Berlusconi stellt Rücktritt in Aussicht
8. November 2011Nicht sofort, aber nach Umsetzung seiner versprochenen Spar- und Reformgesetze gegen die Schuldenkrise wolle er zurücktreten, ließ Italiens angeschlagener konservativer Ministerpräsident Silvio Berlusconi nach einem Empfang bei Präsident Giorgio Napolitano mitteilen. Am Mittwoch (09.11.2011) präzisierte Berlusconi dann in der Zeitung "La Stampa", er werde erst nach Verabschiedung des von der Europäischen Union geforderten Stabilitätsgesetzes sein Amt zur Verfügung stellen. Zugleich lehnte er die Bildung einer Übergangsregierung wie in Griechenland ab. Zu Neuwahlen gebe es keine Alternative, fügte er hinzu und nannte als möglichen Termin Anfang Februar. Der Kandidat aus dem Mitte-Rechts-Lager für das Amt des Regierungschefs wird nach seinen Worten dann Ex-Justizminister Angelino Alfano sein.
Am Dienstag hatte sich Berlusconi noch einmal in gewohnter Form als Sieger präsentiert. Er gewann eine mit Hochspannung erwartete Abstimmung im Parlament. Die Abgeordneten billigten den Rechenschaftsbericht seiner Regierung für das Jahr 2010. Berlusconi verdankte den Abstimmungserfolg allerdings nur einer Enthaltung der linken Opposition.
Gesiegt, aber absolute Mehrheit eingebüßt
Das Abstimmungsergebnis hatte aber auch gezeigt, wie schwach die Basis für den Regierungschef geworden ist. Nur 308 Abgeordnete unterstützten ihn, 321 enthielten sich. Oppositionsführer Pierluigi Bersani von der Demokratischen Partei (PD) stellte fest, Berlusconi habe keine Mehrheit mehr und wiederholte die Forderung nach dessen sofortigem Amtsverzicht. Ein Misstrauensvotum der Sozialdemokraten war in Vorbereitung.
Vor der Sitzung hatte auch Berlusconis eigener Koalitionspartner Umberto Bossi von der rechtsgerichteten Lega Nord den Rücktritt verlangt. Als Nachfolger schlug Bossi den PDL-Generalsekretär Angelino Alfano vor. Auch fünf Abgeordnete von Berlusconis Partei Volk der Freiheit (PDL) hatten ihre Stimmenthaltung angekündigt.
Kein Geld aus dem Rettungsfonds für Italien
Die Abstimmung fiel mitten in eine Phase zunehmenden Drucks auf Italien durch internationale Finanzmärkte und wachsender Sorge in der Europäischen Union über die dramatische Entwicklung der Staatsverschuldung in Rom. Die Euro-Finanzminister wollen verhindern, dass die Schuldenkrise eskaliert und das Land zum Fall für den Rettungsfonds EFSF wird.
"Italien weiß selbst, dass es im Hinblick auf die Größe des Landes nicht auf Hilfe von außen hoffen kann", stellte etwa Österreichs Finanzministerin Maria Fekter klar. Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft in der Euro-Zone und hat einen Schuldenberg in Höhe von 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts angehäuft.
Die Regierung in Rom hat auf Druck der Euro-Partner Strukturreformen versprochen, um das Wachstum auf Trab zu bringen - wie eine Deregulierung am Dienstleistungsmarkt, eine Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur oder die Lockerung des Kündigungsschutzes. Italien wird dabei - so wie die anderen großen Sanierungsfälle Griechenland, Irland und Portugal - von einer Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds überwacht. EU und EZB werden in den kommenden Tagen Experten nach Rom schicken.
Autor: Siegfried Scheithauer (rtr, dapd, dpa, afp)
Redaktion: Dirk Eckert, Susanne Eickenfonder