China heizt Wettlauf im All an
23. Oktober 2007Eine Rakete des Typs "Langer Marsch 3" ist am Mittwoch (24.10.2007) um 12 Uhr mitteleuropäischer Sommerzeit vom chinesischen Raumfahrtzentrum Xichang ins All gestartet. Die Rakete soll eine Sonde in eine Mondumlaufbahn bringen. Sie wird, wenn alles nach Plan läuft, dreidimensionale Bilder aufnehmen und Bodenanalysen vornehmen.
Der Erkundungsflug ist der erste Schritt eines ehrgeizigen chinesischen Mondprogramms: In der ersten Phase, die bis etwa 2010 dauern soll, will China eine unbemannte Sonde auf dem Mond landen lassen. In der zweiten Phase wird ein Mondfahrzeug voraussichtlich 2012 auf den Erdtrabanten gebracht. In der dritten Phase, die für 2017 avisiert wird, sollen Gesteinsproben zur Erde zurückgebracht werden.
Politischer Ehrgeiz
Bahn brechend neue Erkenntnisse erwartet der Astrophysiker und Schriftsteller Ulrich Woelk ("Die Einsamkeit des Astronomen") von der chinesischen Mondmission nicht. "Im Grunde holen die Chinesen nach, was die NASA und Russland schon vor vier Jahrzehnten gemacht haben", sagt er im Gespräch mit DW-WORLD.DE. "Eine Sonde oder auch einen Menschen in den Orbit zu schicken, das ist ein Programm aus den 1960er-Jahren."
Neben wissenschaftlicher Neugierde steckt nach Woelks Einschätzung in erster Linie politisches Prestige-Denken hinter dem chinesischen Raumfahrtprogramm. Denn obwohl es bereits vor Jahrzehnten erfolgreiche Mondfahrten von Russen und Amerikaner gab, handele es sich für viele Länder nach wie vor um eine anspruchsvolle Technologie, die man dafür brauche. Der Antrieb der Chinesen sei nun, zu zeigen: "Wir können das jetzt auch!"
Wettlauf mit vielen Teilnehmern
China nimmt mit seinem Projekt teil an einem erneuten internationalen Wettlauf zum Mond. Bereits Mitte September startete Japan eine erste Raumsonde zum Mond, lag damit freilich vier Jahre hinter dem eigenen Zeitplan. Die "Kaguya"-Sonde soll in ihrer etwa einjährigen Mission in rund einhundert Kilometern Höhe über der Mondoberfläche kreisen und Daten zur Entstehung und Entwicklung des Mondes liefern. Das nach einer japanischen Märchenprinzessin benannte Projekt kostet umgerechnet rund 355 Millionen Euro. Es ist der japanischen Raumfahrtbehörde JAXA zufolge die größte Mondmission seit dem Apollo-Programm der USA in den 1960er-Jahren. Ein unbemanntes Fahrzeug soll Mitte des kommenden Jahrzehnts auf den Mond geschickt werden. 2025 sollen erstmals Japaner den Mond betreten.
Indien bereitet bis 2008 eine unbemannte Expedition vor. Ziel ist es nach Reuters-Recherchen, die Entstehung des Solarsystems weiter zu ergründen. Indiens Regierung überlegt, bis 2020 Astronauten zum Mond zu schicken. Die US-Raumfahrtbehörde NASA plant, eine dauerhaft bemannte Raumstation auf dem Mond zu errichten. Dort sollen wissenschaftliche Tests gemacht werden, um Technologien für eine Mars-Expedition zu entwickeln. Das Projekt soll 2020 mit einer Reihe von Transportflügen zum Mond beginnen. Auch Großbritannien und Russland planen jeweils eigene Mondflüge. Während die Briten vorerst über unbemannte Flüge nachdenken, wollen die Russen spätestens 2025 bemannte Flüge zum Mond durchführen. Eine dauerhafte Raumstation wollen sie einige Jahre später errichten.
Menschliche Neugierd
Astrophysiker Woelk sieht in der Renaissance der Mondfahrerei einen Ausdruck der Menschheitskultur. Astronomische Erkenntnisse seien immer auch Erkenntnisse des Menschen über sich selbst gewesen. "Ich glaube", sagt Woelk, "dass es tief im Menschen verankert ist, etwas über seine Umgebung erfahren zu wollen. Und das bezieht sich nicht nur auf die Erde, sondern auch auf den Weltraum."