Der geschmuggelte Frosch in der Filmspule
25. Juli 2005Die Asservate der Zollbehörden an den deutschen Flughäfen gleichen einem Museum für seltene Tiere und Pflanzen. "Wenn ich an unsere Asservatenkammer denke, fällt mir als erstes ein riesiger ausgestopfter Krokodilkopf ein", erzählt Christina Kolodzeiski, Pressesprecherin des Zollamtes am Flughafen Frankfurt. Nebenan stehen andere Skurrilitäten, wie etwa ein ausgestopfter Cayman mit Golfbag auf dem Rücken. Ein Krokodil mit Sonnenbrille rekelt sich in einem Sonnenstuhl.
Schuld daran ist der andauernde Schmuggel mit geschützten Arten. Laut Franz Böhmer vom Bundesamt für Naturschutz in Bonn gibt es drei Tätergruppen: Touristen, Sammler und Händler. Für das Jahr 2005 rechnet das Bundesamt mit 1400 bis 1500 entdeckten Fällen.
Die Kreativität der Sammler scheint unendlich
Für Sammler von geschützten Arten geht es schlicht darum, ihre Sammlung einer bestimmten Art zu komplettieren. Die weltweit geltenden Artenschutzbestimmungen kümmern sie dabei kaum. Da die Sammler um die Illegalität ihrer Handlungen wissen, legen sie eine beachtliche Kreativität in der Wahl ihrer Verstecke an den Tag. Kleine Reptilien werden kurzerhand in ausgehöhlten Videokassetten aufbewahrt, Wildkatzenfelle als Bettvorleger getarnt und Schildkröten anstatt Chips in die Dosen gesteckt. Ein belgischer Sammler erregte 2004 beim Zoll Aufsehen, er hatte in einer umgebauten Filmspule kleine Pfeilgiftfrösche versteckt.
Sammler passen ihre Reisezeiten dem Biorhythmus der Pflanzen an. So werden zum Beispiel die Wuchsphasen der jeweiligen Pflanze beachtet, um die Chancen einer erfolgreichen Verpflanzung in Deutschland zu erhöhen. "Oft ändern die professionellen Sammler auch ihre Routen, legen Zwischenstopps ein oder treten das letzte Stück der Reise per Bahn oder Auto an. Der erwünschte Nebeneffekt bei diesen umständlicheren Routen ist die Möglichkeit, weniger streng kontrollierende Flughafen im Ausland anzufliegen und somit eine größere Chance zu haben sein 'Sammlerstück' zu behalten", erläutert Franz Böhmer die Tricks der Sammler.
Finanzielle Aspekte und kriminelle Energie
Als die Gruppe mit der höchsten kriminellen Energie gelten die Händler von geschützten Arten. Professionelle Schmuggler führen große Mengen an geschützten Pflanzenarten, Präparaten sowie lebende Tiere ein, um sie meistbietend im Internet zu verkaufen. Für sie zählt nur der finanzielle Aspekt, die seltenen Palmkakadus werden zum Beispiel mit einem Stückpreis von 5000 Euro im Internet gehandelt.
Geschmuggelt wird unter anderem mit der Hilfe von gefälschten Papieren und Kurieren. Der Zoll des Frankfurter Flughafens griff erst vor kurzem eine Frau auf, die ihre komplette Urlaubsreise damit verbrachte, insgesamt 1300 Vogelspinnen mit der Hand zu fangen und sie nach Deutschland einzuschleusen. Diese wollte sie dann beim Zollamt als Nachzüchtungen ihres eigenen Terrariums deklarieren. Ein anderer oft angewandter Trick ist auch, Tierpräparate von geschützten Arten zwischen den legalen zu verstecken. "Die Händler spekulieren dann darauf, dass der Zoll die illegalen Präparate übersieht", erklärt Christina Kolodzeiski.
"Ich hätte es wissen können…"
Über ein Drittel der entdeckten Fälle gehen auf das Konto von Touristen. Arglos kaufen sie in ihren Urlaubsländern Souvenirs für ihre Lieben daheim und übersehen dabei völlig, dass Schnitzereien aus Elfenbein oder Seepferdchen unter Naturschutz stehen. Andere haben jedoch eine Vorahnung und verstecken ihre Mitbringsel wie zum Beispiel Aschenbecher aus Schlangenköpfen und Krokodilfüße als Schlüsselanhänger in ihren Koffern. Den daraus entstehenden Nervenkitzel nehmen Touristen gerne in Kauf, jedoch haben sie von den geltenden Artenschutzgesetzen und den rechtlichen Konsequenzen nicht die leiseste Ahnung. Den entschuldigenden Satz:"Ich hätte es wissen können, wenn ich mir die Mühe gemacht hätte darüber nachzudenken", bekommen Zollbeamte häufig zu hören.
Täter haften für die Kosten
Der Zoll des Frankfurter Flughafens hat bereits im ersten Quartal 2005 einen Anstieg der Schmuggelfälle gegenüber dem letzten Jahr festgestellt. Damit die Asservatenkammer des Zolls nicht überquillt, werden Tierpräparate und Korallen an Schulen abgegeben. Lebende Tiere werden an die Zoos innerhalb von Deutschland übergeben, Pflanzen an den Palmengarten in Frankfurt weitergereicht. Für die entstandenen Kosten haben die Schmuggler aufzukommen.
Die skurrilsten Artefakte behält der Zoll jedoch und verwendet sie zum Beispiel für Ausstellungen an Flughäfen, um die Touristen noch einmal vor Antritt ihrer Reise auf den bestehenden Artenschutzgesetze aufmerksam zu machen. Pünktlich zur Hauptreisezeit zeigt der Frankfurter Flughafen eine solche Ausstellung.