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EU begrüßt Zyperns Machtwechsel

Ralf Bosen25. Februar 2013

Mit der Präsidentschaftswahl hat die überschuldete Mittelmeerinsel Zypern die politischen Weichen gestellt. Jetzt muss der neue Regierungschef Anastasiades dringende Reformen anpacken. Die EU ist bereit zu helfen.

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EU-Flaggen vor dem Brüsseler Amtsgebäude der EU-Kommission (Foto: Thierry Monasse/DPA)
Bild: picture-alliance/dpa

Nur kurz breitete er vor seinen Anhängern und den Kameras lächelnd die Arme aus, dann war der Moment des Glücks auch schon verflogen. Als das Wahlergebnis feststand, präsentierte sich Zyperns neuer Präsident Nikos Anastasiades als zurückhaltender Sieger. Die offensichtliche Botschaft war: Hier steht jemand, der Demut vor den schweren Aufgaben empfindet, die vor ihm liegen. Alles andere wäre angesichts der katastrophalen Lage Zyperns fehl am Platz gewesen. Schließlich muss der 66-jährige Regierungschef die von der Pleite bedrohte Inselrepublik durch die schwerste Finanzkrise der jüngeren Geschichte führen und vor dem Bankrott bewahren. Dies wird nur gelingen, wenn massiv gespart und gekürzt wird.

Der bisherige Oppositionsführer Anastasiades von der konservativen Partei Demokratische Sammlung (DISY) wird die Probleme nicht allein lösen können. Zypern braucht von der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) eine Finanzspritze von rund 17 Milliarden Euro. Mit dieser Hilfe sollen die Banken und die Staatsfinanzen stabilisiert werden. Nur noch bis Ende März ist nach offiziellen Angaben Geld in den Staatskassen. Bis dahin werden die anderen 16 Staaten der Euro-Zone und der IWF über ein Stützungspaket für das überschuldete Land entschieden haben. Anastasiades bleibt nicht viel Zeit, um die internationalen Geldgeber von seinen Reformplänen zu überzeugen. Immerhin kann er mit dem grundsätzlichen Wohlwollen von EU und IWF rechnen, denn er war deren heimlicher Favorit bei der Präsidentschaftswahl.

Zyperns neuer Präsident Nikos Anastasiades grüßt Umstehende mit einer Siegesgeste (Foto: EPA/dpa/KATIA CHRISTODOULOU)
Frisch gewählt: Nikos AnastasiadesBild: picture-alliance/dpa

Nähe zu Kanzlerin Angela Merkel

Der EU-Parlamentarier Jorgo Chatzimarkakis von der FDP ist sich sicher, dass Anastasiades der richtige Politiker ist, um die geforderten Reformen umzusetzen. Im Gespräch mit der Deutschen Welle weist er darauf hin, dass der neue Präsident die Unterstützung der konservativen Europäischen Volkspartei EVP hat. Es habe sich auch im Falle des griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras erwiesen, "dass die Nähe zur Bundeskanzlerin Merkel, die in dieser Volkspartei die wichtigste Figur ist, ganz entscheidend ist, um Reformen anpacken zu können." Die Unterstützung aus Europa war nach Einschätzung Chatzimarkakis' für viele Wähler auch ein Grund, für Anastasiades zu stimmen. "Mit dem Rückenwind aus Brüssel und Berlin wird er nicht darum herum kommen, wichtige Reformen anzupacken, bei denen sein Vorgänger Dimitris Christofias am Ende überfordert war."

Porträtaufnahme von Jorgo CHATZIMARKAKIS (Foto: n.a.)
Begrüßt den Wahlausgang: EU-Abgeordneter ChatzimarkakisBild: picture-alliance/dpa

Brüssel ist offensichtlich einverstanden, Zyperns steinigen Weg der Krisenbewältigung mitzugehen. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso erklärte, er habe dem Wahlsieger versichert, dass Europa bei der Lösung seiner Probleme helfen werde. Der Chef der Eurogruppe, der niederländische Finanzminister Jeroen Dijsselbloem, sagte, er hoffe auf einen baldigen Abschluss der Verhandlungen über mögliche Finanzhilfen. Die Eurogruppe sei bereit, "Zypern bei allen Reformen zu unterstützen, die die Wirtschaft wieder auf den Weg nachhaltigen Wachstums bringen."

