22 Jahre Haft für Proud-Boys-Anführer Enrique Tarrio
6. September 2023Enrique Tarrio sei der "ultimative Anführer" der Verschwörung beim Sturm auf das US-Kapitol gewesen, begründete Richter Timothy Kelly die hohe Strafe von 22 Jahren Gefängnis. Jener Tag habe "unsere zuvor ungebrochene Tradition friedlicher Machtübergaben gebrochen", sagte er bei der fast vierstündigen Strafmaßverkündung in Washington. Tarrio bat während des Prozesses um Milde. Doch der Richter sah nach eigenen Angaben kein Anzeichen für tatsächliche Reue. Die Anwälte des Verurteilten kündigten Berufung an.
Staatsanwaltschaft wollte 33 Jahre Haft
Die Anklage hatte 33 Jahre Gefängnis für Tarrio gefordert und von einem kalkulierten terroristischen Akt gesprochen. Staatsanwalt Conor Mulroe bezeichnete den 39-Jährigen als Rädelsführer eines Komplotts, das darauf abgezielt habe, mit Gewalt die Eckpfeiler der amerikanischen Demokratie zu erschüttern und den Wahlsieg des Demokraten Joe Biden über den republikanischen Amtsinhaber Donald Trump zu verhindern. "Wir müssen sicherstellen, dass die Konsequenzen für jeden klar sind, die mit den Ergebnissen von 2024, 2028, 2032 oder irgendeiner anderen Wahl unzufrieden sein könnten", erklärte Mulroe.
Tarrio hielt sich am 6. Januar 2021 zwar nicht in Washington auf, feuerte die Proud Boys (Stolze Jungs) jedoch aus der Ferne an. Als etwa 200 Mitglieder der rechtsextremen Miliz und tausende weitere Trump-Anhänger das Parlamentsgebäude stürmten, schrieb er unter anderem in den sozialen Medien: "Tut, was getan werden muss." Die Angreifer wollten verhindern, dass der Kongress an diesem Tag den Sieg Bidens bei der Präsidentschaftswahl vom November 2020 endgültig bestätigt.
Tarrio und vier weitere Mitglieder der Proud Boys waren im Mai der "aufrührerischen Verschwörung" schuldig gesprochen worden. Die vier anderen erhielten in der vergangenen Woche Haftstrafen zwischen zehn und 18 Jahren. Stewart Rhodes, der Gründer einer weiteren am Sturm auf das US-Kapitol beteiligten rechtsradikalen Miliz - der Oath Keepers - wurde ebenfalls zu einer 18-jährigen Gefängnisstrafe verurteilt.
Trump hatte sich nach der Präsidentschaftswahl geweigert, seine Niederlage gegen Biden anzuerkennen, und vielfach widerlegte Wahlbetrugsvorwürfe erhoben. Am Mittag des 6. Januar 2021 rief der Republikaner seine Anhänger dazu auf, zum Kapitol zu marschieren und "auf Teufel komm raus" zu kämpfen. Der folgenschwere Angriff sorgte weltweit für Entsetzen und gilt als schwarzer Tag in der Geschichte der US-Demokratie.
se/mak (ap, afp, rtr)