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Als flöge man zum Mars

20. Juni 2007

Sechs Astronauten sollen einen Weltraumflug zum Mars und zurück simulieren – anderthalb Jahre lang. Raumfahrtmediziner Rupert Gerzer spricht im Interview mit DW-WORLD.DE über Voraussetzungen und Ziele des Experiments.

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Zwei Astronauten mit Gerät auf dem Roten Mars-Grund (Quelle: ESA)
Bevor Menschen den Mars betreten, müssen sie den Flug überstehen - auch psychologischBild: ESA

DW-WORLD.DE: Die Europäische Weltraumorganisation ESA sucht zwei Freiwillige für eine simulierte Mars-Mission gemeinsam mit vier Russen. Samt Hin- und Rückflug dauert das 520 Tage. Die Teilnehmer sollen die ganze Zeit in Metalltanks in Moskau verbringen. Wer hält das aus?

Rupert Gerzer: Als Kandidat muss man erstens gesund sein. Zweitens muss man von der Psyche her so stabil sein, dass man nicht depressiv wird, wenn man 520 Tage in der Konservenbüchse eingesperrt ist. Und man muss so interaktiv sein, dass man nicht die Kollegen dominieren will – also gruppenkompatibel sein. Ansonsten muss man in der Lage sein, wie ein Wissenschaftler auf einer Mars-Mission zu arbeiten.

Jedes Besatzungsmitglied hat drei Quadratmeter persönlichen Platz. Es gibt einen gemeinsamen Wohnraum, eine Küche und eine Toilette. Die ESA nennt das eine Isolations- und Einsperrungsstudie. Das klingt nicht besonders einladend. Wieso sollte da jemand freiwillig mitmachen?

Astronauten im Tank, von außen beobachtet. (Quelle: ESA)
ESA-Studie des Tanks für das Isolations-ExperimentBild: ESA

Es ist überraschend, wie viele das wollen. Ich habe selbst einen ausgewachsenen Wissenschaftler in meinem Institut, der schon bei der letzten Studie dabei war und sich jetzt fast darum reißt, in Moskau mitzuarbeiten. Sehr viele Menschen sind fasziniert von der Vorstellung, an der Raumfahrt teilzunehmen. Sie sagen: Wenn ich schon kein richtiger Astronaut sein kann, dann helfe ich mit diesem Eingesperrtsein, damit man die Mission später besser durchführen kann.

Eine Dusche gibt es während dieser 520 Tage übrigens nicht, dafür eine Sauna. Vielleicht können Sie als Raumfahrtmediziner erklären: Warum gerade eine Sauna?

(lacht) Das ist eine russische Spezialität.

Das Experiment klingt ein bisschen nach der Fernsehsendung "Big Brother". Wäre es nicht vielleicht gut für die Raumfahrt, das Experiment live zu übertragen?

Rupert Gerzer
Raumfahrtmediziner Rupert GerzerBild: privat

Wir wollen keine Fernsehstars untersuchen, sondern herausfinden, wie sich eine isolierte Gruppe auf dem Weg zum Mars verhält. Und die Leute im Tank richten ihr Verhalten auch danach, wie öffentlich das ganze ist. Wir möchten das echte Leben simulieren oder ihm zumindest so nahe kommen wie möglich. Es können Probleme auftreten und werden Probleme auftreten. Wir wollen wissen, welche es sind und wie man sie löst.

Wenn der Versuch beendet ist, werden noch ein Jahr lang mögliche Spätfolgen untersucht. Besteht eine Chance, ein richtiger Astronaut zu werden, wenn man die 520 Tage gut überstanden hat?

Auf der russischen Seite nehmen Leute Teil, die Astronauten-Kandidaten sind. Wer die 520 Tage gut überstanden und sich bewährt hat, der könnte ins russische Astronautencorps aufgenommen werden. Bei der ESA werden wir 2008 eine Astronautenauswahl bekommen. Wer da nicht genommen wird – indem er zum Beispiel bei der Studie in Moskau mitmacht –, der hat keine Chancen, ESA-Astronaut zu werden.

Rupert Gerzer leitet das Institut für Luft- und Raumfahrtmedizin in Köln, das an der simulierten Mars-Mission beteiligt ist.