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Interview Glover

12. November 2011

"Ein Flugzeug kann so effizient sein wie ein Hybrid-Auto", sagt Boeing-Umweltstratege Bill Glover im DW-Interview am Rande des APEC-Treffens in Honolulu. Das Unternehmen sieht sich für die Zukunft gut aufgestellt.

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Eine Boeing 747-400 im Landeanflug auf den Frankfurter Flughafen (Archivfoto: dpa)
Eine Boeing 747-400 im Landeanflug auf den Frankfurter FlughafenBild: picture alliance/dpa

DW-WORLD.DE: "Grünes Wachstum" ist einer der Schwerpunkte hier auf dem APEC-Treffen in Honolulu. Ist das etwas, was sich eine Firma heutzutage aus Imagegründen leisten muss oder kann man damit tatsächlich Profit machen?

Bill Glover: Wir bei Boeing haben die Erfahrung gemacht, dass es Teil eines gut geführten Unternehmens ist. Wenn Sie in Ihrer Fabrik Energie sparen – ist das dann "grün" oder nur effektives Wirtschaften? Es ist beides.

Das ist die grundsätzliche Geschäftseinstellung, aber wie sieht es bei den eigentlichen Produkten aus?

Bill Glover, Vizepräsident für Umweltstrategie des Luft- und Raumfahrtunternehmens Boeing (Foto: Christina Bergmann / DW, November 2011)
Bill Glover ist Vizepräsident für Umweltstrategie des Luft- und Raumfahrtunternehmens BoeingBild: DW

Da ist die Zeit reif dafür, und es gibt auch eine Menge Bewegung. Es geht darum, bessere Materialien zu finden, nachwachsende Treibstoffe – das ist gerade einer unserer Schwerpunkte – und Produkte effizienter zu machen. Was gestern gut war, kann heute schon nicht mehr ausreichen.

Aber Ihr neuestes Flugzeug, der Dreamliner, wird erst in ein paar Jahren profitabel sein.

Ja, aber das ist normal. Flugzeuge sind kompliziert, manche mehr, manche weniger, und manche brauchen etwas länger, um profitabel zu sein. Aber die gute Nachricht ist, dass wir auf dem Weg sind, unser gesetztes Ziel zu erreichen. Wir haben 800 Aufträge für unsere 787, und je mehr die Leute mit dem Flugzeug Erfahrungen machen, desto besser wird das werden.

Um auf das "grüne Wachstum" zurückzukommen und die internationale Konkurrenz: Viele Regierungen subventionieren diesen Markt, zum Beispiel in China. Wie wollen sie da international gleiche Bedingungen schaffen, gerade bei der Bildung einer Freihandelszone, um die es hier bei dem APEC-Treffen geht?

Der Ansatz ist, Regeln einzurichten, mit denen jeder leben kann. Vorbild ist die Welthandelsorganisation WTO. Erst Anfang des Jahres ist ein OECD-Abkommen in Kraft getreten, das Exportkredite für Zivilflugzeuge beschränkt. Es wird immer noch mehr zu tun geben, aber wenn man sich erst einmal grundsätzlich geeinigt hat, dann stimmen die meisten Leute zu, dass man sich auf ein Regelwerk einigen muss. Keine Regierung kann es sich leisten, unbegrenzt Geld in einen Wirtschaftszweig zu pumpen, schon gar nicht angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Situation.

Erwarten Sie, dass die transpazifische Partnerschaft, die hier auf dem APEC-Treffen vorangebracht werden soll, dieses Regelwerk vorgibt?

Es wird ein allgemeines Regelwerk erstellt werden, dass dann sicherlich sehr hilfreich ist.

Kann Luftfahrt überhaupt nachhaltig sein?

Man benötigt viel Energie, um ein Flugzeug in die Luft zu bekommen. Aber wenn man die zurückgelegte Strecke auf die Passagiere umrechnet, ist es sehr effizient. Tatsächlich ist ein nahezu vollbesetztes Flugzeug heutzutage so effizient wie ein Hybrid-Auto. Wir wissen natürlich, dass das nicht ausreicht und bemühen uns ständig um Verbesserungen. Unser neuester Ansatz ist der Umstieg auf erneuerbaren Treibstoff, um die CO2-Bilanz zu verbessern, und zwar um 50 bis 80 Prozent.

Wann werden diese Treibstoffe eingesetzt?

