Absolut fabelhaft
31. Juli 2004Der deutsch-französische Kultursender Arte versonnte den in weiten Teilen verregneten Sommer mit "Absolutely Fabulous" (Kenner sagen "AbFab"). Die BBC-Sitcom startete 1992 und hat über fünf Staffeln hinweg eine internationale Fan-Gemeinde provoziert. "AbFab" ist eine typische "Domcom", eine "domestic comedy", die familiäre Konflikte dramatisiert. Weil es eigentlich nur um Frauen geht, haben (heterosexuelle) Männer damit manchmal ein Problem.
Dialoge für Therapeuten
Eddy und Patsy sind Kinder der 1980er-Jahre mit ihren Koordinaten Geld, Ruhm, Ellenbogen und Konsum. Eddy ist verschusselt, hat jede Menge Kohle als Mode-und PR-Consultant gemacht und zwängt sich in netzhautlähmende Designerklamotten. Eine Prilblume in den Wechseljahren, die in jeder Folge betrunken aus einem Auto auf den Gehsteig fällt und morgens völlig verkatert ihre Tochter runterputzt.
Denn Tochter Saffy ist die Vernunft in Person: New-Labour-Fan mit Cherie-Blair-Foto auf dem Nachttisch, Unicef-Konferenz-Junkie und öko bis zum letzten immer verschlossenen Blusenknopf. Die Bindung hält, selbst als Saffy ein Theaterstück herausbringt, um sich von ihrer Rabenmutter freizutherapieren. Vergebens, typisch Sitcom verändern sich die Figuren nicht wirklich und fallen immer wieder in ihre Verhaltensmuster zurück.
Drogen, Botox und Glamour
Der Humor ist vorprogrammiert. Auch wenn die Oma auftaucht. Hinter ihrer naiven, gepflegten Kleinbürgerfassade wartet lächelnder Sadismus. "Eddy, du konntest nie Roller fahren, du warst zu dick." Kein Wunder, wenn dann Eddy zur frisch geschwängerten Saffy sagt: "Du musst allen sagen, dass du schwanger bist, sonst denken sie noch, du seist fett!"
Täglicher Gast dieses psychoanalytischen Traumtriumvirats ist Patsy - ein Wesen mit einer verblüffenden Vergangenheit. Berühmt weil Ex-Modell mit Porno-Erfahrung, verrucht weil permanent mit Drogen und Alkohol vollgestopft und eiskalt bis auf die weich gewordenen Knochen unter der Botox-versuppten, magersüchtigen Oberfläche. Sie ascht in die Babywiege, hat nach eigenen Angaben seit 1979 nichts mehr gegessen und würde japanische Touristen am liebsten eigenhändig umfahren. Ihre Geschlechtsumwandlung ist schief gelaufen, weil das Ding einfach wieder abgefallen ist.
Die Realität ist böser
"AbFab" persifliert den dekadenten Lifestyle, der von der promihörigen Yellow-Press und jugendwahnversessenen Fashionzeitschriften zelebriert wird. So führt Patsy die Botox-Spritze-to-go ein, mit der man auf der Club-Toilette mal eben nachlegen kann ("Entschuldigung, sitzt mein Augenlid?") und begrüßt den (leibhaftigen) Elton John mit den Worten: "Ich liebe ihre Wurstfinger!". Als alte Beatles-Bänder auftauchen, organisiert Eddy eine Mega-Party, bei der Yoko Ono zugeschaltet wird, von der man allerdings nur die (typische) Sonnenbrille sieht. ("Ich hatte doch gesagt, ihr sollt mit der Kamera weit genug weggehen!")
Der Humor ist schwarz und setzt sich bei jeder Gelegenheit über gängige PC-Regeln hinweg. Das passiert so laut und so überdreht, dass zumindest in Deutschland sich noch kein Hauptsender getraut hat, die Serie zur Primetime auszustrahlen.