Einreise-Verbot für Aufreißer-Guru?
20. November 2014Er bezeichnet sich selbst als Aufreiß-Künstler ("Pick-up-Artist"). In Workshops und Seminaren erklärt Julien Blanc seinen Kunden zweifelhafte Aufreißpraktiken. Das Ziel: Frauen verführen. In mehreren Ländern fordern seine Kritiker ein Einreiseverbot gegen den selbsternannten Dating-Coach. Sie empfinden Blancs Methoden als gewalttätig. Ausgangspunkt der Proteste ist ein im Internet verbreitetes Video, in dem der US-Bürger in Tokio auf offener Straße fremde Frauen packt und sie an seinen Schoß drückt.
"Wenn Sie ein weißer Mann [in Japan] sind, können Sie machen, was Sie wollen", erklärt Blanc in dem Video. "Schnappen Sie sie einfach … und ziehen Sie sie an sich heran. Sie lacht dann und kichert. Alles was Sie dann tun müssen, ist 'Pikachu', 'Pokémon', 'Tamagotchi' oder etwas Ähnliches zu rufen."
Blanc schlägt wegen seiner Methoden seit Wochen Protest aus den sozialen Medien entgegen. Er ermutige Männer dazu, erniedrigende Verhaltensweisen einzusetzen, um Frauen gefügig zu machen, sagen seine Kritiker. Er bringe Männern Selbstvertrauen im Umgang mit Frauen bei, sagt hingegen der gebürtige Schweizer. "Möglicherweise kommt es dann zu einer Beziehung", so Blanc in einemInterview mit dem US-Sender CNN. Der 25-Jährige räumte allerdings ein, dass Sex das Ziel seiner Kampagne sei und bezeichnete sich als der wohl "meistgehasste Mann der Welt".
Auf Twitter hat Blanc unter dem Hashtag #HowToMakeHerStay ein Bild zweckentfremdet, dass ein Wohlfahrtsverband dafür verwendet, Frauen über häusliche Gewalt aufzuklären. Auf einer Art Kompass wird über verschiedene Stufen physischen und psychischen Missbrauchs informiert. Das Bild könne ebensogut eine Checkliste sein, um eine Frau zum Bleiben zu bewegen, schrieb Blanc. Ein anderer seiner Hashtags lautet "ChockingWomenAroundtheWorld", Frauen rund um die Welt würgen. Inzwischen ist Blancs Twitter-Account geschützt. Seine Nachrichten können nur noch von den Nutzern gesehen werden, denen er selbst folgt.
Petitionen zu Einreise-Verboten
Die Empörung gegen Blancs Auftritte hat inzwischen konkrete Folgen für seine Arbeit, die er weltweit feilbietet. In Australien wurde sein Visum nach den heftigen Protesten bereits am 6. November zurückgezogen. Tausende Unterzeichner warfen Blanc darin vor, zu "Gewalt und emotionalem Missbrauch" gegen Frauen aufzurufen. "Für diesen Kerl stand ein abfälliger Umgang mit Frauen im Vordergrund, und so etwas wird in unserem Land verabscheut", erklärte der australische Minister für Immigration, Scott Morrison, dem Sender Sky News.
Auch Japan, Kanada, Brasilien und Großbritannien haben Blanc bereits die Einreise verweigert. Das britische Innenministerium untersagte Blanc am 19. November, das Vereinigte Königreich zu betreten."Die Anwesenheit von Julien Blanc im Vereinigten Königreich hätte dazu führen können, dass die Fälle von sexueller Gewalt und Belästigung zunehmen", erklärte die britische Innenstaatssekretärin Lynne Featherstone.
Auch in Deutschland regt sich Widerstand gegen die Auftritte Blancs. Mehr als 150.000 Unterschriften kann die "No Rape Promo"-Petition aufweisen, die seine Einreise verhindern will. "Die Inhalte von Blancs Seminaren sind ein offener Aufruf zur Misshandlung und Erniedrigung von Frauen", sagt die Münchener Stadträtin Lydia Dietrich (Bündnis90/Die Grünen). Sie fordert nicht nur, dessen geplante Auftritte in München zu verhindern, sondern auch ein generelles Einreiseverbot für den umstrittenen Dating-Coach. "Das Grundrecht der Meinungsfreiheit lässt viel Raum. Doch dieses Grundrecht endet da, wo es dazu missbraucht wird zu Straftaten aufzurufen und Frauen ihrer Menschenwürde zu berauben", so Dietrich in einer Pressemitteilung.
Ein Einreiseverbot für Julien Blanc in Deutschland hält allerdings selbst ein Sprecher der Grünen in München für höchst unwahrscheinlich, da Blancs Veranstaltungen trotz ihrer Inhalte keine Gewaltgefahr für die Öffentlichkeit darstellen würden. Er glaube, dass das für Dezember in München geplante Seminar einfach von einem anderen Aufreiß-Coach von Blancs Arbeitgeber, Real Social Dynamics (RSD), durchgeführt werde, so der Sprecher.
Frauenfeindlichkeit vs. Redefreiheit
Einige Anhänger Blancs verteidigen seine umstrittenen Lehrveranstaltungen, die Kritiker als Teil der sogenannten Vergewaltigungskultur (Rape Culture) bezeichnen, einer Kultur, in der sexuelle Gewalt und Vergewaltigung weitgehend toleriert werden. "Die überwältigende Mehrheit der Stellungnahmen waren natürlich gegen Blanc", sagt der Urheber der Facebook-Seite Take down Julien Blanc, Mike Burke, im Gespräch mit der DW. "Leider gibt es aber eine generelle Unterstützung für Julien Blanc und RSD, auch wenn diese Stimmen eine winzige Minderheit ausmachen." Einige von Blancs Befürwortern seien schlicht frauenfeindlich, während andere die Proteste als eine feministische Kampagne abtun, ergänzt Burke.
Ein Einreiseverbot für Julien Blanc würde dessen Recht auf freie Meinungsäußerung einschränken, sagen wiederum andere Befürworter des selbsternannten Dating-Gurus. "Einem Mann, der keine Verbrechen begangen hat, ein Visum zu verweigern, wäre eine unglaubliche Ungerechtigkeit", heißt es etwa in der petition on change.org.