1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Abhörskandal in Großbritannien weitet sich aus

12. Juli 2011

Der Abhörskandal in Großbritannien zieht immer weitere Kreise. Auch Ex-Premier Brown soll von Zeitungen bespitzelt worden sein. Für Medien-Zar Murdoch wird es zusehends schwerer, die Krise in seinem Konzern einzudämmen.

https://p.dw.com/p/11tT3
Portrait Brown (Foto: AP)
Wirft Murdoch-Zeitungen vor, Kriminelle beschäftigt zu haben: Gordon BrownBild: AP

Für die Familie des früheren britischen Premierministers Gordon Brown ist es ein gewaltiger Schock. Zu seinen Zeiten als Finanzminister soll der Labour-Politiker jahrelang von den Zeitungen "The Sunday Times" und "The Sun" des Medien-Unternehmers Rupert Murdoch ausspioniert worden sein.

Brown warf den Zeitungen am Dienstag (12.07.2011) vor, die Redaktionen hätten Kriminelle beschäftigt: "Sie haben mit Kriminellen zusammen gearbeitet, bekannten Kriminellen, Kriminellen mit Vorstrafen."

Mehr als zehn Jahre lang bespitzelt

Mehrere britische Medien hatten am Vortag berichtet, die "Sunday Times" habe sich private medizinische und finanzielle Daten sowie Informationen über ein Wohnungsgeschäft des früheren Premiers beschafft. Laut der Zeitung "The Guardian" reichen die Vorwürfe bis in die Amtszeit von Brown als Regierungschef.

Brown (r) mit Frau Sarah im Mai 2010; zwischen ihnen die beiden Söhne (Foto: AP)
Die Hacker beschafften sich sogar Daten über einen der beiden Söhne BrownsBild: a

Danach besorgten sich die Zeitungen unter anderem über Privatdetektive auch Details aus der Krankenakte von Browns schwer erkranktem Sohn. Der Labour-Politiker war von 1997 bis 2007 zunächst Finanzminister, bevor er in den drei darauf folgenden Jahren Premier war.

Somit gingen die Hackerangriffe nicht nur von Reportern des inzwischen eingestellten Boulevardblatts "News of the World", sondern auch von anderen Blättern des Konzerns News International aus.

Erst in der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass Murdochs Boulevardzeitung "News of the World" tausende Menschen illegal abgehört hatte. Das Blatt war daraufhin am Sonntag nach 168 Jahren eingestellt worden.

Unethische Mittel

Die Familie Browns zeigte sich erschüttert über das Ausmaß der kriminellen Energie und über die unethischen Mittel, mit denen persönliche Daten beschafft wurden. Der Fall liege nun in den Händen der Polizei, teilte ein Sprecher mit.

News International, der britische Ableger von Murdochs Konzern News Corp, erklärte, die Anschuldigungen zur Kenntnis genommen zu haben. Um den Fall weiter prüfen zu können, bitte der Verlag darum, dass ihm "alle Informationen dazu übermittelt werden", hieß es in der Erklärung.

Übernahme gefährdet

Cameron, an einem Pult stehend; im Hintergrund Britische Flagge (Foto: dpa)
Regierungschef Cameron rief Murdoch auf, für Ordnung in dessen Konzern zu sorgenBild: picture alliance/dpa

Im Zuge des Abhörskandals droht nun auch die Übernahme des britischen Senders BSkyB durch Murdoch zu platzen. Die britische Regierung schaltete am Montag die Kartellbehörde ein. Geprüft werden soll, ob das angestrebte Geschäft gegen Monopolverbote verstößt.

Vize-Premierminister Nick Clegg appellierte an Murdoch, sein Übernahmeangebot zu "überdenken". Auch Premierminister David Cameron, der wegen seiner Beschäftigung eines ehemaligen Boulevard-Journalisten als Pressesprecher selbst in der Kritik steht, rief den australischen Medienunternehmer auf, sich um den Abhörskandal zu kümmern, statt um die nächste Übernahme. Würde er den Konzern führen, wäre es ihm zunächst daran zu gelegen, die Krise zu überwinden, sagte Cameron.

Monatelange Verzögerung

Dabei war zunächst erwartet worden, dass die Regierung in den kommenden Tagen grünes Licht für die Übernahme des Bezahlsenders durch den Murdoch-Konzern geben wird.

Mit der Überprüfung durch die Kartellbehörde aber wird sich das Verfahren noch monatelang hinziehen. Analysten in London gehen bereits davon aus, dass der Handel so gut wie unmöglich geworden ist.

Autorin: Eleonore Uhlich (dpa, afp, dapd)
Redaktion: Julia Elvers-Guyot