1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Frag den Snowden!

24. Januar 2014

Normalerweise meidet Edward Snowden öffentliche Stellungnahmen. Umso ungewöhnlicher war nun eine Fragestunde, in der der NSA-Enthüller seine Antworten live auf einer Internetseite veröffentliche.

https://p.dw.com/p/1AwNi
Edward Snowden artifiziertes Porträt Poster (Foto: picture alliance/ZUMA Press)
Bild: picture alliance/ZUMA Press

Der Skandal um den US-Geheimdienst NSA lässt weder Washington noch Edward Snowden los. Reform des Dienstes oder Abschaffung? Wie viele Daten darf der Geheimdienst sammeln? Seit Wochen beschäftigt sich die US-Regierung von Präsident Barack Obama damit, setzt Kommissionen ein und befragt Experten. Auch Ex-US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden, der die NSA-Spähaffäre ins Rollen gebracht hat, gibt nun seine Meinung über die Zukunft der NSA zum Besten - in einer Fragerunde im Netz. Für eine Stunde beantwortete er Fragen, die zuvor über den Kurznachrichtendienst Twitter unter dem Hashtag #AskSnowden gestellt worden waren.

Screenshot Twitter Asksnowden (Foto: Twitter.com)
Bild: twitter.com

Demnach hält Snowden eine Reform des Geheimprogramms für durchaus möglich. "Wir können die Gesetze korrigieren, den Überschwang der Dienste einschränken und die hohen Beamten, die für diese widerrechtlichen Programme verantwortlich sind, zur Rechenschaft ziehen", schreibt er auf der für ihn eingerichteten Webseite freesnowden.is. Der Geheimdienst-Enthüller unterstreicht die Kritik einer US-Datenschutzkommission an dem NSA-Programm zur Sammlung von Telefondaten: "Es gibt einfach keine Begründung dafür, eine verfassungswidrige Politik fortzusetzen, die eine Erfolgsrate von null Prozent hat." Die Bürger wissen vielleicht nicht mehr, wo sie am 12. Juni 2009 essen gewesen seien, aber die Regierung wisse es. Doch wozu?

Präzise Regeln und Kontrollen

Gleichzeitig betont Snowden, dass nicht alle Spionage schlecht sei. Das größte Problem sei die neue Technik der "allgemeinen Massenüberwachung, bei der Regierungen jeden Tag Milliarden über Milliarden von Daten über die Kommunikation Unschuldiger sammeln." Die NSA und der Rest der US-Geheimdienste seien vorzüglich dafür ausgerüstet, die nachrichtendienstlichen Aufgaben mit gezielter Überwachung zu erfüllen - ohne jedoch die gesamte Bevölkerung zu überwachen.

Der Ex-Geheimdienstler hält internationale Regeln zur Einschränkung von Spionage für besonders wichtig. "Niemand sollte kritische Infrastruktur wie Krankenhäuser oder Stromversorger hacken", antwortet Snowden auf die eingesandten Fragen. Verschlüsslung sei immer noch ein wirksamer Schutz. Korrekt eingesetzte, starke Verschlüsslung funktioniere. "Worüber Sie sich Sorgen machen müssen, sind die Endgeräte", meint Snowden.

Wohl keine Rückkehr in die Heimat

Der NSA-Enthüller hat offenbar geringe Hoffnung, in die USA zurückzukehren. Es sei leider angesichts der derzeitigen Gesetze zum Schutz von Whistleblowern nicht möglich. Er könne sich nicht damit verteidigen, dass er im öffentlichen Interesse gehandelt habe. Das sei in dem Anti-Spionage-Gesetz von 1917, unter dem er angeklagt ist, nicht vorgesehen. "Das ist besonders frustrierend, weil es heißt, dass ich keine Chance auf ein faires Gerichtsverfahren habe. Ich bin mir dessen bewusst, dass mein Leben direkt bedroht ist, aber ich werde mich davon nicht einschüchtern lassen." Seit seiner Flucht steht Snowden in den USA massiv als Verräter in der Kritik. Experten vermuten, dass dies auch ein Grund für seine öffentliche Fragestunde war, um den Anschuldigungen und Gerüchten entgegenzutreten.

Warten auf Snowden

US-Justizminister Eric Holder hatte zuvor im Nachrichtensender MSNBC bekräftigt, dass die USA zu einer Amnestie für Snowden nicht bereit seien. Eine Begnadigung "ginge zu weit", erklärte Holder. Die US-Regierung könne sich aber eine "Unterhaltung" mit dem Ex-Geheimdienstmitarbeiter vorstellen, wenn dieser seine Verantwortung für die Weitergabe von Staatsgeheimnissen einräume. Auf weitere Details ging Holder nicht ein.

Gegen den Geheimdienst

Snowden war als Angestellter des Beratungsunternehmens Booz Allen Hamilton für den US-Geheimdienst NSA tätig gewesen und hatte Zugriff auf vertrauliche Informationen über die Spähprogramme. Ende Mai 2013 setzte er sich mit den Geheimdokumenten von seinem damaligen Dienstort Hawaii in die chinesische Sonderverwaltungszone Hongkong ab. Dort begann er damit, Unterlagen über die systematische Überwachung des Internets und das Ausspähen von Telefonverbindungen an Medien weiterzugeben.

Für die einen ein Verräter, für die anderen ein Held

Die Enthüllungen über das Ausmaß der US-Spähprogramme sorgten weltweit für Empörung. Die US-Justiz erließ gegen Snowden einen internationalen Haftbefehl wegen Spionage. Er floh nach Russland und verbrachte mehr als einen Monat im Transitbereich eines Moskauer Flughafens. Anfang August gewährte ihm die russische Regierung Asyl für ein Jahr.

nis/rb (dpa, afp, freesnowden.is)