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PolitikChina

Decoding China: Trumps Drohgebärden mit Ansage

Dang Yuan
29. November 2024

Der gewählte US-Präsident Donald Trump überrascht nicht wirklich mit der Ankündigung neuer Zölle auf Waren aus China. Aber das macht die Wirtschaft in Europa genau so nervös wie die Firmen im Fernost.

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Donald Trump mit roter Kappe
Wird am 20. Januar wieder US-Präsident: Donald Trump Bild: Alex Brandon/AP Photo/picture alliance

Wenn sich dieser Tage deutsche und chinesische Geschäftsleute treffen, dominiert die Gespräche nur ein einziges Thema: der Umgang mit der unberechenbaren US-Handelspolitik unter der Präsidentschaft von Donald Trump. Dieser kündigte am Montag an, an seinem ersten Arbeitstag als US-Präsident zusätzliche Strafzölle auf Importe aus China von zehn Prozent zu verhängen.

Dies begründete Trump damit, dass Drogen wie das tödliche Fentanyl aus China in die USA gelangten. Peking habe nicht genug dagegen getan. Auch Kanada und Mexiko, die einzigen Nachbarländer der USA, will Trump mit hohen Importzöllen von 25 Prozent belegen. Beide Länder täten auch zu wenig gegen den Drogenhandel.

Peking kritisiert die Ankündigung der einseitigen Zölle und fordert die USA auf, "den guten Willen Chinas nicht als selbstverständlich anzusehen", im Kampf gegen die Drogen mit den USA zusammenzuarbeiten, so ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums. Bereits 2019 habe China alle Substanzen auf Fentanyl-Basis verboten.

China Peking | Zeitung zeigt Donald Trump und Xi Jinping
Pressebericht über den Staatsbesuch von Donald Trump in China 2018 (Archiv) Bild: GREG BAKER/AFP/Getty Images

Europa zittert

Die EU wurde bisher in der Zollankündigung nicht erwähnt. Doch die Politik und die Wirtschaft in Europa warten "im Prinzip darauf, bis die EU und Deutschland auf der Liste erscheinen. Das würde uns massiv schaden", sagt Siegfried Russwurm, Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).

Schon im Wahlkampf hatte Trump, damals noch als Präsidentschaftskandidat der Republikaner, mit Zöllen bis zu 20 Prozent auf Importe aus Europa gedroht. Für chinesische Produkte sollen Zölle bis 60 Prozent gelten. Selbst wenn Trump seine Drohungen gegenüber Brüssel nicht wahr macht, wären die Zölle gegen China in der fortgeschrittenen Globalisierung auch ein europäisches Problem.

"Wenn das so kommen würde, hätte das sicherlich nicht nur potenziell Auswirkungen auf Produkte von chinesischen Unternehmen, die in China herstellen. Der Kreis wäre deutlich größer", sagt Michael Müller, Europachef der größten chinesischen Investmentbank China International Capital Corporation (CICC). Andere in China produzierende Firmen wären auch davon betroffen, zum Beispiel die deutschen. "Mit dem neuen US-Präsidenten werden wir uns mit vielen weiteren ähnlichen Problemen konfrontiert sehen."

Die US-Präsidentschaftskandidaten und der Umgang mit China

Starker Konsum, hohe Preissteigerung

Die Verbraucher in den USA geben für den Privatkonsum viel Geld aus und stützen so die Konjunktur im Land. Und sie lieben Schnäppchen aus China. Seit Jahrzehnten importieren die USA mehr Waren aus China, als sie nach Peking exportieren. So entstehen hohe Handelsdefizite. 2023 waren es etwa 280 Milliarden US-Dollar.

Übrigens verzeichnet auch Deutschland einen kräftigen Überschuss im Handel mit den USA. In erster Linie exportieren deutsche Firmen Autos und Maschinen. Als Privatmann war der Multimillionär Trump auch gerne auf deutschen Achsen gefahren.

