Eine diplomatische Lösung für Palästina?
22. September 2011US-Präsident Barack Obama steckt in einer Zwickmühle: Bei der UN-Generalversammlung vor einem Jahr hatte er den Palästinensern einen eigenen Staat in Aussicht gestellt - den fordern diese nun ein. Und damit sorgen sie für eine diplomatische Achterbahnfahrt in New York. "Aber ich habe auch gesagt, dass solch ein Staat nur durch Verhandlungen mit Israel erreicht werden kann", betont Obama jetzt. "Das mag dauern. Aber es gibt keine Abkürzung. Frieden ist harte Arbeit!", sagte der US-Präsident als Redner der diesjährigen Generaldebatte im UN-Hauptquartier am New Yorker East River.
"Unerschütterlich"
Viele seien frustriert, "ich auch", bekannte Obama. "Die Palästinenser haben schon zu lange gewartet." Aber niemand könne einen Staat fordern und einem anderen das selbe Recht absprechen. "Israel ist ein kleines Land, das von vielen Feinden umgeben ist. Seine Bürger sterben durch Bomben in Bussen oder durch Raketen. Unser Eintreten für Israels Sicherheit ist unerschütterlich."
Am Mittwochabend (21.09.2011, Ortszeit) traf Obama zu einem Gespräch mit Abbas zusammen. Doch dieser ließ sich nicht umstimmen: Abbas will am Freitag UN-Generalsekretär Ban Ki Moon den Aufnahmeantrag überreichen, damit ihn dieser an den Sicherheitsrat weiterleitet. Dort müssen die Palästinenser neun der 15 Mitglieder auf ihre Seite ziehen, darunter alle fünf Veto-Mächte. Weil die Vereinigten Staaten eine Vollmitgliedschaft der Palästinenser ohne eine Verhandlungslösung mit Israel jedoch ablehnen, werden der Initiative keine Chancen eingeräumt.
Anderer Status?!
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy schlug als Kompromiss vor, die Palästinenser vorerst zwar nicht als Vollmitglied aufzunehmen, aber ihren Status aufzuwerten. Bisher sind sie einfache Beobachter. Mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit der UN-Vollversammlung könnten sie zum "beobachtenden Nicht-Mitgliedsstaat" aufsteigen. Die Palästinenser könnten sich dann in UN-Organisationen wählen lassen. Ein Stimmrecht hätten sie allerdings nicht.
Sarkozy forderte weiter einen klaren Fahrplan: Innerhalb eines Monats müssten die Verhandlungen wieder beginnen, in sechs Monaten müsse eine Einigung über die Grenzen her und in zwölf ein Friedensvertrag.
Hinter den Kulissen wird bereits ein anderer Kompromiss diskutiert. Demnach könnten die Palästinenser am Freitag zwar tatsächlich wie geplant die Vollmitgliedschaft beantragen. Das Ersuchen könnte aber erst einmal auf Eis gelegt und weiterverhandelt werden. Vertreter der palästinensischen Delegation in New York deuteten an, dass sie mit diesem Kompromiss leben könnten. Hätte Abbas aber nicht die Vollmitgliedschaft beantragt, "hätten wir den Eindruck vermittelt, dass wir es nicht ernst meinen", sagte der Sprecher der Delegation, Nabil Shaath.
"Zurückhaltung und Weisheit"
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon appellierte an den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, verantwortungsbewusst auf den Vorstoß der Palästinenser zu reagieren. Ban habe Netanjahu aufgefordert, "mit Verantwortung, Zurückhaltung und Weisheit" zu handeln, sagte ein UN-Sprecher. Der Generalsekretär habe seine Unterstützung für einen Palästinenserstaat bekräftigt, aber auch seine Einschätzung, dass der Weg dorthin ausschließlich über Verhandlungen laufen könne.
Auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle betonte: "Einen dauerhaften Frieden wird es nur über Verhandlungen geben", nicht aber durch Konfrontation. Zum deutschen Vorgehen - falls es zu einer Abstimmung über eine Vollmitgliedschaft der Palästinenser kommen sollte - hielt sich Westerwelle bedeckt. Deutschland werde sich erst festlegen, wenn klar sei, wo, wann und was abgestimmt werde. "Vorzeitige Festlegungen würden unsere diplomatischen Spielräume einengen."
Autor: Christian Walz (dpa, afp, rtr, dapd)
Redaktion: Frank Wörner