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso während einer Rede (Foto:REUTERS/Yves Herman)
"EU wird helfen": Kommissionspräsident BarrosoBild: Reuters

Deutsche und Franzosen machen Druck

Weniger wohlwollend reagierten Regierungsmitglieder europäischer Schwergewichte wie Frankreich und Deutschland. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und sein französischer Amtskollege Pierre Moscovici forderten in einer gemeinsamen Erklärung unverhohlen, dass Zypern endlich handeln solle. Man sei zuversichtlich, dass die neue Regierung das Reformtempo "signifikant beschleunigen wird", heißt es in der öffentlichen Erklärung. Beide Politiker gehen davon aus, dass das Hilfspaket für Zypern bis Ende März geschnürt sein wird.

Die Finanzminister Schäuble und Moscovici reichen einander die Hände (Foto: REUTERS/Laurent Dubrule)
Zypern soll handeln: Finanzminister Schäuble und MoscoviciBild: Reuters

Dennoch müsse Anastasiades jetzt möglichst schnell Verlässlichkeit und Berechenbarkeit gegenüber seinen Euro-Partnern signalisieren, sagt Professor Heinz-Jürgen Axt, Südosteuropa-Experte der Universität Duisburg. "Das ist wichtig", erklärt Professor Axt im DW-Gespräch, "weil erhebliche Zweifel bestehen, ob in Zypern die finanziellen Dinge so geregelt werden - ich nenne nur das Stichwort Geldwäsche - dass sich die Europartner darauf verlassen können."  In einem nächsten wichtigen Schritt wird Anastasiades also das angeschlagene Image seines Landes aufpolieren müssen.

Das schlechte Image aufpolieren

Auch im deutschen Bundestag gibt es große Vorbehalte gegen ein Rettungspaket. Vertreter mehrerer Parteien fordern als Gegenleistung eine Verkleinerung des zyprischen Bankensektors und ein schärferes Vorgehen Zyperns gegen Geldwäsche. Vor allem die Sparer Nordeuropas sind bislang nicht damit einverstanden, dass ihr Geld als Garantie für das Vermögen russischer Oligarchen eingesetzt werden könnte, die nicht nur das sonnige Klima der Insel, sondern auch die Steuervorteile zu schätzen wissen.

Insofern sei es nachvollziehbar, erläutert Heinz-Jürgen Axt, dass man im Falle von Hilfszahlungen sicher sein wolle, "dass wir damit die wirtschaftliche Gesundung Zyperns vorantreiben und nicht, dass wir russischen Oligarchen die Gewinne mehren."

Professor Heinz-Jürgen Axt bei einer Rede (Foto: Baha Güngör/DW)
Fordert Verlässlichkeit: Heinz-Jürgen AxtBild: DW

Reichtum vor den Küsten

Experten meinen, man könne davon ausgehen, dass die EU Zypern nicht fallen lassen werde. Nach dem Griechenland-Schock überwiegt europaweit die Furcht, erneut ein Fass aufzumachen. Hinzu kommt, dass vor den Küsten Zyperns riesige Erdgas- und Erdölvorkommen entdeckt worden sind. Die will in der EU sicher niemand preisgeben.

Diese Bodenschätze könnten so wertvoll sein, dass Zypern sehr rasch "von einem Transaktionsplatz und einer wunderschönen Insel zu einem wichtigen, vielleicht dem wichtigsten Lieferanten von Erdgas für ganz Europa aufsteigen könnte", prognostiziert der EU-Parlamentarier Chatzimarkakis. Deswegen sei Zypern geostrategisch von enormer Bedeutung für die gesamte Europäische Union.