Opposition will mitregieren
30. Juli 2015Nach den umstrittenen Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in Burundi steht fest: Die Regierungspartei CNDD-FDD von Staatschef Pierre Nkurunziza hat zwar eine Mehrheit der Sitze, alleine regieren darf sie aber nicht. Denn laut dem Friedensvertrag von Arusha, der im Jahr 2000 das Ende des Bürgerkriegs in Burundi besiegelte, müssen Präsident und Vizepräsident aus unterschiedlichen politischen Parteien kommen.
Eine Chance für die Opposition?
Überraschend ließ sich jetzt Oppositionsführer Agathon Rwasa von der FNL ("Nationale Kräfte für die Befreiung") zum stellvertretenden Parlamentspräsidenten wählen. Und das obwohl er und seine Partei beide Wahlen boykottiert hatten. "Die Burundier wollen den Wandel", sagte Rwasa im DW-Interview. "Diesen Wunsch des Volkes müssen wir anerkennen und sehen, wie wir ihm gerecht werden können."
Die Opposition hatte Nkurunzizas Kandidatur für eine dritte Amtszeit als verfassungswidrig abgelehnt. Doch trotz Boykott kam das Bündnis aus Rwasas FNL und der Union für nationalen Fortschritt (UPRONA) von Charles Nditije bei den Parlamentswahlen auf 21 Sitze. Die Wahlkommission hatte die Stimmen gelten lassen, weil sie nach eigenen Aussagen keinen offiziellen Boykott-Bescheid bekommen hatte. Auf ähnliche Weise schaffte es Rwasa bei der Präsidentschaftswahl 18,9 Prozent der Stimmen zu holen.
Jetzt will Rwasa in einer "Regierung der nationalen Einheit" mitreden. Vom Oppositionspartner hagelte es Kritik. Rwasa besiegele damit das politische Ende seiner Partei, sagte ein Sprecher von Bündnispartner Charles Nditije.
Kampf ums politische Überleben
Für Julia Grauvogel, die am Hamburger GIGA-Institut für Afrikastudien zu Burundi forscht, kommt das Zerwürfnis im Oppositionslager nicht überraschend. Das dritte Mandat Nkurunzizas zu verhindern, sei der einzige gemeinsame Nenner dieser Koalition gewesen, sagt Grauvogel im DW-Interview. Rwasa kämpfe tatsächlich ums politische Überleben.
"Vielleicht ist dieser Versuch, jetzt Teil der Regierung zu werden, auch ein Versuch aus dem gescheiterten Boykott 2010 zu lernen." Damals habe sich die Opposition durch ihren Boykott für fünf Jahre "ins Abseits katapultiert", nachdem Beobachter die Wahlen für frei und fair erklärt hatten.
Einigung oder neue Gewalt?
Auch die Regierung zeigt Interesse an einer Einigung mit Rwasa. Der stellt allerdings Bedingungen: Eine Übergangsregierung müsse her, die demokratische Wahlen innerhalb eines Jahres organisiert. Die Regierungspartei CNDD-FDD lehnt das ab. Sie fordert, dass Staatschef Nkurunziza sein volles Mandat von fünf Jahren erfüllen darf.
"Nkurunziza versucht, das Image eines Präsidenten zu vermitteln, der zehn Jahre lang Stabilität und Frieden gebracht hat", sagt Julia Grauvogel. Doch dieses Bild ist stark angekratzt, seit er im Mai 2015 seine dritte Kandidatur bekanntgab und gegen massive Proteste auch durchsetzte. Hunderte Burundier starben, als Sicherheitskräfte den Widerstand niederschlugen, Hunderttausende flohen ins Ausland. Zwar sei Nkurunziza weiter beliebt bei der Landbevölkerung. Doch die Lage in Burundi sei angespannt, so Grauvogel.
Auch Rwasas ringen um einen Anteil an der Macht könnte zu neuen Protesten führen. In Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba haben sich jetzt zahlreiche Oppositionsgruppen aus Burundi und der Diaspora versammelt. Auch sie wollen über die Zukunft beraten - allerdings ohne Agathon Rwasa und seine FNL.
Mitarbeit: Sandrine Blanchard, Amida Issa, Kossivi Tiassou