"Hinter uns liegt eine Nacht des Schreckens"
23. Juli 2016"Hinter uns liegt eine Nacht des Schreckens", sagte Merkel. Wir alle trauern mit schwerem Herzen um die, die nie mehr zu ihren Familien zurückkehren werden, und teilen die Trauer ihrer Angehörigen. Sie könne jeden verstehen, der nach den schrecklichen Ereignissen heute mit Beklommenheit auf eine Menschenmenge zugehe. Zugleich lobte die Kanzlerin Polizei, Sicherheits- und Rettungskräfte für deren hervorragende Arbeit. Gleiches gelte für die Hilfsbereitschaft der Münchner in der Tatnacht, in der viele ihre Wohnungen Fremden zur Verfügung stellten. "In dieser Freiheit und Mitmenschlichkeit liegt unsere größte Stärke.
Vor Merkels Erklärung hatte sich das Bundessicherheitskabinett zu einer Krisensitzung in Berlin getroffen. Der Runde gehören neben der Kanzlerin unter anderem der Bundesaußenminister, die Bundesverteidigungsministerin, der Bundesinnenminister und der Kanzleramtschef an."
An allen öffentlichen Gebäuden in Deutschland, so hat es Innenminister Thomas de Maizière angeordnet, wehen heute die Fahnen auf halbmast: Ein Zeichen der Anteilnahme nach der, in den Worten des Unionspolitikers, "abscheulichen Gewalttat" in München.
Dort hatte ein Mann in einem Einkaufszentrum im Norden der bayerischen Landeshauptstadt neun Menschen und dann offenbar sich selbst erschossen. Am Freitagabend kamen die ersten Eilmeldungen über die Ticker und die sozialen Medien, die Lage war zunächst chaotisch: Die Polizei verhängte eine Ausgangssperre, der Verkehr kam zum Erliegen. Gerüchte von mehreren Attentätern machten die Runde. Kurz: Über Nacht herrschte in der Landeshauptstadt München der Ausnahmezustand.
Am Samstagmorgen hat sich die Lage dort wieder etwas entspannt, nach Angaben der Münchener Polizei fahren auch Busse und Bahnen wieder. "Alles wieder in Betrieb", meldet die Behörde über Twitter.
Auch zum Tatverdächtigen gibt es nun erste Erkenntnisse: Es handelte es sich laut Polizei um einen 18-jährigen Deutsch-Iraner, die Hinweise auf weitere Täter haben sich nicht erhärtet. Die Polizei München erklärt bei einer Pressekonferenz am späten Vormittag, dass es die Tat als Amoklauf einstuft: "Wir gehen davon aus, dass es sich um einen klassischen Amoktäter ohne jegliche politische Motivation handelt", so der Sprecher der Münchener Staatsanwaltschaft. Bezüge zu Islamisten haben man bei der Durchsuchung der Wohnung nicht gefunden.
Weltweite Solidarität
Die deutsche Politik zeigt sich erschüttert, viele meldeten sich bereits am Abend aus dem Sommerurlaub per Twitter zu Wort, um den Opfern und ihren Verwandten, aber auch den 16 Verletzten ihr Beileid auszusprechen: "Die brutale und menschenverachtende Bluttat erfüllt uns alle mit Trauer und Entsetzen“, so Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer. "Für die Solidarität und das Mitgefühl, das wir weltweit erfahren haben, sind wir dankbar."
Beileidsbekundungen kamen aus der ganzen Welt: Frankreichs Präsident François Hollande sprach von einem "abscheulichen Akt mit dem Ziel, nach anderen Ländern auch in Deutschland Angst zu schüren." Auch der Iran und mehrere arabische Länder verurteilten die Tat, darunter Ägypten, Saudi-Arabien und Kuwait. Es tue gut, so Außenminister Frank-Walter Steinmeier, zu wissen, "dass unsere europäischen und internationalen Partner auf unserer Seite stehen".
Unionsfraktionschef Volker Kauder warnte gleichzeitig vor einer Ausbreitung von Hass und Gewalt. Unabhängig davon, was die Motive des Täters waren, "müssen wir aber noch mehr darauf achten, dass sich Hass und Gewalt in unserer Gesellschaft generell nicht weiter ausbreiten."
AfD nutzt München für Stimmungsmache
Andere lobten die Polizei für ihren Einsatz: Grünen-Chef Cem Özdemir dankte auf Twitter den Sicherheitskräften, die mit 2300 Polizisten und Spezialeinheiten wie der GSG9 im Stadtgebiet unterwegs waren, für ihre Arbeit, "um die sie sicher niemand beneidet". Die Polizei München hatte über Nacht mehrsprachig auf Twitter über die Lage vor Ort und in der Stadt informiert - und dafür von vielen Seiten Lob erhalten.
Die rechtspopulistische AfD hingegen versuchte die Ereignisse für ihre politischen Zwecke auszunutzen. Am Abend, als es noch kaum Erkenntnisse über den Täter und seine Motive gab, wetterte die AfD Sachsen bereits über die sozialen Medien: "Der Terror ist wieder zurück! Wann macht Frau Merkel endlich die Grenzen dicht!"