Bankenkrise schwappt nach Osteuropa
12. Februar 2009Bis in den Spätsommer letzten Jahres hinein schienen die mittel- und osteuropäischen Reformstaaten krisenfest. Das kräftige Wirtschaftswachstum ging einfach weiter; und die örtlichen Banken hatten mit US-Schrottpapieren so gut wie nichts am Hut. Dann aber kam der Herbst, der Schock um die Pleite der US-Bank Lehman Brothers, und das weltweite Austrocknen der Finanzmärkte.
Seither ist nichts mehr wie es war, auch nicht für Christoph Rosenberg, Direktor Mittelosteuropa beim Internationalen Währungsfonds (IWF) in Warschau: „Mein Leben hat sich radikal am 19. September geändert“, erzählt Rosenberg. Bis dahin habe seine Arbeit vornehmlich darin bestanden, vor Risiken zu mahnen und die Länder zu warnen, die hohen Wachstumsraten nicht als ewig gegeben anzusehen. „Seither aber sind wir dabei, Feuer in der Region auszutreten.“
Letzte Hoffnung: Westliche Tochterbanken
Auch in Osteuropa sind die Banken das Hauptproblem. Mangels ausreichender eigener Reserven sind sie besonders angewiesen auf die internationalen Finanzmärkte, deren plötzlichem Austrocknen sie nichts entgegenzusetzen hatten. Der Beinahe-Zusammenbruch der lettischen Parex-Bank, die inzwischen notweise verstaatlicht wurde, trug maßgeblich zum Fast-Bankrott ganz Lettlands bei. Das Land hängt jetzt am Geldtropf von EU und IWF.
Die Zufuhr frischen Kapitals in den Osten hängt nun maßgeblich von den Töchtern großer West-Banken ab, die die mittelosteuropäischen Bankenmärkte dominieren. Sollten die West-Banken ihr Ost-Geschäft nun auch noch einfrieren, etwa wegen der Probleme der Mutterhäuser, wäre der endgültige Kapitalinfarkt da. „Das ist die Gretchenfrage für diese Länder“, sagt IWF-Regionalexperte Rosenberg. „Denn die Finanzstabilität in vielen dieser Länder hängt maßgeblich davon ab, dass die ausländischen Banken, die mancherorts praktisch das gesamte Bankensystem kontrollieren, weiterhin aktiv bleiben in der Region.“
Bedenkliche Trends sieht Rosenberg aber jetzt schon: „Wenn die Banken in ihren Heimatländern Staatshilfe bekommen, ist damit oftmals implizit oder explizit verbunden, dass sie ihre Kredite in der Heimat ausweiten sollen, und nicht in den neuen Mitgliedsländern.“ Noch versuchten die Mutterinstitute, ihre Töchter im Osten weiter zu finanzieren, wenn auch auf niedrigerem Niveau, sagt Jeromin Zettelmeyer von der Londoner Osteuropabank (EBRD).
Furcht vor Rückwirkungen in den Westen
Derweil steigt auch im Osten die Zahl fauler Kredite. Viele Häuslebauer haben sich in West-Währungen verschuldet und leiden nun unter der Abwertung von Zloty oder Forint. Faule Ost-Kredite aber bedrohen letztlich auch die Mutterhäuser selbst. Österreichische Geldhäuser drehen im Osten ein Kreditrad, das 70 Prozent des österreichischen Sozialprodukts entspricht. Folgerichtig wirbt Bundeskanzler Werner Faymann dafür, „auch in kritischen Zeiten zusammenstehen und nach Lösungen zu suchen – so wie in guten Zeiten die Erfolge gefeiert wurden".
Konkret schlägt Österreich unter anderem einen Schutzschirm auch für die osteuropäischen Banken vor, der aber letztendlich von den westlichen Mutterländern der Banken mitfinanziert werden müsste, denn den Ost-Staaten selbst fehlt das Geld. Angesprochen fühlen dürfen sich Österreich und Italien, dessen Banken stark in Osteuropa tätig sind - aber auch Schweden wegen des Baltikum-Engagements sowie Griechenland wegen der Aktivität griechischer Banken in Südosteuropa.
Deutsche Banken sind insgesamt weniger stark engagiert. Die Commerzbank hat Beteiligungen in Polen oder der Ukraine. Einige Landesbanken sind im Osten engagiert. Andererseits muss Deutschland schon wegen der hohen Handelsverflechtungen daran gelegen sein, dass die Nachbarn im Osten nicht auch noch abstürzen. Freilich ist der Vorschlag aus Wien in Berlin noch nicht recht angekommen und so ist von der deutschen Regierung noch keine Meinung dazu geäußert worden.