Bertelsmann will asiatischen Markt erobern
5. April 2004Bertelsmann ist der weltweit zweigrößte Medienkonzern, doch in Asien erwirtschaftet das Unternehmen grade mal drei Prozent seines Umsatzes; das sind rund 600 Millionen Euro pro Jahr. Dass soll sich ändern, vor allem in den asiatischen Wachstumsmärkten will der Konzern mit Hauptsitz im nordrhein-westfälischen Gütersloh expandieren.
Vorstandschef Gunter Thielen hat deshalb Anfang 2004 ausführlich China, Indien und Vietnam bereist und dort die Geschäftsmöglichkeiten eruiert. Sein Urteil: Bertelsmann muss sich jetzt in Asien aufstellen, um am dynamischen Wachstum der dortigen Volkswirtschaften teilzuhaben. In China sowie in Indien ist der Grundstein für das künftige Wachstum bereits gelegt. So hat der Chef der Buchclub-Sparte, Ewald Walgenbach, im Großraum Shanghai anderthalb Millionen Mitglieder für den chinesischen Buchclub gewonnen.
Zufriedenheit
Thielen ist mit dem Start hoch zufrieden und sieht große Expansionsmöglichkeiten: "Ewald Walgenbach und sein Team verkaufen in China 20 Millionen Bücher", teilte Thielen am 30.3. diesen Jahres auf einer Pressekonferenz in Berlin mit. "Das ist genau so viel wie im Buchclub in Frankreich. Aber der Umsatz ist nur ein Zehntel davon, weil ein Buch in China nur einen Dollar kostet oder 1,50 Dollar und in Frankreich 15 Dollar. Das ist der Unterschied."
Die Differenz kommt laut Thielen daher, dass die Märkte in China noch staatlich reguliert seien. Das könne sich aber ändern. "Dann werden die Preise sich an den Weltmarkt annähern. Dann werden die Umsätze steigen", so Thielen. "Wir werden unser Geschäft dort vervielfachen. Auf die lange Strecke von zehn, fünfzehn Jahren gesehen wird die Präsenz von Bertelsmann in Asien irgendwann zehn Prozent sein - mindestens."
Ziel: Zwei Milliarden Umsatz
Das heißt: Bertelsmann mit einem Jahresumsatz von knapp 17 Milliarden Euro im Jahr 2003 peilt ein Asiengeschäft von erst einmal zwei Milliarden Euro an. In China sind Investitionen vor allem in Printmedien - Buch- und Zeitschriftenverlage - sowie in Druckereibetrieben geplant. Vorstandschef Thielen sagt: "Im Musikbereich werden wir da nichts tun. Da ist die Piraterie so ausgefeilt, dass es keinen Sinn macht, dort Platten zu produzieren. Die werden da an der Ecke für einen Dollar verkauft. Damit können Sie auf keinen grünen Zweig kommen."
In Indien ist Bertelsmann über seine Verlagssparte Random House, den weltweit größten Buchverlag, tätig. Außerdem hat sich dort die Druckereitochter Arvato engagiert. Doch das Indien-Geschäft von Bertelsmann steckt noch in den Anfängen. Dafür sind die Perspektiven um so besser, denn im Zuge der wirtschaftlichen Liberalisierung erzielt Indien Wachstumsraten von sieben bis acht Prozent pro Jahr und ist auf dem Weg, zur wirtschaftlichen Entwicklung in China Anschluss zu finden.
Faszination Asien
Gunter Thielen zeigt sich fasziniert vom Markt in Asien: "Die repräsentieren mit zusammen 2,4 Milliarden Menschen mehr als ein Drittel der Erdbevölkerung. Das muss ja ein Markt sein, eines Tages. Das sind natürlich heute, wenn man das vom Werbevolumen sieht und mit Amerika vergleicht, noch Zwerge. Aber mit den Wachstumsraten, die dahinter stehen, sind das Märkte, die wir uns anschauen müssen. Ich gehe davon aus, dass wir dort verstärkt Fuß fassen werden."
Die Bertelsmann-Druckereitochter Arvato ist vor einiger Zeit ein Joint Venture mit der indischen Bird Group eingegangen. Darüber hinaus sind Aktivitäten im Bereich der Unterhaltungsindustrie geplant, vor allem im Fernsehen über die Bertelsmann-Firma RTL, den größten Fernsehanbieter in Europa.
Wichtiger Markt: Deutschland
Deutschland ist für Bertelsmann noch der wichtigste Markt. Rund ein Drittel der Umsätze werden hier erzielt, knapp 40 Prozent im restlichen Europa und 25 Prozent in den USA und Kanada. Die Buchverlage - bei denen Bertelsmann in Deutschland, in den USA und in Großbritannien - Marktführer ist, werden von New York aus gesteuert. Ebenfalls in New York befindet sich die Zentrale für das weltweite Musikgeschäft, das mit der Musiksparte von Sony vereint werden soll.
Bertelsmann geht mit einem Weltmarktanteil von fast zwölf Prozent als starker Partner in dieses Joint Venture; 2003 gewannen Bertelsmann-Künstler wie Britney Spears und Justin Timberlake 22 Grammys. Die Zeitschriften-Sparte Gruner + Jahr, die in Deutschland und in Frankreich Marktführer und auch in den USA stark präsent ist, startete weltweit zwanzig neue Hochglanz-Magazine.