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Ost-Timor

28. August 2009

Ost-Timor ist der jüngste Staat Asiens - leider mit einer Geschichte der Gewalt. Das deutsch-schweizerische Kunstprojekt Arte Moris versucht, die Vergangenheit zu bewältigen, und arbeitet an einer friedlichen Zukunft.

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Kunststudentin bei Arte Moris (Foto: DW / von Hein)
Kunststudentin bei Arte MorisBild: DW / M. von Hein

Arte Moris heißt übersetzt "Lebendige Kunst". Und Arte Moris ist lebendig. In Ost-Timors Hauptstadt Dili ist die Kunstschule auch unübersehbar - direkt und indirekt. Direkt, weil der erste größere Gebäudekomplex auf der Fahrt vom Flughafen zu Arte Moris gehört. Bunt bemalt, mit einem wilden Garten, in dem es jede Menge sonderbarer Objekte zu entdecken gibt. Und indirekt, weil man den Bildern von Arte Moris-Künstlern in Dili auf Schritt und Tritt begegnet. Auf Wänden, in Parks oder auch im ehemaligen Gefängnis der Stadt. Dort ist heute die timorische Wahrheits – und Versöhnungskommission untergebracht. Bilder von Arte Moris- Künstlern illustrieren hier die Menschenrechte, wie sie in der UN-Menschenrechtscharta niedergelegt sind. Und wie sie in Ost-Timor hunderttausendfach verletzt wurden.

Trauma heilen mit Mitteln der Kunst

Iliwatu Danabere - er ist der Direktor der Kunstschule Arte Moris in Dili (Foto: DW / von Hein)
Iliwatu Danabere - er ist der Direktor der Kunstschule Arte Moris in DiliBild: DW / M. von Hein

Die Auseinandersetzung mit der blutigen Vergangenheit gehört zum Konzept von Arte Moris. Direktor Iliwatu Danabere spricht davon, traumatische Erlebnisse zu verarbeiten und der Wut Ausdruck mit künstlerischen Mitteln zu verleihen. Braungebrannt und mit langer Rasta-Mähne steht der Maler und Bildhauer inmitten der Skulpturen auf dem Arte Moris-Gelände.Überall wird, gemalt, gehämmert, gesägt.

In indonesischer Zeit war in den großen Kuppelbauten das ethnologische Museum untergebracht. Danach war hier zunächst ein Hospital der australischen Friedenstruppen, bevor schließlich Arte Moris kam. Das war 2003, kurz nach der Geburt des jüngsten Staates Asiens im Jahr zuvor. Gegründet wurde Arte Moris von dem deutsch-schweizerischen Künstlerpaar Luca und Gabriela Gansser. Die Ganssers waren 2002 nach Ost-Timor gekommen. Dabei waren ihnen die zahllosen Graffiti in der Stadt aufgefallen. Und es war offensichtlich, dass es für junge Leute weder Beschäftigung noch Perspektive gab. Schon war die Idee einer freien Kunstschule geboren: Zunächst finanzierten sie Farben, Materialien und Lebenshaltung aus eigener Tasche. Erst später floss Geld von Sponsoren oder aus dem Verkauf von Bildern. Der Friedensnobelpreisträger und derzeitige Präsident Ramos Horta wurde Schirmherr der Schule. Heute gibt es rund 200 Studenten. 20 Künstler und Studenten wohnen auf dem Gelände.

Viele dunkle Bilder

Gaby Gassner, Mitgründerin von Arte Moris (Foto: DW / von Hein)
Gaby Gassner, Mitgründerin von Arte Moris, will, dass irgendwann die Schule komplett von Timorern geleitet wirdBild: DW / M. von Hein

Die künstlerischen Anfänge spiegelten die jüngste Geschichte des Landes wieder, erinnert sich Gabriela Gansser: "Am Anfang hatten wir viele Bilder, die sehr dunkel waren, die mit Vergewaltigung zu tun hatten und mit sehr, sehr viel Gewalt. Weil es in jeder ost-timorischen Familie Opfer aus dieser Zeit gibt."

Nach Angaben der Wahrheits- und Versöhnungskommission sind in den 24 Jahren indonesischer Herrschaft etwa 200.000 Menschen gewaltsam ums Leben gekommen – ein Fünftel der Gesamtbevölkerung.

Kunstschule wird Flüchtlingslager

Überall Graffitis in Dili (Foto: DW / von Hein)
Überall Graffitis in Dili - hier auch im Eingangsbereich von Arte MorisBild: DW / M. von Hein

Vor drei Jahren brach sich die Kultur der Gewalt in Ost-Timor erneut Bahn. Dili ging bei den schwersten Unruhen seit der Unabhängigkeit erneut in Flammen auf. Knapp 200 Menschen kamen ums Leben. Rund 160.000 waren auf der Flucht. Spannungen zwischen Einwohnern aus dem Ost – und aus dem Westteil des Landes hatten sich zugespitzt. Und hunderte Flüchtlinge suchten Schutz auf dem Gelände von Arte Moris. Die freie Kunstschule wurde zu einem Flüchtlingslager. Dort wurde kein Unterschied gemacht zwischen den ethnischen Gruppen. Arte Moris wurde zu einer Insel des Friedens. Ringsherum wurde gekämpft, flogen Steine und auch vergiftete Pfeile.

Die meisten Ausländer verließen Dili, Gabriela Gansser und ihr Mann Luca nicht. Sie gaben einfach keinen Anlass für Angriffe - davon ist Gabriela Gansser heute überzeugt. Vor allem aber hätten sie von Beginn an die Botschaft ausgesandt, dass man friedlich zusammenleben und Probleme im Dialog lösen könne. Die letzten Flüchtlinge verließen das Arte Moris-Gelände im Juli 2008.

Derzeit versuchen die Ganssers, sich bei Arte Moris überflüssig zu machen. Das Management soll nach und nach an die Timorer übergeben werden. Die Zukunft von Arte Moris – das sind die timorischen Künstler.

Autor. Matthias von Hein
Redaktion: Diana Hodali