Berlusconi gewinnt Vertrauen des Senats
14. Dezember 2010Sexskandale, verbale Entgleisungen, dubiose Geschäftspraktiken. Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi sorgt immer wieder für Schlagzeilen. Auch an diesem Dienstag (14.12.2010) ist es wieder spannend. Der 74-jährige Regierungschef muss sich dem Parlament in Rom stellen, das in Vertrauensabstimmungen über die Zukunft seiner Mitte-Rechts-Regierung entscheidet.
Neuwahlen möglich
Das erste Hindernis hat der angeschlagene Regierungschef bereits überwunden. Wie zu erwarten war, überstand er am Vormittag ein Misstrauensvotum im Senat unbeschadet, denn dort hat sein Lager die Mehrheit. Bei der Abstimmung sprachen ihm 162 Senatoren das Vertrauen aus, 135 votierten gegen Berlusconi.
Im Abgeordnetenhaus steht die Abstimmung indes noch aus. Sollten ihm die Abgeordneten dort das Vertrauen entziehen, müsste er zurücktreten. Staatspräsident Giorgio Napolitano könnte dann vorgezogene Wahlen ausschreiben.
Weil der Regierungschef seit seinem Zerwürfnis mit Parlamentspräsident Gianfranco Fini im Abgeordnetenhaus keine Mehrheit mehr hat, wird mit einem knappen Abstimmungsergebnis gerechnet.
Appell an die Abtrünnigen
Kämpferisch bis zuletzt warnte Berlusconi die Abgeordneten am Vortag vor einem Sturz der Regierung. Nach seiner Meinung würde das Italien, das zu den am höchsten verschuldeten Ländern der Welt gehört, ins Zentrum der Finanzkrise in der Euro-Zone reißen.
"Es ist Wahnsinn, eine Krise ohne erkennbare Lösungen zu provozieren", empörte sich der Regierungschef. In seiner Regierungserklärung appellierte er nochmals an das Verantwortungsbewusstsein der Abtrünnigen um Fini und alle gemäßigten Kräfte im Parlament, die Zusammenarbeit in Zeiten der Wirtschaftskrise fortzusetzen.
Ungewisse Abstimmung
Es ist völlig ungewiss, wie das Votum unter den Abgeordneten ausgehen wird. Es wird nicht ausgeschlossen, dass die Abgeordneten den Abwahlantrag mit der knappsten Mehrheit von einer Stimme Mehrheit ablehnen werden. Beobachter schließen aber auch eine Übergangsregierung oder eine erweiterte Regierung unter dem alten Regierungschef nicht aus.
Im Falle eines Scheiterns wolle er Neuwahlen, hatte Berlusconi mehrfach erklärt. Für den Fall aber, dass er Erfolg hat, will er seine Regierung für Kräfte aus der Mitte und der rechten Mitte öffnen. "Ich bin wie immer heiter, optimistisch und voller Vertrauen", zeigte Berlusconi sich zuversichtlich.
In den vergangenen Tagen hatte sich sein rechtes Lager intensiv um die Unterstützung unentschlossener Abgeordneter bemüht, was auf Kritik bei der Opposition stieß. Der Abgeordnete Felice Belisario von der Partei Italien der Werte drückte es so aus: "Ich hoffe, dass Berlusconi gehen muss, aber ich erlebe einen Kuhhandel."
Finanzmärkte alarmiert
Wegen der Euro-Krise werden die Vorgänge in Rom an den Finanzmärkten mit großer Aufmerksamkeit beobachtet. Eine längere Phase der Unsicherheit oder ein harter, kontroverser Wahlkampf könnten die Aufmerksamkeit auf die angespannte Finanzlage des südeuropäischen Landes lenken. Mit Schulden im Umfang von 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gehört Italien zu den am höchsten verschuldeten Ländern der Erde.
Die restriktive Ausgabenpolitik und das konservative Bankenwesen, das sich in Boomzeiten nicht an Marktexzessen beteiligte, haben politische Erschütterungen wie in Griechenland und Irland bislang verhindert.
Reformen notwendig
"Italien ist nicht länger Teil der europäischen Wirtschaftsprobleme, sondern Teil der Lösung", meinte Berlusconi vollmundig. Doch ob der milliardenschwere Medienunternehmer die politische Kraft haben wird, bei einem Abstimmungserfolg notwendige Reformen des Finanzsystems durchsetzen, ist fraglich.
Mehrere Skandale haben Berlusconis Ansehen untergraben. Drei Minister traten deshalb zurück. Für Empörung sorgten zudem Berlusconis Neigung zu jungen Frauen und die ungelöste Müllkrise in Neapel. An diesem Dienstag wird zudem eine Entscheidung des Verfassungsgerichts über die Zulässigkeit eines Gesetzes erwartet, das Berlusconi für die Dauer seiner Amtszeit Schutz vor Strafverfolgung sichert.
Autorin: Eleonore Uhlich (dpa, rtr, dapd)
Redaktion: Martin Schrader