EZB bereitet digitalen Euro vor
14. Juli 2021Die Europäische Zentralbank hat eine wichtige Weiche für die mögliche Einführung eines digitalen Euro gestellt. Die Währungshüter beschlossen am Mittwoch, die Entwicklung einer digitalen Version der Gemeinschaftswährung zu starten, wie die EZB in Frankfurt mitteilte.
"Wir stehen am Beginn der Ära des digitalen Geldes", so Fabio Panetta, Direktoriumsmitglied der EZB in einem Blogbeitrag. "Zentralbanken können diese Entwicklungen nicht außer Acht lassen. Daher hat der Rat der Europäischen Zentralbank heute den offiziellen Start eines Projekts beschlossen, mit dem die mögliche Einführung eines digitalen Euro vorbereitet wird."
Entscheidung in zwei Jahren
Diese Untersuchungsphase soll nun 24 Monate dauern. Dabei sollen Kernfragen wie die Ausgestaltung und die Verteilung eines digitalen Euro geklärt werden. Bislang hatte es bei der EZB dazu lediglich Vorarbeiten gegeben.
"Dies greift einer künftigen Entscheidung über die mögliche Ausgabe eines digitalen Euro nicht vor, die erst später erfolgen wird", bekräftigte die Notenbank in Frankfurt. "In jedem Fall würde ein digitaler Euro das Bargeld ergänzen, nicht ersetzen."
Rund um den Globus prüfen derzeit Notenbanken die Einführung digitaler Versionen ihrer Währungen, um ihren Zahlungsverkehr zu modernisieren. Dabei spielt auch die drohende Konkurrenz durch Cyberwährungen internationaler Technologiekonzerne, wie etwa das geplante Kryptogeld Diem von Facebook, eine wichtige Rolle.
Für jeden ein Konto bei der EZB
Ein digitaler Euro, bisweilen auch "E-Euro" genannt, soll im Prinzip eine elektronische Version von Euroscheinen und -münzen sein. Die Einführung würde bedeuten, dass Bürger und Unternehmen erstmals ein Guthaben direkt bei der EZB haben können. Das könnte womöglich sicherer sein als bei Geschäftsbanken oder das Geld unter dem Kopfkissen zu horten.
Die EZB verspricht, dass mit einem digitalen Euro alltägliche Zahlungen "schnell, einfach und sicher" sein sollen. Der Zugang soll kostenlos sein, Zahlungen könnten beispielsweise via Smartphone oder Karte erfolgen. Damit könnte die in Frankfurt am Main ansässige Zentralbank auch mit ausländischen Zahlungsdienstleisters wie Visa oder Mastercard und Diensten wie Paypal konkurrieren - in diesem Segment sind bislang keine starken europäischen Akteure präsent.
Europa hinkt der Entwicklung noch hinterher
Die Corona-Pandemie hat der zunehmenden Abkehr vom Bargeld einen weitere Schub verliehen, wobei vor allem in Deutschland die Menschen noch vergleichsweise gern mit physischen Scheinen oder Münzen zahlen. Außerdem will es die EZB vermeiden, bei digitalen Währungen zurückzufallen - nicht nur mit Blick auf die Kryptowährung Bitcoin, sondern auch auf Projekte wie Facebooks Komplementärwährung Diem, vormals als Libra bekannt.
Auch den Anschluss an andere Zentralbanken, die ebenfalls Digitalwährungsprojekte an den Start gebracht haben, will die EZB nicht verlieren. Denn wenn viele Menschen ihr Geld in Digitalwährungen außerhalb der Einflusssphäre der Euro-Notenbanker stecken, könnte dies theoretisch sogar Auswirkungen auf die Wirksamkeit der geldpolitischen Maßnahmen der Währungshüter haben.
Sogenannte Central Bank Digital Currencies (CBDC) spielen unter anderem für die Zentralbanken in den USA, in Großbritannien, China und Japan eine Rolle.
Die meisten Betriebe freuen sich schon
Einer Umfrage des Digitalverbands Bitkom zufolge sprechen sich derzeit drei von vier Unternehmen für die Einführung eines digitalen Euro aus. 78 Prozent aller Firmen ab 50 Beschäftigten befürworteten in einer Erhebung einen solchen Schritt, wie Bitkom am Mittwoch in Berlin mitteilte. Für die Umfrage seien 652 Unternehmen aller Branchen in Deutschland befragt worden.
"Andere Nationen sind bei digitalem Zentralbankgeld schon weiter und haben bereits Pilotprojekte gestartet. Wir müssen unser Tempo erhöhen, um diesen Vorsprung aufzuholen", sagte Bitkom-Hauptgeschäftsführer Bernhard Rohleder. Der digitale Euro sei ein ganz zentrales Element einer digital souveränen EU. Die Deutsche Kreditwirtschaft, der Zusammenschluss der deutschen Bankenverbände, hatte sich erst unlängst für einen digitalen Euro stark gemacht.
Risiken bleiben
Einige Beobachter befürchten allerdings, Privatkundenbanken könnten durch eine digitale Währung geschwächt werden, wenn viele Bürgerinnen und Bürger statt auf klassische Konten verstärkt auf den digitalen Euro setzten. In Krisenzeiten könnte dieses Risiko nochmals ansteigen, wenn Sparer einen möglichst sicheren Hafen für ihr Geld suchen.
Außerdem muss die EZB in Betracht ziehen, welche Anforderungen an den Datenschutz nötig sind und wie sich Geldwäsche verhindern lässt.
Die womöglich größte Herausforderung könnte nach Einschätzung von Deutsche-Bank-Analystin Heike Mai sein, wie sich Nutzer davon überzeugen lassen, zu einer neuen Bezahlmethode zu wechseln, die sich von den existierenden kaum unterscheidet.