die als Händlerinnen unterwegs sind: "Sie sind die Pfeiler der Integration und haben den Mut, alle Zäune einzureißen."
Das Entsetzen des Krieges
Mutig ist auch der Gynäkologe und Menschenrechtler Denis Mukwege aus dem Ostkongo: Mit dem Film "Der Mann, der die Frauen repariert" hat der Belgier Thierry Michel dem Mann, der gegen sexuelle Gewalt als Kriegsmittel kämpft, ein Denkmal gesetzt. Die Dokumentation, die bereits in zahlreichen Ländern gezeigt wurde, bietet für Michel eine Chance, die Zustände im Ostkongo dauerhaft zu verändern: "Wir haben den Film in den Machtzentren der Politik gezeigt, etwa bei den Vereinten Nationen, aber auch in den Parlamenten zahlreicher Länder. Es gab spannende Debatten." Eines sei jedoch bis heute nicht gelungen: "Im Kongo selbst geht die Gewalt weiter", so Michel. "Dort muss sich das Regime ändern und die Militärclique, die die Macht an sich gerissen hat, muss abdanken."
In Ouagadougou hinterlässt Michel ein Publikum, das verstört, geschockt und zugleich beeindruckt ist. Und das sieht, dass vor allem Frauen unter Kriegen und Krisen leiden.