"Deutschland mit Flüchtlingen nicht überfordert"
18. Juli 2015Es sei "inakzeptabel" und eine "Schande für Europa", dass rund 40 Prozent der Asylbewerber in Deutschland aus Staaten des Westbalkans kommen, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ). Er betonte, es sei das Wichtigste, deren Anzahl "drastisch zu reduzieren".
Gelingen solle dies durch den Aktionsplan zur Beschleunigung der Asylverfahren. Dieser sieht unter anderem vor, dass bis zu 2000 neue Stellen im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge geschaffen werden. Zudem sollen Asylbewerber, deren Anträge abgelehnt worden sind, konsequenter in ihre Heimatländer zurückgeführt werden. "Hätten wir das heute schon alles umgesetzt, würden wir im ersten Halbjahr von 80.000 Asylbewerbern weniger sprechen und hätten auch eine ganz andere Stimmung im Land", sagte der Innenminister der FAZ.
Mehr Flüchtlinge aus Kriegsgebieten
De Maizière rechnet damit, dass Deutschland für "etliche Jahre mit hohen Flüchtlingszahlen aus Krisengebieten" rechnen muss. "Solange die großen Krisen in Syrien und Irak anhalten", sei dies der Fall.
Im ersten Halbjahr 2015 haben nach Angaben des Ministeriums mehr als 179.000 Menschen einen Asylantrag in Deutschland gestellt, darunter fast 34.500 Syrer als größte nationale Gruppe. Auf den Plätzen zwei bis vier folgten Antragsteller aus dem Kosovo, Albanien und Serbien. Asylanträge von Menschen aus diesen Balkanstaaten haben selten Aussicht auf Erfolg, weil sie in der Regel nicht als politisch Verfolgte gelten.
De Maizière sagte in dem FAZ-Interview, er würde - wenn es dafür eine Mehrheit im Bundesrat gäbe - sofort einen Gesetzentwurf einbringen, um die Kategorie der sicheren Herkunftsländer zu erweitern. Viele Deutsche hätten kein Verständnis dafür, dass so viele Asylbewerber aus Westbalkanstaaten kämen. "Dass die Menschen kritische Fragen stellen, ist doch absolut verständlich", sagte der CDU-Politiker.
Brandserie in Flüchtlingsheimen
Allerdings, so de Maizière: "Gegen Angriffe auf Flüchtlingsunterkünfte müssen wir klare Kante zeigen." Alle müssten sich daran beteiligen, dass Flüchtlinge aus Krisenregionen eine Unterkunft bekommen. "Keiner soll sagen können: 'Bei mir aber nicht.' Als reiches Land sind wir da im Vergleich überhaupt nicht überfordert, wohl aber herausgefordert."
In den vergangenen Monaten hatte es in Deutschland wiederholt Anschläge auf Asylbewerberheime und geplante Unterkünfte gegeben. Allein in der Nacht zum Samstag gab es zwei Brände: Einen in einem Flüchtlingsheim im unterfränkischen Waldaschaff bei Aschaffenburg und einen in einer geplanten Unterkunft in Remchingen-Singen bei Karlsruhe. Verletzt wurde niemand. Die Polizei schließt fremdenfeindliche Motive nicht aus. Auch im bayerischen Reichertshofen hatten Unbekannte am Donnerstag einen Brandanschlag auf eine geplante Flüchtlingsunterkunft verübt.
nem/rb (afp, epd, dpa)