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Ein Schock für Zagreb?

21. April 2005

Weltbank und IWF stellen Kroatien offenbar neue Bedingungen. Solange nicht ein neues Stand-by-Arrangement mit dem IWF unterzeichnet ist, würden keinesfalls die Beitrittsverhandlungen mit der EU aufgenommen.

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Gegenwind aus WashingtonBild: AP

Dem kroatische Finanzminister Ivan Suker wird seine diesjährige Frühjahrsreise nach Washington sicherlich im Gedächtnis bleiben. Neben dem vielen Lob, dass das offizielle Zagreb von Weltbank und Internationalem Währungsfonds wegen der Verringerung des Defizits von 6,3 Prozent im Jahre 2003 auf 4,9 Prozent im Jahr 2004 erhielt, wurde Kroatien in der größten politischen Hauptstadt der Welt noch eine Bedingung gestellt, ohne deren Erfüllung nichts laufe. Denn die Vertreter der Europäischen Union und der oben erwähnten Finanzinstitutionen haben Suker in Washington diskret zur Kenntnis gebracht, dass die EU die Verhandlungen mit Kroatien nicht aufnehmen wird, solange Zagreb das neue Stand-by-Arrangement mit dem IWF nicht unterzeichnet hat.

Stand-by-Arrangement wichtiger als Gotovina?

Suker wurde offenbar schlicht erklärt, dass die Hauptbedingung für den Beginn der Aufnahmeverhandlungen mit der EU nicht mehr die sei, ob sich der untergetauchte General Ante Gotovina vor dem UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag einfindet oder nicht. Sondern ob die Regierung in Zagreb die geforderte finanzielle Disziplin zu Stande bringt, indem sie die In- und Auslandsschulden konsolidiert und das Defizit weiter auf vier Prozent reduziert. Diese Nachricht, dass nämlich Gotovina nicht mehr an der Spitze der Rangliste steht, war von niemandem aus dem kroatischen diplomatischen Corps in Amerika dementiert worden, obgleich sie schon seit zwei Tagen unter den Journalisten zirkulierte. Auch wenn die Auslieferung Gotovinas weiterhin als einer der wichtigsten Gradmesser für die Einschätzung des Niveaus der kroatischen Kooperation mit der internationalen Gemeinschaft bleibt.

Noch keine klaren Antworten aus kroatischer Sicht

Tatsächlich hat Finanzminister Suker in Washington nur kurz mit den Journalisten gesprochen. Und in New York, wo er die Vereinten Nationen und die Börse an der Wall Street besuchte, schien es, als ob er vor den Journalisten richtiggehend fliehe. Dem Korrespondenten des Kroatischen Programms der Deutschen Welle gelang es gerade eben zwei konkrete Fragen zu stellen. Ob denn nach seinem Aufenthalt in Washington nun die Frist bis zur Aufnahme der Gespräche mit der EU praktisch verlängert worden sei? Oder anders, ob die Voraussetzung einer Unterzeichnung des neuen Stand-by-Arrangements bedeute, dass Kroatien ernsthaft erst im Sommer 2006 mit der EU reden könne? Denn dann laufe das jetzige Arrangement mit der Weltbank aus.

Reformen umsetzen um Kroatiens willen

Auf diese Fragen konnte oder wollte Suker weder in Washington noch in New York antworten, aber es ist eindeutig, dass er mit einem übervollen diplomatischen Koffer nach Zagreb zurückkehrt. Darin stecken wenig Geschenke, aber viele Aufgaben. Neben all dem ist klar, dass Reformen nach dem Rezept des IWF oft bedeuten, dass die Letzten in der Kette den Gürtel enger schnallen müssen und dass sie vor allem das Gesundheits- und Rentensystem nicht umschiffen dürfen. Genau diese beiden Segmente stellen die Hauptbelastungen im kroatischen Haushalt dar. Dennoch hat Minister Suker den Journalisten dargelegt, dass Kroatien weitere Anstrengungen unternehmen werde, um die Reformen umzusetzen und das nicht wegen des IWF oder der Europäischen Union, sondern "für uns selbst und für unsere Zukunft."

Zagreb setzt auf amerikanische Partner

Sukers Worte stimmen natürlich ziemlich mit den parallelen Äußerungen seines Chefs, Ministerpräsident Ivo Sanader, überein. Er erklärte, während sein Finanzminister noch in Amerika weilte, er erwarte, dass es der EU "gelingen wird, unsere amerikanischen Partner davon zu überzeugen, dass Kroatien den Grundsätzen der Demokratie und den europäischen Standards treu ergeben ist. Ebenso dem Rechtstaat, in dem niemand außerhalb des Gesetzes steht und dass für jeden in Kroatien die kroatischen sowie die internationalen Gesetze Gültigkeit haben."

Regierung in Entscheidungsnot

Das hat, soweit man es hier erfahren konnte, auch Minister Suker in Washington gebetsmühlenartig wiederholt. Aber - wie es aussieht - nicht glaubwürdig genug. Denn vielleicht hat auch Ministerpräsident Sanader letztlich nicht gewusst, was nach den Gesprächen mit Weltbank und IWF das Beste für seine Regierung sein mag. Ob man das bestehende Stand-by-Arrangement ohne Verlängerung zu Ende führt, ob man dass bestehende Arrangement verlängern sollte oder ob man ein völlig neues Stand-by-Arrangement aushandeln sollte, bevor das jetzige ausläuft? Wie es im Übrigen auch der Weltwährungsfonds fordert.

Erol Avdovic, New York
DW-RADIO/Kroatisch, 21.4.2005, Fokus Ost-Südost