Empörung wegen angeschossenem Schüler
2. Oktober 2019Trotz eines Verbots zogen abermals tausende Menschen durch die Innenstadt von Hongkong. Vor allem Schüler, Studenten und Büroangestellte beteiligten sich. Die Protestaktion begann mit einer Kundgebung in einem Park, anschließend zogen die Demonstranten unter regierungskritischen Protestrufen durch das Geschäftsviertel der Finanzmetropole.
Stunden zuvor hatten hunderte junge Menschen an einem Sitzstreik an der Schule eines 18-Jährigen teilgenommen, dem am Vortag ein Polizist mit scharfer Munition in die Brust geschossen hatte. Die Hongkonger seien es satt, sich "nur mit ächtenden Worten gegen tödliche Kugeln und Gewehre" zur Wehr setzen zu können, sagte ein maskierter Demonstrant vor Journalisten.
Am Dienstag hatten sich Demonstranten und Polizisten einige der schwersten Zusammenstöße seit Beginn der Demokratie-Proteste vor fast vier Monaten geliefert - trotz strengster Sicherheitsvorkehrungen und eines Demonstrationsverbots. Mehr als 180 Menschen wurden festgenommen.
Im Zuge der Ausschreitungen war der 18-Jährige von einer Polizeikugel getroffen worden. Der Polizist, der den Schuss abfeuerte, gab an, in Notwehr gehandelt zu haben. Videoaufnahmen zeigen, dass der junge Mann den Polizisten mit einer Eisenstange angreifen wollte. Der Schüler wurde lebensgefährlich verletzt ins Krankenhaus gebracht. Nach Behördenangaben ist sein Zustand inzwischen stabil.
Die Polizei gab an, die Beamten hätten Warnschüsse abgegeben. Insgesamt wurden in dem Chaos 104 Menschen verletzt, wie die Krankenhaus-Behörde weiter mitteilte, darunter 25 Polizisten. Demonstranten waren mit Regenschirmen und Eisenstangen auf Polizisten losgegangen. Einige Polizisten und Journalisten wurden zudem durch Säure verletzt.
Die Aktivisten nutzten die Aufmerksamkeit rund um den 70. Jahrestag der Gründung der Volksrepublik China, um ihrem Anliegen Nachdruck zu verleihen. Viele Hongkonger befürchten, dass sie die bislang geltenden politischen Sonderfreiheiten verlieren könnten. Derweil richten sich die Proteste auch gezielt gegen Peking. Die ehemalige britische Kronkolonie ist seit 1997 eine chinesische Sonderverwaltungszone.
uh/fab (afp, rtr, dpa)