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Ein "neuer Anlauf" bei der Integrationspolitik

Bernd Gräßler17. Februar 2006

Die Integration von Migranten in die deutsche Gesellschaft ist eine wichtige Aufgabe. Doch Einbürgerungstests helfen da wenig, meint Maria Böhmer, die neue Integrationsbeauftragte der Bundesregierung.

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Maria BöhmerBild: picture-alliance / dpa/dpaweb

In der 7. Etage des Kanzleramtes sitzt Maria Böhmer und empfängt Journalisten im Halbstundentakt. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung ist eine gefragte Interviewpartnerin: zum einen, weil sie neu im Amt ist, zum anderen, weil das Verhältnis der Deutschen zu Migranten stets ein Thema ist. Dazu kommt der Streit um die Mohammed-Karikaturen; für die 55-jährige Katholikin ein Anlass, über den Umgang mit Religionen in unserer säkularisierten Welt nachzudenken: "Wir sollten in einer sehr stark säkularisierten Welt noch einmal darüber nachdenken, was bedeutet Religiosität, was bedeutet auch Achtung vor religiösen Symbolen und auch die Sensibilität im Umgang mit den Gefühlen von religiös sehr stark geprägten Menschen. Jetzt ist eine Diskussion aufgebrochen, und ich glaube sie wird uns insgesamt gut tun, um uns zu besinnen, was sind Werte, was sind Traditionen."

Einbürgerungskurse

Das gehöre zum verantwortungsbewussten Umgang mit Pressefreiheit, meint Maria Böhmer. Sie ist CDU-Führungsmitglied und Vorsitzende der christdemokratischen Frauenunion, war Vize-Fraktionsvorsitzende der Union im Bundestag. Ihre Ernennung zur Integrationsbeauftragten ist eine klare Aufwertung des Amtes. Kanzlerin Merkel hat die Parteifreundin zur Staatsministerin ernannt und direkt im Kanzleramt angesiedelt. Die multikulturellen Wunschvorstellungen der rot-grünen Vorgängerregierung hätten nicht zum Ziel geführt, man brauche dringend einen neuen Anlauf, meint die neue Frau im Amt, das es seit 1978 gibt.

Die Pädagogikprofessorin will vor allem, dass die Migranten besser Deutsch lernen, das sei lange vernachlässigt worden. Und wer als Ausländer deutscher Bürger werden wolle, solle Einbürgerungskurse wie in den USA mitmachen. Dort gebe es eine Einbürgerungsfibel und Kurse zur Verfassung, Geschichte, und Kultur des Landes. "Denn, wer hier nicht nur leben und arbeiten will, sondern Ja sagt zur deutschen Staatsbürgerschaft, will sich damit ja auch identifizieren, ohne dass man seine eigenen Wurzel kappt, und ich finde, wir sollten dabei eine solche Hilfestellung geben", meint Böhmer.

Neidvoller Blick nach Frankreich

Im Unterschied zu ihren Parteifreunden in der Landesregierung von Baden-Württemberg hält die Integrationsbeauftragte viel von Kenntnisvermittlung, wenig jedoch von einem Test, der Gesinnung abfragt, beispielsweise was man von Homosexualität halte. Da die Einbürgerung jedoch jeweils Ländersache ist, kann sie nur hoffen, dass sich die Hardliner unter den Innenministern der 16 Bundesländer nicht durchsetzen. Anstrengen will sich die kinderlose und ledige Politikerin, Ausbildungsplätze und Jobs für Jugendliche aus Migrantenfamilien zu suchen. Hier blickt sie neidvoll auf einen Nachbarn Deutschlands: in Frankreich engagierten sich die Unternehmen viel mehr für junge Zuwanderer.

"Ich habe Gespräche aufgenommen mit den Wirtschaftsverbänden, bin jetzt am Pakt von Regierung und Wirtschaft für Ausbildung beteiligt", sagth Böhmer. "Wir wollen dort das Thema Migration zu einem Schwerpunktthema machen, und ich will auch mit großen Unternehmen in Deutschland sprechen." In Frankreich etwa gebe es eine Charta der Vielfalt, in der sich Unternehmen verpflichten, gerade Jugendliche mit Migrationshintergrund einzustellen, ihnen bessere berufliche Chancen zu geben. "Das ist ein gutes Vorbild", sagt sie.

Der Unterstützung durch die Integrationsbeauftragte bedürfen auch jene rund 200.000 Ausländer, die sich seit Jahren ohne Aufenthaltserlaubnis in Deutschland aufhalten, aber aus unterschiedlichen Gründen nicht in ihre Heimat abgeschoben werden können. Flüchtlingsorganisationen fordern ein Bleiberecht für jene, die schon länger als fünf Jahre in Deutschland sind. Maria Böhmer unterstützt das, aber mit Einschränkungen: Die Betroffenen müssten selbst für sich sorgen können und dürften dem Staat nicht zur Last fallen. Deshalb will sie ihnen eine befristete Aufenthaltserlaubnis geben und damit die Chance, sich legal Jobs in Deutschland zu suchen. Wenn es denn welche gibt.