Wenn Importzölle in Kraft treten, würden die Preise in den USA spürbar steigen. Die US-Wirtschaft wird in kurzer Zeit nicht in der Lage sein, den Import durch Eigenproduktion zu ersetzen. Und selbst wenn das gelänge, dann zu einem deutlich höheren Preis.

Schon 2018 hatte Donald Trump während seiner ersten Präsidentschaft 25 Prozent Strafzölle auf Stahl und Aluminium unter anderem aus Europa verhängt. Die nationale Sicherheit sei durch solche Importe bedroht worden, so die Begründung. Viele nicht-europäische Länder klagten vor der Welthandelsorganisation. Die EU schloss sich der Klage nicht an und verhandelte 2021 mit Washington ein Quotensystem aus.

Außenminister China Qin Gang | mit Baerbock  in Berlin
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (r.) auf ihrer letzten Chinareise 2023Bild: Thomas Trutschel/photothek/picture alliance

Schulterschluss zwischen Europa und China?

Nun kehrt der "Tariff Man" im Januar 2025 wieder ins Weiße Haus zurück. Die Sorgen machen sich in Europa breit. "Eine Fragmentierung der Weltwirtschaft hat keine Gewinner", sagt Sabine Mauderer, Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, auf dem China-Tag der Euro Finance Week letzte Woche in Frankfurt.

"Wir alle wissen, dass Protektionismus in der Regel zu einem Rückgang des Wachstums führt. Und der Protektionismus wäre besonders schädlich in einer Zeit, in der wir in China und Deutschland vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Wir müssen beide unseren Volkswirtschaften neuen Schwung verleihen. Die Wachstumsraten in beiden Ländern sind niedriger als früher."

Baerbock: "Erpressung durch niemanden"

Ob es der scheidenden Bundesregierung gelingt, eine Interessengemeinschaft mit China für Konjunktur und Sicherung von Arbeitsplätzen zu schmieden? Bundesaußenministerin Annalena Baerbock muss ihr Verhandlungsgeschick unter Beweis stellen. Am kommenden Montag und Dienstag wird sie China besuchen, bestätigt das chinesische Außenministerium am Freitag (29.11.). Allerding findet ihr Besuch unter einem schlechten Vorzeichen statt. Unter ihrer Federführung entstand die China-Strategie der Bundesregierung, die China als "Partner, Wettbewerber und Rivalen" definiert.

Peking will von Rivalität gar nichts wissen und bietet Berlin sachliche Zusammenarbeit in wechselseitigen Interessen an. Gebetsmühlenartig wiederholt China, mit Deutschland und Europa in einem multilateralen Konstrukt der Weltordnung zusammenzuarbeiten. Europa dürfe seine Handelspolitik nicht von Washington diktieren lassen, hieß es in Peking. Chinesische Firmen wollen ihre Aktivitäten in Europa ausbauen, weil zuletzt der US-Markt ohnehin für viele Branchen aufgrund strenger Regularien immer schwieriger geworden ist.

Handelskrieg China gegen die USA: Wo steht Deutschland?

Peking sei auf alle Fälle gut vorbereitet, seine Konjunktur so gut wie möglich zu stützen, sagt Jens Rübbert, Regionalchef für Asien-Pazifik der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) in Singapur. "Die chinesische Regierung hat ein riesiges Konjunkturpaket geschnürt. Es muss sich zeigen, ob das für die Zukunft reicht oder ob China noch etwas länger wartet, um zu sehen, was Herr Präsident Trump tatsächlich tun wird."

Anders als die USA spielt der Binnenkonsum in China für das Wirtschaftswachstum eine eher untergeordnete Rolle. Das Bruttoinlandsprodukt wird getragen von öffentlichen Investitionen und vor allem dem Export.

"Decoding China" ist eine DW-Serie, die chinesische Positionen und Argumentationen zu aktuellen internationalen Themen aus der deutschen und europäischen Perspektive kritisch einordnet.