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Die Koalition will die Wogen glätten

Heiner Kiesel19. Februar 2014

Wer wusste wann Bescheid darüber, dass Sebastian Edathys beschuldigt wurde, Bilder nackter Kinder gekauft zu haben? Das wollte der Bundestagsinnenausschuss jetzt wissen. Als erster musste BKA-Chef Ziercke Auskunft geben.

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Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy (Foto: dpa)
Der ehemalige Bundestagsabgeordnete Sebastian EdathyBild: picture-alliance/dpa

Politiker der SPD und der Union äußerten sich zufrieden über die erste Runde der Befragungen im Innenausschuss des Bundestages. Die SPD-Abgeordnete Eva Högl bezeichnete die Sitzung als "sehr ruhig und konzentriert". Es sei deutlich geworden, dass viele Personen schon zu einem frühen Zeitpunkt darüber informiert waren, dass der Name ihres Parteikollege Sebastian Edathy auf den Kundenlisten eines Kinderporno-Anbieters aufgetaucht sei.

In dem Gremium wurde zunächst der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, befragt. Ausschussvorsitzender Wolfgang Bosbach (CDU) sagte, dass er keine Fehler in der Arbeitsweise der Behörde sehen könne. Zierck habe, so der Unionspolitiker, glaubhaft machen können, dass er keine sachverwandten Informationen in einem Telefonat an die SPD weitergegeben habe.

Edathy-Affäre: Vertrauenskrise in Koalition

Wurde Edathy gewarnt?

Dieser Verdacht war durch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann aufgeworfen worden. Oppermann hatte Ziercke angerufen, nachdem der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich die SPD-Führung davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass auf Edathy Schwierigkeiten zukommen könnten.

Die Sitzung des Bundestags-Innenausschusses war mit Spannung erwartet worden. Es geht in der Sache darum, dass Edathy möglicherweise gewarnt worden war und unter Umständen Beweismittel hat beseitigen können. Bosbach ist überzeugt: "Er hatte einen Tippgeber." Dann steht die Frage im Raum, ob Oppermann Ziercke möglicherweise ein Dienstgeheimnis entlocken wollte. Dem widersprach Ziercke jedoch offenbar im Ausschuss. "Das soll ein Gespräch ohne Zielrichtung gewesen sein, bei dem Oppermann Ziercke eigentlich nur über seinen Kenntnisstand informiert hat, das klingt für uns wenig schlüssig", kommentierte Sitzungsteilnehmer Konstantin von Notz (Grüne) Zierckes Aussage. SPD-Politikerin Högl sieht das aber anders: "Beide, Oppermann und Ziercke, haben sich völlig korrekt verhalten."

Hohe Ansprüche

Bisher hatte es seitens der Union harsche Kritik vor allem an Oppermann gegeben. Hintergrund ist, dass dieser öffentlich gemacht hatte, dass Friedrich sein Wissen mit der SPD geteilt hat - worauf der CSU-Politiker von seinem Folgeamt als Bundesagrarminister hatte zurücktreten müssen. Mit der wohlwollenden Aufnahme der Darstellung des Telefonats zeigte sich Bosbach friedlicher als noch zuvor. Die Hoffnung der Koalitionäre ist, dass die Arbeit im Ausschuss dazu dienen könnte, die Wogen zu glätten und das Vertrauen der Regierungsparteien ineinander wieder zu stärken. Bosbach warnte vor den Folgen mangelnder Transparenz: "Wenn heute gemauert wird, wenn drumherum geredet wird, wenn nicht Klartext gesprochen wird, dann werden die Rufe nach einem Untersuchungsausschuss immer lauter."

Kein Fehlverhalten Oppermanns

"Geht es heute darum, sich reinzuwaschen, oder geht es darum, klar Schiff zu machen?", fragte der Obmann der Linken, Frank Tempel, im Umfeld der Sitzung skeptisch. Der Grünen-Politiker Konstantin von Notz warnte seine Kollegen aus den Regierungsparteien davor, die Befragungen im Innenausschuss als Mittel zur Wahrung des Koalitionsfriedens zu sehen. "Therapiegespräche bitte nicht hier." Das Gremium sei dafür da, parlamentarische Aufklärungsarbeit zu leisten.

Umfangreiche Einladungsliste

Im Laufe dieses Dienstags sollen auch Innenstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche, Oppermann und die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD, Christine Lambrecht, zu ihrer Version der Vorgänge Auskunft geben. Später werden auch der SPD-Parteivorsitzende Sigmar Gabriel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sowie Innenminister Thomas de Maizière (CDU) im Innenausschuss erscheinen. Ex-Agrarminister Friedrich hat eine Aussage abgelehnt.

Der CSU-Abgeordnete und innenpolitische Sprecher der Union, Stephan Mayer, betonte aber, dass der Ausschuss "kein Tribunal und kein Ermittlungsausschuss" sei und es darum ginge, "die Wogen zu glätten". Das war auch das Ziel eines Gesprächs unter sechs Augen von Bundeskanzlerin Merkel, SPD-Chef Gabriel und dem CSU-Parteivorsitzenden Horst Seehofer am Dienstagabend.

Debatte auch im Bundestagsplenum

Der Innenausschuss trifft sich hinter verschlossenen Türen, aber bei einer Aktuellen Stunde im Bundestag debattierten die Abgeordneten über das Thema Edathy und die Bundesregierung öffentlich. Dabei bemühten sich die Regierungsparteien darum, den Fokus auf die künftige strafrechtliche Behandlung des Handels mit nicht eindeutig pornografischen Bildern nackter Kindern zu lenken. Mayer nannte es das Wesentliche in dem Vorfall. "Es ist eine Affäre des ehemaligen Kollegen Edathy", sagte er. Mayer sprach von "unappetitlichen Bildern" von Kindern und forderte dazu auf, den Straftatbestand der Kinderpornografie entsprechend zu verschärfen. Auch Burkhard Lischka SPD bezeichnete eine Grauzone in der Kinderpornographie als "nicht hinnehmbar".

Die Oppositionsparteien wollten hingegen Klarheit darüber, welches Verhältnis die Regierung zum Rechtsstaat einnimmt. Irene Mihalic vom Bündnis90/Die Grünen sieht die Institutionen des Staates in einer Vertrauenskrise durch die Weitergabe der Informationen durch Friedrich an die SPD. Linken-Politiker Dietmar Bartsch warnte vor einem Abdriften in eine "Gurkenrepublik".