Aufatmen nach Wahl in Niederlanden
16. März 2017Die Reaktion hätte wohl nicht euphorischer ausfallen können: Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) hatte einen niederländischen Text vorbereitet, den er am frühen Morgen eilig per Twitter absetzte. "Gewaltig" nannte er darin das Ergebnis, das sich da bei den niederländischen Parlamentswahlen abzeichnete. "Wir lieben Orange für seine Taten und sein Tun", bedankte er sich mit Bezug auf die Nationalfarbe, die auch im Parteilogo der führenden Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) dominiert.
Da entlud sich eine gehörige Portion Anspannung über das Netz. Der Merkel-Vertraute Altmaier ist nicht der Einzige, der entschieden aufatmete. Es scheint, als hätten die Wähler zwischen Maastricht und Groningen den etablierten demokratischen Politikern die Hoffnung zurück gegeben, dass der Siegeszug der Rechtspopulisten ins Stocken kommt. "Demokratie und Vernunft stärker als Demagogie!", textete Altmaier.
Seine Chefin, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), bedankte sich ebenfalls noch in der Nacht telefonisch beim Wahlsieger Mark Rutte. "Ich freue mich auf weiter gute Zusammenarbeit als Freunde, Nachbarn, Europäer", verbreitete Regierungssprecher Steffen Seibert die zufriedene Reaktion Merkels. Die rechtsliberale VVD des niederländischen Premiers Rutte kommt nach Auszählung von 93 Prozent der Stimmen auf rund 21 Prozent und damit etwa 33 der 150 Sitze in der zweiten Kammer des Parlaments.
Die weitgehend positive Interpretation des niederländischen Urnengangs wirkt bei näherer Betrachtung der Ergebnisse tendenziell zwanghaft. Rutte liegt gut fünf Prozent hinter dem Ergebnis von 2012. Die mitregierenden Sozialdemokraten der PvdA haben 19 Prozentpunkte verloren und Rechtspopulist Geert Wilders mit seiner Einmann-Partei PVV (Partei für die Freiheit) legte immerhin um ein Drittel zu. Eigentlich nicht so überwältigend. Doch: Das Wichtige an der Wahl ist, dass Wilders - nur - auf dem zweiten Platz landete - vor wenigen Wochen traute man ihm noch den Wahlsieg zu.
Hoffnungen für das europäische Superwahljahr
Der Kanzlerkandidat der SPD, Martin Schulz, zeigte sich "erleichtert" über die Nachrichten aus Den Haag. Er mahnte jedoch: "Wir müssen weiter für ein freies und offenes Europa kämpfen." Außenminister Sigmar Gabriel freute sich: "Gestern haben die Wählerinnen und Wähler in den Niederlanden ein starkes Zeichen gesetzt." Gabriel gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass die Populisten in Frankreich ebenfalls nicht als Sieger aus der Wahl im Juni hervorgehen. "Das ist ein klares pro-europäisches Zeichen in einer Zeit, in der viele etwas anderes erwartet haben", sagte er.
Es beginnt also nicht ganz so gut für die europafeindlichen und islamophoben Populisten. Auch in Frankreich und Deutschland stehen in diesem Jahr Parlamentswahlen an und ein Erfolg Geert Wilders' hätte für seine politischen Freunde einen hohen Symbolwert gehabt. "Ich mache keinen Hehl daraus, dass wir der PVV und Geert Wilders ein besseres Ergebnis gewünscht hätten", sagte AfD-Parteichefin Frauke Petry der Nachrichtenagentur dpa. Für sie ist der "Rückenwind aus Ankara" verantwortlich für Rüttes Wahlsieg. Der niederländische Regierungschef hatte sich in den vergangenen Wochen klar zu den Provokationen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan positioniert.
FDP-Chef Patrick Lindner sieht Rutte deswegen als Vorbild für Deutschland: "Unser Parteifreund Mark Rutte hat Deutschland eine Lehre für dem Umgang mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und der Alternative für Deutschland (AfD) erteilt", zitiert ihn dpa.
Aufwind auch für die kleinen Parteien
Für die Politiker der Grünen in Deutschland ist das Abschneiden ihrer Schwesterpartei in den Niederlanden besonders erfreulich. Die geheimen Wahlsieger von Groen-Links werden ihre Präsenz im Parlament mehr als verdreifachen können - 14 statt bisher vier Sitze. Bündnis 90/Die Grünen-Vorsitzende Katrin Göring-Eckardt sagte, "die Niederlande haben die Rechtspopulisten zurück gedrängt. Ein toller Erfolg für Groen-Links".