Stelldichein der Sternenfahrer
5. Oktober 2006Die Europäische Union wächst - und Europas Weltraumagentur ESA wächst mit. 17 Mitgliedsländer waren schon viele, Tendenz steigend. Mit Sicherheit werde die ESA in fünf Jahren aus 22 Ländern bestehen, prophezeite Jean-Jacques Dordain, der Generaldirektor der europäischen Weltraumbehörde, auf dem Internationalen Astronautischen Kongress im spanischen Valencia. Der Grund für diesen Mitgliederzulauf: Die Raumfahrt der
Alten Welt ist ein Erfolgsmodell.
Ende des Jahrzehnts will die ESA mit der Raumsonde Bepi Colombo zum sonnennächsten Planeten, dem Merkur, aufbrechen, kurz darauf mit der Mission ExoMars auf dem Roten Planeten landen, kündigte Dordain an. Außerdem entwickelt Europa mit dem Projekt Vega derzeit - neben der Ariane - eine weitere Rakete für den Markt kleinerer, leichter Nutzlasten. Der erste Test der Hauptstufe stünde kurz bevor, so der ESA-Chef. Und da die Oberstufen bereits erfolgreich erprobt wurde, rücke damit auch der Jungfernflug von Vega näher.
So viel Erfolg steckt an. Auch Kanada - trotz geografischer Ferne - ist Mitgliedsland der europäischen Weltraumagentur und unter anderem am ExoMars-Projekt beteiligt. "Außerdem hoffen wir am Explorations-Programm der USA teilzunehmen, das den Mond, den Mars sowie Ziele jenseits davon zum Ziel hat," betont Virenda Jha, Vize-Präsident der kanadischen Weltraumagentur.
Weniger nationale Alleingänge
Neue Töne kamen vom Chef der US-Raumfahrtbehörde NASA, Mike Griffin: "Die Vereinigten Staaten sind derzeit dabei, ein neues Mond-Programm aufzulegen, und wir würden dies gerne als ein internationales Unternehmen angehen". Bislang hatten die Amerikaner die erneute Reise zum Erdbegleiter sowie der Bau eines neuen Raumschiffs stets als nationales Projekt betrachtet, in bewusstem Gegensatz zur ISS.
Aus der Internationalen Raumstation wollen sich die USA zurückziehen, sobald sie aufgebaut ist. Zur Hälfte sei die ISS Ende des Jahres fertig gebaut, erklärte Griffin.
Das neue Crew Exploration Vehicle namens Orion soll die Raumfähren ablösen. Russland plant für die Zeit nach 2010 etwas Ähnliches und umwirbt ebenfalls Europa als möglichen Partner. Anatoli Perminov, der Chef der russischen Raumfahrtbehörde: "Wir wissen, dass solche anspruchsvollen Programme nur als internationale Kooperation angegangen werden können." Russland wolle ein neues Crew-Transport-System entwickeln. Hauptpartner dabei soll die europäische Weltraumagentur sein. Kliper könnte das russisch-europäische Gegenstück zum amerikanischen Orion heißen.
Mehr Raumfahrer
Der Reiz der bemannten Raumfahrt hat mittlerweile sogar die kleineren Weltraumnationen erfasst. "Wir haben gute Instrumente und Roboter, die ihre Aufgaben gut erfüllen können. Für den nächsten Schritt der Exploration jedoch sind Menschen ein Muss, so dass sich auch Indien vielleicht dieser Herausfordung wird stellen müssen," sagte Madhavan Nair, Chef der indischen Weltraumforschungsorganisation.
Europäer im All werden bald zur Routine werden. Die ESA bereitet sich auf das kommende Jahr vor, dem bisher wahrscheinlich ereignisreichsten in der europäischen Weltraumfahrt. Zunächst werde im Frühjahr das erste automatische Versorgungsraumschiff ATV starten, im Herbst dann endlich Europas Raumlabor Columbus an die ISS andocken, kündigte Dordain an. Allein binnen eines Jahres würden drei Mal europäische Astronauten zur ISS fliegen.