"Digital-Euro": Wie sinnvoll wäre die virtuelle Währung?
28. Juni 2023Am Mittwoch hat EU-Kommissarin Mairead McGuinness, zuständig für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion, den europäischen Regierungen und dem EU-Parlament Vorschläge zum digitalen Euro und den Gesetzen, die den rechtlichen Rahmen dafür definieren, vorgelegt.
Damit ist es aber noch nicht getan. Denn auch, wenn die nationalen Regierungen und das EU-Parlament den Vorschlägen zustimmen, kommt es letztlich auf die Europäische Zentralbank (EZB) an. Sie entscheidet, ob ein digitaler Euro eingeführt wird oder nicht. Laut der EZB wird sie eine endgültige Entscheidung zum Digital-Euro im Herbst treffen.
Was ist der Digital-Euro?
Es soll mit dem Digital-Euro eine Währung für den Online-Handel oder generell für den elektronischen Zahlungsverkehr geben. Laut McGuiness wäre die Digitalwährung eine "Ergänzung" des existierenden, "physischen" Euro.
Es würde sich dabei um eine ausschließlich digitale Währungsform handeln, die nicht in Bargeld umgetauscht werden könnte. Der Unterschied zwischen dem Digital-Euro und einer Online-Transaktion mit dem herkömmlichen Euro: Transaktionen mit Digital-Euro können nur elektronisch ausgeführt werden, alle "alten" Online-Banking-Zahlungen können dagegen weiterhin in Bargeld gewandelt werden.
Sowohl der digitale wie auch der "physische" Euro würden von der EZB garantiert. Vorgesehen ist, dass Kunden den Digital-Euro bei Geschäftsbanken kaufen und auf ein separates Konto einzahlen können.
Was bezweckt die Union?
Das Aufkommen von Kryptowährungen und Zahlungsplattformen von Drittanbietern haben die Debatte darüber angeheizt, ob Zentralbanken eigene digitale Zahlungsmittel einführen sollten oder nicht. So befürchteten nicht wenige EU-Politiker, die Bedeutung der EZB würde untergraben, als Facebook 2019 laut darüber nachdachte, eine eigene virtuelle Währung zu etablieren.
Im Jahr darauf begann die EZB mit öffentlichen Konsultationen zur Einführung eines Digital-Euro. Seit inzwischen zwei Jahren prüfen die Währungshüter verschiedene Modelle und untersuchen User-Anforderungen, um herauszufinden, wie ein Digital-Euro in der Praxis funktionieren könnte. Eine solche Währung, so die Union, könnte "die Ziele des Eurosystems unterstützen, indem sie den Bürgern Zugang zu einer sicheren Form von Geld in einer sich schnell verändernden digitalen Welt bietet".
Ein Digitaleuro könnte die technologischen Vorteile digitaler Zahlungsmethoden nutzen, ohne den Risiken und der Volatilität, die mit anderen Zahlungsmitteln verbunden sind, ausgesetzt zu sein. "Das ist der große Unterschied zu bestehenden privaten digitalen Währungen wie Krypto-Assets", sagte McGuinness im April vor dem Europäischen Parlament. "Ein digitaler Euro wäre sicher und solide."
Die EU gibt noch einen weiteren Grund für eine virtuelle Währung an: Den allgemein sinkenden Gebrauch von Bargeld in der Union. Nach EZB-Angaben sank der Anteil der Barzahlungen in Verkaufstransaktionen von 79 Prozent im Jahr 2017 auf 59 Prozent im vergangenen Jahr. Die Zentralbanker erwarten, dass sich dieser Trend in den nächsten Jahren beschleunigen wird.
Die EU weist auch auf die zunehmende Verwendung sogenannter Stablecoins hin. Dabei handelt es sich um Krypto-Assets, die an andere Währungen gekoppelt sind. Laut McGuinness will die EU in diesem Bereich eigene Lösung finden, damit nicht Stablecoins oder digitale Währungen anderer Zentralbanken die Lücke füllen können. Besonders Chinas Planungen zur Einführung eines digitalen Renminbi hat in dieser Hinsicht Anlass zur Sorge gegeben.
Wie sieht der Gesetzesentwurf aus?
Die EU will die bevorstehende Gesetzgebung auf die Rechtmäßigkeit des digitalen Euro sowie auf Fragen des Datenschutzes und der Finanzstabilität konzentrieren.
Der Gesetzesentwurf ist vorab bereits durchgesickert - mehrere Medien berichteten darüber. Laut der Nachrichtenseite Coindesk soll die Nutzung des digitalen Euro kostenlos sein und keine Zinsgebühren erhoben werden und er werde ab dem ersten Tag der Nutzung für bargeldartige Offline-Zahlungen zur Verfügung stehen.
Es sei auch geplant, den digitalen Euro von Anfang an sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmen verfügbar sein.
Ist das wirklich nötig?
Die EU verfolgt das Projekt, obwohl viele Kritiker meinen, es sei überflüssig. Markus Ferber, Sprecher der Fraktion der Europäischen Volkspartei im Europäischen Parlament, sagte, die Gesetzgebung sehe technisch solide aus, aber sie beantworte nicht die Frage nach dem "Warum".
Andere verweisen auf den teilweise dramatischen Wertverlust von Kryptowährungen. Das deute darauf hin, dass sie keine Bedrohung mehr für die Zentralbanken darstellten.
Die Banken selbst waren alles andere als begeistert. Der Europäische Bankenverband befürchtet, dass die Schaffung eines solchen Systems zu einem Bank-Run führen könnte: Bankkunden würden den digitalen Euro mit ihrem regulären Euro kaufen, da sie ihn in Krisenzeiten als sicheren Hafen betrachten würden. Vor diesem Hintergrund wird angenommen, die EZB könnte erwägen, die Summe digitaler Euro, die von einer Person gehalten werden kann, zu begrenzen - etwa auf 3000 €.
Wie geht es weiter?
Die Europäische Kommission hat vorgeschlagen, dass ein digitaler Euro bis 2026 oder 2027 als Zahlungsmittel zugelassen werden könnte. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg.
Die Finanzminister der Eurogruppe debattieren seit zwei Jahren über das Thema. Einige haben befürchten, sie könnten die Einführung eines digitalen Euro für die Bürger in der gesamten Union kaum rechtfertigen, da die bestehenden Online- und digitalen Zahlungssysteme beliebt sind und bereits gut funktionieren.
Wenn der Gesetzesentwurf auf breite Zustimmung stößt und es keine größeren Widerstände gibt, wird die Europäische Zentralbank entscheiden, ob sie das Projekt weiter vorantreibt oder nicht. Nach ihren Angaben würde die nächste Phase "die Entwicklung integrierter Dienste sowie die Durchführung von Tests und möglichen Live-Experimenten eines digitalen Euro umfassen. Diese Phase könnte etwa drei Jahre dauern."
Dieser Beitrag wurde aus dem Englischen adaptiert.