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PolitikChina

US-Wahl: Was bedeutet Trumps Comeback für China?

Yuchen Li in Taipeh
7. November 2024

Experten gehen davon aus, dass sich die Rivalität zwischen den USA und China in den nächsten vier Jahren noch weiter verschärfen wird.

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Der damalige und künftige US-Präsident Donald Trump und der chinesische Präsident Xi Jinping in Peking, 2019
Schwieriger Dialog: der damalige und künftige US-Präsident Donald Trump und der chinesische Präsident Xi Jinping, Peking, 2019Bild: MAXPPP/Kyodo/picture alliance

Als der chinesische Präsident Xi Jinping Donald Trump am Donnerstag zu dessen Sieg bei der US-Präsidentschaftswahl gratulierte, verband er den Glückwunsch mit einer Hoffnung - dass nämlich beide Seiten "den richtigen Weg finden, um in der neuen Ära miteinander klarzukommen".

Xi plädierte für einen verstärkten Dialog zwischen beiden Mächten, um Differenzen angemessen zu bewältigen. Die internationale Gemeinschaft erwarte, dass beide "einander respektieren und friedlich zusammenleben".

Allerdings könnte sich die seit der ersten Wahl von Trump im Jahr 2016 ohnehin angespanntere Verhältnis zwischen China und den USA mit dessen erneuter Rückkehr ins Weiße Haus noch einmal verschärfen, fürchten Experten.

Zwar neige Trump wenig zu militärischen Konflikten, sagt der Politologe Chong Ja Ian von der National University of Singapore. "Doch ist er China gegenüber ausgesprochen misstrauisch. Womöglich hegt er sogar ein gewisses Maß an Feindseligkeit."

Diese Haltung könnte sich insbesondere in Form von Handelskriegen zwischen China und den USA zeigen. So warnen Analysten vor möglichen "Schocks" durch Trumps Wirtschaftspolitik.

"Wahrscheinlich wird sich der Umgang der USA mit dem Rest der Welt erheblich verändern", sagt Ilaria Mazzocco, vom Center for Strategic and International Studies (CSIS) in Washington. "Dies dürfte in erster Linie mit Blick auf China gelten."

Die US-Präsidentschaftskandidaten und der Umgang mit China

Peking: wirtschaftliche Entkopplung von den USA 

Hält Trump sein Wahlversprechen tatsächlich ein, müsste China Zoll in Höhe von 60 Prozent auf alle seine Exporte in die USA zahlen.

Dieser Schritt könnte die ohnehin fragile Wirtschaft des Landes weiter destabilisieren. Die sieht sich bereits jetzt enormen Herausforderungen wie steigender Jugendarbeitslosigkeit, einem lahmenden Immobilienmarkt und Staatsschuldenproblemen gegenüber.

Ein Zoll von 60 Prozent könnte das prognostizierte Wirtschaftswachstum Chinas um bis zu 2,5 Prozentpunkte reduzieren, heißt es in einer Analyse, die Anfang dieses Jahres von der Schweizer Bank UBS veröffentlicht wurde. Das entspräche der Hälfte des Wachstumsziels von fünf Prozent.

Die Wirtschafts- und Handelspolitik unter US-Präsident Joe Biden gegenüber China sei zwar ebenfalls hart gewesen, so Mazzocco. Doch Trumps Ansatz würde die Spannungen zusätzlich verschärfen und weite Teile der Wirtschaft treffen.

"Während sich die Biden-Regierung vor allem auf Chinas strategische Technologien konzentrierte, dürfte Trump China gegenüber mit grundsätzlichen Bedenken auftreten. Er dürfte viel eher bereit sein, auf eine Entkopplung in größeren Teilen der Wirtschaft zu drängen", so Mazzocco zur DW.

Peking gehe davon aus, dass es unter Trump wohl mit einer relativ "feindlich" gesonnenen US-Politik zu rechnen habe, so Chong. Darum sei man in China "auf der Hut". So deuteten sich in China bereits Anzeichen für eine mögliche Vergeltung wegen der US-Handelsbeschränkungen an, so Mazzocco. So habe China bereits neue Zölle auf Produkte bestimmter amerikanische Industrien verhängt. Peking habe zudem versucht, den nationalen Markt zu diversifizieren, um die Wirtschaft widerstandsfähiger zu machen.

