Fahrplan für die Brexit-Gespräche steht
19. Juni 2017Eitel Sonnenschein herrschte zum Auftakt zwischen beiden Delegationen. Die Chef-Unterhändler überreichten sich sogar Geschenke: Der britische Brexit-Minister David Davis erhielt von EU-Verhandlungsführer Michel Barnier einen Wanderstock. Barnier hielt seinerseits ein Buch mit dem Namen des Himalaya-Bergs Annapurna in Nepal in der Hand.
Davis und der zwei Jahre jüngere Barnier sind für ihre Wanderleidenschaft bekannt. Vor einigen Wochen hatte der EU-Vertreter die Brexit-Verhandlungen mit einer Bergwanderung verglichen. Im Gebirge "lernt man einen Fuß vor den anderen zu setzen, weil der Weg steinig sein kann", sagte er. Wichtig sei, "den Gipfel immer im Blick zu behalten".
EU-Verhandlungsführer Barnier: "Faires Abkommen möglich"
Und der ist im Falle des Brexit die Scheidung zweier einstiger Weggefährten. Auf dem Weg dahin sind nun die ersten Schritte gemacht. "Heute haben wir die Termine, die Organisation und die Prioritäten der Verhandlungen vereinbart", sagte Barnier.
Demnach sollen zunächst die Rechte der durch den EU-Austritt betroffenen Bürger, die Finanzforderungen an Großbritannien sowie andere "Trennungsfragen" verhandelt werden, sagte der EU-Verhandlungsführer. Ziel müsse es sein, dass Großbritannien "in geordneter Weise" aus der EU austrete und Unsicherheit vermieden werde. Dabei sei "ein faires Abkommen möglich". Und dies sei besser als "kein Abkommen".
Briten kündigen Angebot für EU-Bürger an
Davis sprach von einem "viel versprechenden Start". Der Beginn der Verhandlungen am Montag sei aber nur "der Beginn einer Reise". Der Weg sei noch lang. Es sei aber nun klar, dass beide Seiten zusammenarbeiten wollten, es gebe "eine Menge Gemeinsamkeiten". Der britische Verhandlungsführer kündigte an, dass Premierministerin Theresa May beim EU-Gipfel diese Woche ein Angebot zum künftigen Status der 3,2 Millionen EU-Bürger in Großbritannien machen werde. Ein detailliertes Dokument werde dann am kommenden Montag von der britischen Regierung veröffentlicht.
Die EU fordert ein Bleiberecht für alle Betroffenen, die bereits fünf Jahre in Großbritannien leben. Zudem will sie Garantien mit Blick auf die Stellung im britischen Sozial- und Rentensystem. Dieselben Zusicherungen sollen dann auch für die 1,2 Millionen Briten in anderen EU-Ländern gelten.
Nordirland-Verhandlungen könnten länger dauern
Anders als von der EU angekündigt, tauchte die Nordirland-Frage nicht ausdrücklich unter den ersten Verhandlungspunkten auf. Davis sagte dazu, dies bedeute nicht, dass dieses Thema "zweitklassig" sei. Er erwarte aber, dass es bei den Regelungen für die EU-Bürger möglich sein werde, relativ schnell zu einer Vereinbarung zu kommen. Bei Nordirland könne es dagegen länger dauern.
Laut Barnier sind dabei die Bewahrung des Karfreitagsabkommens und die Durchlässigkeit der Grenze zwischen Irland und Nordirland aus Sicht der EU die drängendsten Fragen. Das Karfreitagsabkommen von 1998 hatte nach Jahrzehnten der Gewalt zwischen Protestanten und Katholiken den Weg für eine Einheitsregierung geebnet.
Raus aus Binnenmarkt und Zollunion
Auch der Austritt Großbritanniens aus dem Binnenmarkt und der Zollunion steht weiter auf der Agenda der britischen Delegation – trotz der Niederlage der regierenden Tories bei den vorgezogenenen Unterhauswahlen Anfang Juni. "Die Position hat sich nicht verändert", bekräftigte Davis. Denn ein Verbleib im Binnenmarkt bedeute, dass Großbritannien auch die Freizügigkeit in der EU akzeptieren müsse.
Barnier verwies darauf, dass angesichts der komplexen Gespräche bis zum britischen Austrittsdatum Ende März 2019 wenig Zeit bleibt. Ziel sei es, jeden Monat eine Woche Verhandlungen zu haben, sagte der Franzose zum Ablauf der Gespräche. Nach der Erklärung der britischen Regierung sind die Daten bis Oktober bereits festgelegt. Nach dem 17. Juli wird der 28. August, der 18. September und der 9. Oktober genannt.
Barnier will die komplexen Gespräche bis Oktober 2018 abschließen. Dies ist aus seiner Sicht nötig, damit eine Austrittsvereinbarung noch rechtzeitig vor dem EU-Austritt Großbritanniens Ende März 2019 ratifiziert werden kann.
ww/uh (dpa, afp)