Mehr Rechte für Tiere
20. Mai 2002Wer kennt sie nicht – die Bilder von Legebatterien, in denen Hühner eingepfercht in kleinen Käfigen möglichst viele Eier legen müssen: Gerupfte, fast nackte Tiere mit Wunden übersät. Zwar werden Hühner unter strengsten hygienischen Bedingungen gehalten, aber beim Anblick dieser Kreaturen vergeht einem der Appetit.
Rechte für Mensch und Tier
Nach dem vierten Anlauf wurde nun in Deutschland der Tierschutz im Grundgesetz festgeschrieben. Was in den Jahren 1994, 1997 und 2000 an den konservativen Parteien gescheitert war, wurde nun mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag erfolgreich verabschiedet. CDU und CSU lehnten bisher den Tierschutz im Grundgesetz ab. Sie befürchteten Restriktionen bei Tierversuchen, die den Schutz der Freiheit von Forschung und Lehre behindern könnten.
Ziel ist es, mit dem neuen Artikel 20a ("Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen"), Umwelt und Tiere zu schützen. Das Wertgefüge im Verhältnis von Mensch und Tier soll sich nicht ändern. Das bedeutet, dass ein Tier dem Menschen niemals gleichgestellt sein kann. Im Gegensatz zu den Grundrechten für den Menschen, werden individuell einklagbare Rechte für Tiere nicht gewährt. Es können aber schärfere Gesetze für Tierhaltung und Tiertransporte erlassen werden.
Affenliebe statt Menschenrecht
Der Schritt, Tierschutz im Grundgesetz zu berücksichtigen, war längst überfällig. Als zu Beginn diesen Jahres das Bundesverfassungsgericht das Schächten - die islamische Methode des Schlachtens – für zulässig erklärte, gab es heftige Proteste. Die Richter waren aber der Meinung, dass das Töten warmblütiger Tiere ohne vorherige Betäubung nicht qualvoller sei als die üblichen Schlachtmethoden. Das empörte nicht nur Tierschützer in Deutschland, sondern rief auch in Frankreich Tierliebhaber auf die Straße. Mit rassistischen Parolen engagierte sich das ehemalige Sexsymbol Brigitte Bardot gegen das Schlachten von Schafen zum islamischen Opferfest el Kabir.
Zwar ist in Deutschland der Tierschutz zum Staatsziel erklärt worden, aber im Mittelpunkt des Grundgesetzes bleibt nach wie vor der Mensch. In Zukunft wird die Aufgabe des Staates sein, den Schutz der Tiere zu gewährleisten und dabei die Interessen von Forschung, Lehre und Religion zu berücksichtigen. Welche Folgen die Verfassungsänderung haben wird, ist im Einzelnen noch nicht abzusehen. (jm)