China will sich auf dem IT-Sektor von USA Sektor lösen

China und Europa

In diplomatischen Kreisen gilt Trumps Slogan "America First" als Ausdruck seiner Tendenz zum "Isolationismus" in den internationalen Beziehungen. Auch stehe sie für seine geringe Bereitschaft, in Konflikte wie den Russland-Ukraine-Krieg einzugreifen.

China könnte dies als Chance sehen, "die Reihe eurasischer Allianzen und Partnerschaften zu schwächen, deren Wiederbelebung sich die Biden-Regierung vorgenommen hat", sagt der Polit-Analyst Ali Wyne von der International Crisis Group. 

Stimmen in Trumps aktuellem Beraterteam - zu diesem gehören auch potenzielle Kandidaten für das künftige Kabinett – raten dazu, dass die USA "Europa verlassen und Asien schützen" sollen und ihre Ressourcen künftig auf Asien konzentrieren könnten, so Chong. Europa müsse dann seinen eigenen Kurs bestimmen.

Allerdings dürften die meisten EU-Mitgliedstaaten angesichts des anhaltenden Russland-Ukraine-Krieges und der jüngsten Zollstreitigkeiten über in China hergestellte Elektrofahrzeuge hinsichtlich der Aufnahme engerer Beziehungen zu China skeptisch bleiben.

Der Amtssitz der Europäischen Kommission in Brüssel
Wie geht es weiter mit den USA und China und wo steht Europa?: Amtssitz der Europäischen Kommission in BrüsselBild: Monasse T/Andia/IMAGO

Garantierter Schutz für Taiwan?

Auch der Konflikt um das von China beanspruchte Taiwan dürfte weiter eines der zentralen Themen zwischen den USA und China bleiben. Die USA als wichtigster Verbündeter Taiwans unterstützten die Insel auch Tage vor der Präsidentschaftswahl weiterhin mit Waffenverkäufen. Peking empfand dieses Verhalten als Provokation.

Doch hatte Trump im US-Wahlkampf mehrere kontroverse Aussagen zu Taiwan gemacht. So kritisierte er Taipeh dafür, dass es den USA fast das gesamte Chipgeschäft wegnehme. Er schlug vor, die Insel solle im Austausch für strategische Unterstützung "Schutzgebühren" an die USA zahlen.

"Trump ist ein Geschäftsmann und neigt darum womöglich dazu, die meisten Themen als Verhandlungsmasse zu betrachten", sagt Wen Liu von der Academia Sinica in Taiwan.

"Selbst wenn Trump sich gegen China wendet oder mit Peking sogar konkurrieren will, bedeutet das nicht unbedingt, dass er Taiwan beschützen wird."

Wachsendes Misstrauen

Neben dem Präsidenten dürfte künftig auch der US-Kongress eine wichtige Rolle bei der Gestaltung der Taiwan-Politik spielen. Angesichts des künftig von den Republikanern kontrollierten Kongresses könnte Taiwan stärker als bislang dazu gedrängt werden, sein Verteidigungsbudget zu erhöhen. Damit würde die Insel aus Sicht des Kongresses ihre Entschlossenheit zeigen, sich selbst zu verteidigen.

Zwar handele es sich dabei um einen ohnehin notwendigen Schritt für Taiwan, so Liu. Allerdings dürfte sich die misstrauische Stimmung hinsichtlich des amerikanischen Engagements für die Insel verstärken. "Wenn die Menschen den Eindruck haben, die Regierung tue dies, um die USA zufrieden zu stellen, dürfte das den meisten Taiwanesen missfallen. Kommt es dahin, könnte das sogar den Widerstand gegen die Verteidigungsreform verstärken", so Liu.

Aus dem Englischen adaptiert von Kersten Knipp.

Spielball der Supermächte: Tauziehen um Taiwan