Deutschland weist libysche Diplomaten aus
13. April 2011Der Vorgang ist in seiner Art äußerst selten. Fünf libysche Diplomaten wurden am Mittwoch (13.04.2011) vom Auswärtigen Amt in Berlin des Landes verwiesen. Ihnen wird vorgeworfen, Druck auf in Deutschland lebende Landsleute ausgeübt zu haben.
Botschafter Jamal Ali Omar El-Baraq wurde einbestellt. Dabei sei ihm mitgeteilt worden, dass die Betroffenen innerhalb von sieben Tagen das Land verlassen müssten, sagte Außenamtssprecher Andreas Peschke und fügte hinzu, ihm sei "in der jüngeren Vergangenheit kein vergleichbarer Fall bekannt", in dem eine so große Gruppe von Diplomaten ausgewiesen worden sei.
Verstöße gegen die Regeln
Zugleich betonte er, dass sich die Ausweisung "rein an fachlichen und diplomatischen Kriterien" orientiere. Es gebe "hinreichende Anhaltspunkte" dafür, dass sich die Betroffenen "regelwidrig" verhalten hätten.
Seit langem schon wirft der Bundesverfassungsschutz dem libyschen Auslandsgeheimdienst und anderen Vertretern des Regimes in Tripolis nachrichtendienstliche Aktivitäten in Deutschland vor. Im wesentlichen geht es um die Bespitzelung und Ausspähung libyscher Oppositioneller.
Familienangehörige in Gefahr
Unter anderem würden libysche Asylbewerber mit islamistischem Hintergrund angeworben, so der Vorwurf. Diese würden meist mitmachen, weil sie befürchteten, dass sonst ihre Familienmitglieder in der Heimat unterdrückt würden, heißt es im Verfassungsschutzbericht von 2009.
Die deutsche Bundesregierung war für ihre Enthaltung bei der Abstimmung über den Militäreinsatz in Libyen im UN-Sicherheitsrat Mitte März heftig kritisiert worden, sowohl im Parlament in Berlin als auch international. Durch die Enthaltung habe sich Deutschland gegenüber seinen Verbündeten USA, Frankreich und Großbritannien ins Abseits begeben, hieß es.
Für Deutschland gibt es nur eine politische Lösung
Außenminister Guido Westerwelle hatte stets betont, mit militärischen Mitteln sei der Konflikt in Libyen nicht zu lösen. Beim Treffen der Libyen-Kontaktgruppe in Katar bekräftigte er, Machthaber Muammar al-Gaddafi habe "jegliche Legitimität" verloren, für das eigene Volk zu sprechen.
Der scheidende FDP-Chef sah sich nach bald einem Monat Krieg in der Meinung bestätigt, dass nur eine "politische Lösung" möglich sei. Immer mehr Länder - auch diejenigen, die für das militärische Engagement eingetreten seien - hätten erkannt, dass es keine militärische Lösung geben werde, so Westerwelle. Auch NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen forderte in Doha einen "politischen Prozess".
Aufständische diskutieren mit
Wie dieser aussehen könnte, sollte bei diesem ersten Treffen der vor zwei Wochen gegründeten Kontaktgruppe diskutiert werden. Ihr gehören etwa 20 Staaten und internationale Organisationen an, darunter die Vereinten Nationen, die NATO und die Arabische Liga, aber auch die Gaddafi-freundliche Afrikanische Union. Auch Vertreter des Übergangsrats der Aufständischen sitzen mit am Tisch.
Indes gehen die Meinungen darüber auseinander, wie ein diplomatischer Ausweg aus dem Blutvergießen in Nordafrika aussehen könnte. Einig sind sich die meisten lediglich darin, dass es für Gaddafi - oder auch seine Söhne - keine politische Zukunft geben darf. Doch die Frage, ob der "Revolutionsführer" nach vier Jahrzehnten weg sein muss, bevor ein Dialog überhaupt erst beginnen kann, ist strittig.
Rebellen mit mehr Waffen versorgen?
Auch über Forderungen, die Aufständischen mit Waffen zu beliefern, herrscht Uneinigkeit. "Wir müssen alle möglichen Mittel für ihre Verteidigung bereitstellen", verlangte ein Sprecher des italienischen Außenministeriums in Rom. Auch der Kronprinz des Gastgeberlandes Katar, Scheich Tamim ben Hamad el Thani, forderte, das libysche Volk müsse Mittel zu seiner Verteidigung erhalten.
Belgien dagegen wandte sich umgehend dagegen: "Die UN-Resolutionen sehen vor, die Zivilisten zu schützen, nicht, sie zu bewaffnen", sagte der belgische Außenminister Steven Vanackere. Am Ende verständigte man sich darauf, die Fragen zu prüfen. Ein nächstes Treffen soll in Italien stattfinden.
Autorin: Eleonore Uhlich (dpa, rtr, afp)
Redaktion: Thomas Grimmer