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Die chancenlose Hoffnung Nigerias

Adrian Kriesch, Jan-Philipp Scholz (Lagos)25. März 2015

Oluremi Sonaiya will Präsidentin Nigerias werden - und alles anders machen als ihre Vorgänger. Keine Korruption, keine falschen Versprechen ans Volk. Doch ihre Partei kann sich schon den Wahlkampf nicht leisten.

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Oluremi Sonaiya
Bild: DW/J.-P. Scholz/A. Kriesch

"The Promise" steht in großen Buchstaben über dem kleinen Restaurant am Flughafen von Lagos - "Das Versprechen". Drinnen sitzt Oluremi Sonaiya auf einem Plastikstuhl, ihr gegenüber zwei junge Wahlkampfhelfer, die eifrig auf ihren Laptoptastaturen tippen. Leere Versprechen hat Sonaiya eigentlich satt, zu viele hat sie in ihrem Leben von Politikern gehört. Aber sie hat nur kurz Zeit zwischen zwei Terminen und das Flughafen-Restaurant mit dem verheißungsvollen Namen liegt auf dem Weg.

Sonaiya ist Professorin für französische Linguistik. Sie hat lange im Ausland geforscht, in Deutschland, Frankreich und den USA. 30 Jahre hat sie an der Obafemi Awolowo University in südwestnigerianischen Ile-Ife gelehrt und beobachtet, wie die Qualität der Ausbildung immer schlechter wurde. "Irgendwann habe ich realisiert, dass ich mehr dagegen tun muss. Und das konnte ich als Professorin an der Uni nicht", sagt die 59-Jährige und trinkt einen Schluck Tee. "Also musste ich mich entscheiden."

Screenshot von remisonaiya.com
"Kein Pate, keine Geldsäcke" - Sonaiya’s Wahlspruch auf ihrer WebsiteBild: remisonaiya.com

Wut auf die nigerianische Politik

2010 zog sich Sonaiya aus dem Universitätsleben zurück und trat der kleinen Partei KOWA bei. Diese hatte sich ein Jahr zuvor gegründet. Heute, so schätzt Sonaiya, zählt die Partei etwa 10.000 Mitglieder. Für die Wahlen am 14. Februar 2015 ist sie die Präsidentschaftskandidatin. Ihr Kernthema ist soziale Gerechtigkeit, hierüber hat Sonaiya schon mehrere Bücher und Artikel veröffentlicht. Es ärgert sie, dass Nigeria so rohstoffreich ist und trotzdem mehr als die Hälfte der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze lebt. Sonaiya ist wütend auf die Spielregeln der nigerianischen Politik. "Eine reine Männerdomäne", sagt sie, in denen sogenannte "Ogas", die mächtigsten Männer im Land, Geschäfte machen. Präsident Goodluck Jonathan ist Millionär. Aliko Dangote, nigerianischer Unternehmer und mit einem Vermögen von mehr als 20 Milliarden Dollar der reichste Afrikaner, hat seinen Erfolg vor allem seinen guten Kontakten in die Politik zu verdanken. Zwischen den beiden mächtigsten Parteien - der People’s Democratic Party (PDP) und dem All Progressive Congress (APC) - wechseln seit Monaten Politiker je nach Erfolgsaussichten die Seiten.

Ungleicher Wahlkampf

Sonaiyas Mini-Partei will stärkere demokratische Strukturen aufbauen, junge Leute wieder für Politik begeistern. Bei Demola Okeowo ist ihr das bereits gelungen. Der 27-Jährige leitet die Jugendorganisation der Partei. Beiden ist klar: eine ernsthafte Chance haben sie nicht. Ihr Wahlkampfteam besteht aus knapp 20 Leuten. PDP und APC fliegen mit mehreren Privatjets zu gigantischen Wahlkampfveranstaltungen im ganzen Land, tapezieren ganze Städte mit ihren Plakaten. In den nigerianischen Medien ist kaum von den anderen zwölf Parteien die Rede, die zur Wahl zugelassen sind. "Wandel ist ein Prozess, nicht nur eine Veranstaltung", sagt der junge Unternehmer Okeowo. "Ich glaube, dass mein Land langfristig mit jedem kleinen Schritt, den wir machen, besser wird."

Demola Okeowo Foto: Scholz/Kriesch
Wahlkampfunterstützer Demola Okeowo: "Wandel ist ein Prozess, nicht nur eine Veranstaltung"Bild: DW/J.-P. Scholz/A. Kriesch

Die einzige weibliche Kandidatin

Die Ziele der Partei würden wohl die meisten Nigerianer unterschreiben: Bekämpfung von Boko Haram und Korruption, Wirtschaftswachstum und eine Verbesserung der Stromversorgung. Die Schriftstellerin Lola Shoneyin kritisiert jedoch, dass Sonaiyas Partei keine konkreten Lösungen für die komplexen Probleme des Landes habe. Trotzdem bewundert Shoneyin den Mut der Kandidatin. "Das ist ein lobenswerter Schritt, als Frau für den wichtigsten Posten eines Landes zu kandidieren", so Shoneyin, die den Wahlkampf genau beobachtet. "Ich kenne Frauen, die das nicht machen könnten, weil ihre Männer ihnen sagen würden: Nein."

Die zweifache Mutter und Großmutter Remi Sonaiya kann auf die volle Unterstützung ihrer Familie setzen. Ihr Mann, ebenfalls ein Universitätsprofessor, sei ihr größter Fan. Während ihrer Zeit als Forschungsstipendiatin der Alexander-von-Humboldt-Stiftung in Berlin habe sie sich vom Selbstbewusstsein vieler Frauen dort inspirieren lassen. "Wenn eine deutsche Frau sagt: 'Ich kann nicht mehr!', dann meint sie das auch - und man sollte sie lieber in Ruhe lassen", sagt Sonaiya und lacht. "Soweit sind die nigerianischen Frauen noch nicht. Aber es ändert sich langsam und ich hoffe, dass mein Beispiel dazu beiträgt."