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Bankentest

23. Juli 2010

Eine Krisenübung für Banken sorgt in Europa für viel Aufregung. Vertrauen soll wiederhergestellt werden. Doch der Test ist umstritten. Heute werden die Ergebnisse vorgestellt.

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Rote Ampel vor der Skyline des deutschen Finanzzentrums Frankfurt (Foto: AP)
Rot? Oder alles im grünen Bereich bei den Banken?Bild: AP

Im Grunde genommen geschieht in Europas Bankenbranche derzeit etwas völlig Normales. Denn es ist keineswegs eine außerordentliche Übung, Banken oder Versicherer in einer Art Sandkasten-Manöver bestimmte Krisenszenarien durchspielen zu lassen. Man simuliert eine Extremsituation, beispielsweise einen Börsencrash und schaut, welche Auswirkung das auf die Kapitalausstattung der Institute hat. Nur: In der Vergangenheit wussten am Ende nur die Aufsichtsbehörden und die jeweilige Bank selbst, wie man dabei abgeschnitten hatte. Einen ähnlich gelagerten Test mussten 2009 die 19 größten US-Banken durchlaufen, zehn von ihnen mussten anschließend mehr Eigenkapital beschaffen.

Streit um die Veröffentlichung

Ein Karnevalswagen zeigt die Karikatur eines bettelnden Bankiers (Foto: AP)
So ähnlich könnte der Stresstest ausgesehen haben ...Bild: AP

Die Aufregung um den aktuellen Stresstest, die in den vergangenen Tagen zu verzeichnen war, ist zwei Umständen geschuldet: Zum einen der Tatsache, dass gleich 91 Institute aus ganz Europa auf den Prüfstand mussten. Und zum Zweiten sollen die Ergebnisse des Tests veröffentlicht werden. Der Grund dafür ist in Spanien zu suchen. Dort machten zuletzt immer wieder Gerüchte die Runde, wonach einige Institute, vor allem wichtige Sparkassen, massive Probleme hätten. Um diesen Gerüchten die Grundlage zu entziehen, preschte das Land vor und kündigte an, die Ergebnisse der Tests zu veröffentlichen. Das passte den Kollegen in Frankfurt, London und anderswo zunächst gar nicht. Denn es gibt schlicht Zahlen, die behält ein Finanzinstitut gerne für sich. Zum Beispiel, wie stark man in Staatsanleihen von kriselnden Ländern wie etwa Griechenland engagiert ist.

Keine einheitliche Grundlage

Das Bankenviertel in Deutschlands Finanzmetropole Frankfurt (Foto: AP)
Das Bankenviertel in Deutschlands Finanzmetropole FrankfurtBild: AP

Nun aber wird veröffentlicht, am Freitagabend (23.07.2010). Durch Transparenz soll Vertrauen wieder hergestellt werden, damit sich die Banken wieder uneingeschränkt ihrer wichtigsten Rolle zuwenden können: Die Wirtschaft mit Geld zu versorgen. Nur mit dem Vertrauen ist das so eine Sache, wenn schon die Vergleichbarkeit des Tests nicht gegeben ist: Vor allem das wichtigste Kriterium - die sogenannte Kernkapitalquote. Diese Quote errechnet sich, indem man die eigenen Mittel einer Bank teilt durch die Summe bestimmter riskanter Positionen, in diesem Fall Kredite, die Kunden gewährt worden sind. Das Problem: Diese wichtige Kennzahl ist von Land zu Land unterschiedlich definiert. Das macht den Test nach Ansicht von Branchenbeobachtern zu einer Mogelpackung.

Welches Szenario im aktuellen Test genau durchgespielt wurde, ist nur in Umrissen bekannt. Simuliert wurde ein Konjunktureinbruch in Verbindung mit Verwerfung an den Anleihemärkten. Auch Abschreibungen auf sogenannte toxische Wertpapiere wurden einbezogen. Am Ende musste eine Bank trotz aller sich daraus ergebenden Belastungen eine Kernkapitalquote von sechs Prozent aufweisen. Schafft ein Institut das nicht, so wird es nicht gleich geschlossen: Aber es wird von der Aufsichtsbehörde seines Landes die klare Auflage erhalten, seine finanzielle Basis zu stärken.

Optimismus in Europa

Logo der Hypo Real Estate Bank in München (Foto: AP)
Schwer angeschlagen und wohl auch durchgefallen: die HRE-BankBild: AP

Europaweit gab man sich im Vorfeld der Stresstest-Bekanntgabe optimistisch. Ob Frankreichs Notenbankchef oder Griechenlands Finanzminister, ob deutscher Bankenverband oder britische Finanzkreise: Allesamt verkündeten in den letzten Tagen, das die Banken die Test bestehen werden und man keine böse Überraschungen erwarte. Von der Deutschen Bundesbank hieß es, man erwarte eine Beruhigung der Finanzmärkte. Einzig die mit staatlichen Milliarden gestützte Skandalbank Hypo Real Estate (HRE) werde wohl durchfallen, soviel ist zumindest durchgesickert. Doch das wird keine große Rolle spielen, zumal längst geplant ist, demnächst toxische Papiere der HRE in Höhe von über 200 Milliarden Euro in eine sogenannte Bad Bank auszulagern.

Neue Aufsicht dringender denn je

Was der Test in jedem Fall deutlich macht: Die Vereinigung der europäischen Bankenregulierer, CEBS, mit Sitz in London, ist für solch umfassende Maßnahmen gar nicht ausgestattet, weder mit Ressourcen noch mit Befugnissen. Das lässt sich nur beheben, wenn sich die Europäer wirklich auf eine Bankenaufsichtsbehörde EBA einigen können. Im Moment noch ist die Reform zwischen den EU-Staaten und dem Europäischen Parlament umstritten. Vielleicht hilft der jetzige Stresstest zumindest insoweit, dass die neue Aufsichtsbehörde tatsächlich zu Beginn des neuen Jahres seine Arbeit aufnehmen kann.

Autor: Henrik Böhme
Redaktion: Rolf Wenkel

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