Wir benutzen sie bereits jetzt, aber nur in sehr begrenztem Umfang, weil es noch keine ausreichende Versorgungskette gibt. Aber wir arbeiten immer an noch weiteren Verbesserungen. In den nächsten Jahren erwarten wir, einen Anteil von einem Prozent zu erreichen, und danach wird es hoffentlich zügig zunehmen. Die Aussichten sind gut, dass wir in naher Zukunft ein nachhaltiges, erneuerbares Flugzeugbenzin haben.

Welche Flugzeuge hält Glover wirtschaftlich für sinnvoll: die kleinen leichten Maschinen oder die großen Megaliner? Lesen Sie seine Antwort im zweiten Teil des Interviews ...

Und die richtige Strategie ist der Einsatz von kleinen, leichteren Flugzeugen, oder von großen?

Der Ansatz von Boeing ist eine möglichst große Auslastung, deswegen haben wir super-effiziente Flugzeuge in verschiedenen Größen. Wenn man zwischen zwei Orten 150 Menschen hin- und herfliegen kann, dann braucht man ein entsprechend anderes Flugzeug, als wenn 300 Passagiere die Route benutzen. Es geht darum, eine ganze Produktfamilie anzubieten.

Wenn Sie an Flugzeuge wie den Airbus 380 denken, der über 550 Passagiere transportieren kann, dann sehen Sie darin keine Konkurrenz?

Unser Ansatz ist ein anderer. Wir haben uns den Markt der super-großen Flugzeuge angesehen, und unserer Ansicht nach ist die Investition in diese Art von Flugzeug nicht rentabel. Der Markt ist nicht so groß. Wir hätten das tun können, aber wir waren der Ansicht, die anderen Marktgrößen zu bedienen, sei ein effizienteres und besseres Geschäft.

Haben Sie bei dieser Strategie speziell an den asiatisch-pazifischen Markt gedacht?

Wir schauen uns ständig in der ganzen Welt um, aber der asiatisch-pazifische Markt ist natürlich sehr wichtig für uns, deswegen sind wir auch hier auf dem APEC-Treffen, und er wächst sehr schnell. Es ist ein sehr variabler Markt, und unser Ansatz passt dazu.

Haben Sie Ihre Aufmerksamkeit vom transatlantischen zum transpazifischen Markt verschoben?

Nein, das würde ich nicht sagen. Es ist eine andere Art von Aufmerksamkeit. Der transatlantische Markt ist gesättigter, die Wachstumsrate ist geringer, genauso wie innerhalb der USA oder innerhalb Europas. Das heißt aber nicht, dass wir diese Märkte ignorieren. Es sind immer noch die zwei größten Luftfahrtmärkte der Welt. Man braucht eben einen anderen Ansatz.

Erwarten Sie aus den aufstrebenden Märkten wie China und Brasilien bald starke Konkurrenz?

Natürlich, und das begrüßen wir, denn es macht uns alle stärker, wir bleiben auf der Hut. Das gehört zum Geschäft. Für die aufstrebenden Hersteller agieren wir als Industrieführer und führen sie in die Geschäfte ein, damit wir uns auf faire Wettbewerbsregeln einigen können. Auf lange Sicht profitieren davon nicht nur die einzelnen Firmen, sondern auch die Menschen, die unsere Leistungen nutzen.

Wir sind hier bei dem Treffen der asiatisch-pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft, welches Ergebnis würden Sie denn gerne am Ende des Treffens sehen?

Nun, APEC ist kein Gipfel, auf dem bahnbrechende Beschlüsse gefasst werden. Ich denke, es wird einige Übereinkünfte geben, aber wir haben keine Erwartungen an ein bestimmtes Ergebnis am Sonntag. Aber wir möchten schon, dass die Bestrebungen, gleiche Bedingungen für alle zu schaffen, weiter betrieben werden, und dass das Verständnis von finanziellem, wirtschaftlichem und grünem Wachstum und von nachhaltiger Entwicklung vorangetrieben wird. Dies hier ist der Ort, um die Menschen zusammenzubringen, damit sie sich darauf einigen können, wie es weitergehen soll.

Bill Glover ist Vizepräsident für Umweltstrategie des Luft- und Raumfahrtunternehmens Boeing.

Autorin: Christina Bergmann, zurzeit Honolulu
Redaktion: Martin Schrader