Ewa Pajor: Mentalität einer "Wölfin"
5. Februar 2023"Unser Motto ist 'immer hungrig'. Wolfsburg will immer gewinnen, und ich liebe diese Mentalität. Wir wollen jedes Jahr jeden Titel gewinnen", sagt Ewa Pajor der DW. "Hier muss man in jeder Abteilung alles geben. Im Training, im Spiel. Es ist egal, gegen wen wir spielen." Bei einem Verein, der so erfolgreich ist, wie der VfL Wolfsburg, bleibt kein Platz für halbe Sachen. Die Mentalität der "Wölfinnen" ist einer der Gründe dafür, dass sie den deutschen Fußball seit 2013 dominieren. Und in dem Team voller ehrgeiziger Spielerinnen sticht Ewa Pajor mit ihrer Einstellung zum Fußball noch einmal heraus.
"Ich habe selten eine Spielerin gesehen, die in jeder einzelnen Trainingseinheit so viel gibt wie Ewa", sagte Wolfsburgs Trainer Tommy Stroot in einer Pressekonferenz gegenüber der DW. "Die Messlatte liegt für uns schon sehr hoch, wenn sie dann noch übertroffen wird, ist das unglaublich."
Die Tore von Ewa Pajor haben Wolfsburg in dieser Bundesliga-Saison in luftige Höhen katapultiert. Neunmal hat die Polin in neun Ligaeinsätzen getroffen. Im ersten Spiel nach der Winterpause beim SC Freiburg dauerte es keine fünf Minuten bis Pajor das 1:0 erzielte. Am Ende hieß es sogar 4:0. In einer Saison, vor der diskutiert wurde, ob der FC Bayern oder Eintracht Frankfurt das Titelmonopol der Wolfsburgerinnen in der Bundesliga angreifen könnten, haben sich die "Wölfinnen" einfach noch einmal gesteigert und stehen mit elf Siegen aus elf Spielen mit einem beruhigenden Punkte-Polster an der Spitze.
Enorme Entwicklung in knapp acht Jahren VfL
Eine zentrale Rolle nimmt dabei Pajor ein. Sie kam 2015 als 18-Jährige aus Polen nach Norddeutschland. Zwar brauchte sie eine gewisse Zeit, um sich einzugewöhnen, aber sie ließ sich schnell von der Philosophie des Vereins anstecken. Umgeben von etablierten Weltklasse-Spielerinnen wie Pernille Harder und Caroline Graham Hansen steigerte Pajor ihr Spiel, um mit ihren Teamkolleginnen mitzuhalten. In der Saison 2018/19 explodierte sie förmlich und wurde mit 24 Toren in nur 19 Ligaspielen Torschützenkönigin.
"Als ich hier ankam, habe ich einige wirklich starke Persönlichkeiten kennengelernt, wie Alexandra Popp, Anna Blässe und Nilla Fischer. Von ihnen habe ich gelernt", sagt Pajor heute im Gespräch mit der DW. "Und jetzt will ich dieses Wissen weitergeben."
Mittlerweile ist die 26-Jährige eine der dienstältesten Spielerinnen des VfL Wolfsburg und lebt ihre Rolle als Vorbild für die Mannschaft auf und neben dem Platz vor. Mit 109 Toren in 153 Spielen liegt sie derzeit auf Platz vier der ewigen Wolfsburger Torschützenliste und ist in dieser Saison sowohl in der Bundesliga als auch in der Champions League die beste Torschützin der "Wölfinnen".
"Perfektes Gesamtpaket"
Während ihr Torinstinkt Pajors gefährlichste Waffe ist, ist sie weit mehr als "nur" eine Torjägerin. Ihr Trainer Tommy Stroot bezeichnet sie als "perfektes Gesamtpaket". Pajor setzt die Gegnerinnen unter Druck, ihr Tempo ist bei Kontern tödlich, und ihre Dribblings aus der Tiefe schaffen Räume für ihre Mitspielerinnen. Selbst ihre Körpergröße von 1,67 Metern hält sie nicht davon ab, auch in der Luft eine Herausforderung für ihre Gegnerinnen zu sein.
Sie selbst sieht sich jedoch nicht als komplette Spielerin: "Es gibt noch so viele Dinge, die ich verbessern kann", sagt sie. "Ich denke, dass man in jedem Jahr, in jedem Training, in jedem Spiel immer alles noch besser machen kann. Meine Philosophie ist, dass ich mich noch verbessern muss - in allem"
Traumziel Champions-League-Sieg
Der Hunger nach Erfolg, den Pajor stellvertretend vorlebt, gepaart mit der finanziellen Unterstützung durch die Volkswagen AG haben den VfL Wolfsburg in den vergangenen zehn Jahren mit 16 Titeln an die Spitze des deutschen Fußballs gebracht. So ist Pajor seit ihrem Wechsel nach Wolfsburg bereits fünfmal deutsche Meisterin und sogar siebenmal DFB-Pokalsiegerin geworden - ein Titel fehlt ihr aber noch in ihrer Trophäensammlung: die Champions League.
Dreimal bereits war Pajor mit dem VfL nah dran, scheiterte aber 2016, 2018 und 2020 jeweils im Endspiel an Olympique Lyon. "Das tut sehr weh. Aber danach hat man die Erfahrung. Und unser Ziel ist es, in Eindhoven dabei zu sein und [dieses Jahr] das Finale zu gewinnen", sagt sie. "Wir werden uns auf uns selbst konzentrieren, hart arbeiten und diesen Schritt in Richtung unseres Ziels machen."
Wenn sie weiterhin so gut spielt und regelmäßig trifft wie zuletzt, dürfte Ewa Pajor wohl bald auch auf dem Wunschzettel mancher Klubs in England und Spanien stehen, die noch mehr Finanzkraft im Rücken haben als die Wolfsburgerinnen. Allerdings scheint sie momentan nicht daran interessiert zu sein, woanders Erfolg und Anerkennung zu finden.
"Ich habe mich in Wolfsburg von Anfang an wohl gefühlt. Das ist der beste Ort für mich, es ist die beste Mannschaft der Welt", meint sie. "Und ich bin gespannt auf unsere neuen Ziele. Ich bin so stolz, hier spielen zu dürfen." Worte, die auch ihr Trainer Tommy Stroot gerne hören dürfte. "Ewa hat einfach eine unglaubliche Einstellung und bringt sie jeden Tag ein", sagt er. "Wir sind sehr froh, dass wir sie haben."
Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.