Bundesregierung übt Schulterschluss mit Obama
23. Juni 2011Außenminister Guido Westerwelle hat die Absicht der US-Regierung begrüßt, bis zum Ende des Sommers kommenden Jahres 33.000 Soldaten aus Afghanistan abzuziehen. "Die Abzugsperspektive wird nun konkreter", erklärte Westerwelle am Donnerstag (23.06.2011) zu Beginn eines Besuchs im Sudan. Er fügte hinzu, die Pläne von US-Präsident Barack Obama seien ein klares Bekenntnis der USA zu der international vereinbarten Strategie in dem umkämpften Land am Hindukusch. Danach soll den Afghanen schrittweise die Sicherheitsverantwortung für ihr Land übertragen und der sich daraus ergebende Spielraum zum Rückzug der ausländischen Soldaten genutzt werden.
Obama hatte am Mittwochabend den Abzug eines Drittels der in Afghanistan stationierten US-Soldaten angekündigt. "Das ist der Anfang, aber nicht das Ende unserer Bemühungen, diesen Krieg herunterzufahren", sagte der US-Präsident in einer im Fernsehen übertragenen Rede. "Amerika, es ist Zeit, dass wir uns auf unseren Staatsaufbau zu Hause konzentrieren", rief er seinen Zuschauern zu. Die USA wollen bereits in den nächsten Wochen mit dem Abzug ihrer Truppen aus Afghanistan beginnen. Medienberichten zufolge sollen noch in diesem Jahr etwa 10.000 und im nächsten Jahr mehr als 20.000 der derzeit 100.000 US-Soldaten nach Hause zurückkehren.
Auch Deutschland und Frankreich reduzieren Afghanistan-Engagement
Westerwelle erinnerte daran, dass auch Deutschland sein Truppenkontingent in Afghanistan verringern wolle. Dies solle Ende dieses Jahres beginnen. Auf eine konkrete Angabe zur Zahl der deutschen Soldaten, die Afghanistan dann verlassen können, legte der FDP-Politiker sich weiterhin nicht fest. Ziel sei es, 2014 komplett die Sicherheitsverantwortung in afghanische Hände zu legen.
Der Bundesaußenminister wies darauf hin, dass die US-Regierung ihr Vorgehen vom Grundsatz her mit der Bundesregierung abgestimmt habe. Obama hatte kurz vor seiner Afghanistan-Rede unter anderem mit Bundeskanzlerin Angela Merkel telefoniert sowie mit dem britischen Regierungschef David Cameron und dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy.
Sarkozy gab am Donnerstag bekannt, dass auch Frankreich Soldaten aus Afghanistan abziehen wolle. Rund 4000 französische Soldaten sollten von diesem Sommer an nach und nach aus Afghanistan zurückkehren.
Bundestagsopposition: Zustimmung und Kritik
Zustimmung für die Abzugspläne der USA kam auch aus der SPD, die im Bundestag die größte Oppositionsfraktion stellt. Der verteidigungspolitische Sprecher der Fraktion, Rainer Arnold, sprach von einem notwendigen Vorhaben. Alle westlichen Staaten brauchten die Gewissheit, dass es zur Übergabe der Verantwortung an die einheimischen Sicherheitskräfte komme, sagte Arnold im Deutschlandfunk.
Der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, begrüßte zwar gleichfalls die Ankündigung Obamas, forderte aber gleichzeitig, dass Deutschland nun nachziehen und spätestens bis zum Herbst einen konkreten Abzugsplan für die Bundeswehr in Afghanistan vorlegen müsse. "Die Zeit vager Floskeln und schwammiger Ankündigungen muss vorbei sein", mahnte Trittin. Spätestens zum Jahresende müsse der Abzug eingeleitet werden. Zudem sprach Trittin sich dafür aus, im nächsten Afghanistan-Mandat die Truppenobergrenze merklich zu senken.
Reaktion der Taliban
Die radikalislamischen Taliban werteten die Pläne Obamas zum Truppenabzug aus Afghanistan als "ausschließlich symbolischen Akt". Der Schritt werde weder die kriegsmüde internationale Gemeinschaft noch die US-Bevölkerung zufriedenstellen. Die Lösung des Konflikts liege in einem "sofortigen und kompletten Abzug aller ausländischen Truppen", erklärten die Taliban. Bis dahin werde der bewaffnete Kampf "von Tag zu Tag zunehmen".
Autor: Martin Schrader (afp, dpa, rtr)
Redaktion: Walter Lausch